Bochum. Ein von der Stadt Bochum gefeuertes Mitglied der Hammerskins hat Anspruch auf eine Abfindung von 30.000 Euro. So urteilte das LAG Hamm Dienstag.

Der von der Stadt Bochum im August 2021 wegen seiner mutmaßlichen Mitgliedschaft bei den rechtsradikalen Hammerskins fristlos gefeuerte Garten- und Landschaftsbauer hat Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 30.000 Euro. Die fristlose Kündigung war nicht berechtigt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) in Hamm bestätigte am Dienstag in zweiter Instanz das Auflösungsurteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 1. Dezember 2021. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

LAG bestätigt Urteil aus Bochum: Hammerskin erhält Abfindung

Zu seiner Mitgliedschaft bei den Hammerskins äußerte sich der seit 2005 bei der Stadt beschäftigte Mann auch vor der 17. Kammer des LAG nicht. Der 34-Jährige arbeitete als technischer Sachbearbeiter im Bereich Park- und Grünanlagen bei der Stadt. Bis zum Bekanntwerden seiner Mitgliedschaft bei den Hammerskins verlief das Arbeitsverhältnis bei der Stadt Bochum störungsfrei. Die in Texas/USA gegründete Vereinigung wird laut LAG als konspirative und rassistische, nach ihrem Gedankengut teils neonazistische Kaderorganisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung beschrieben und vom Verfassungsschutz beobachtet.

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Mit Blick auf die Arbeit und mangels entsprechender politischer Äußerungen sei die bloße Mitgliedschaft bei den Hammerskins aber nicht kündigungsrelevant, befand das LAG – und schloss sich damit dem Arbeitsgericht Bochum an. Nach dem Verhalten des Gartenbauers im Prozess und dort geäußerten Vorwürfen an die Stadt sei aber „eine dem Beschäftigungszweck dienliche Zusammenarbeit (…) nicht mehr zu erwarten“, teilt das LAG mit. Der 34-Jährige hatte laut LAG der Stadt im Zusammenhang mit Gesprächen zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung vorgeworfen, „einen Betrug zu Lasten anderer öffentlicher Kassen angeregt zu haben“.

Stadtsprecher: „Hier im Haus gibt es keinen Platz für Nazis“

Auch aus diesem Grund bestätigte das LAG das Bochumer Auflösungsurteil. Dieses hatte die Kündigung der Stadt zwar für unwirksam erklärt, das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Stadt aber zum 31. März 2022 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 30.000 Euro beendet. Sowohl der mutmaßliche Hammerskin als auch die Stadt hatten gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt.

Ziel erreicht, heißt es bei der Stadt nach der LAG-Entscheidung. „Hier im Haus gibt es keinen Platz für Nazis“, so Stadtsprecher Thomas Sprenger. „Die Abfindung hat das Gericht festgelegt, die Stadt hat keinen Cent zusätzlich angeboten.“

Öffentlich geworden war die Mitgliedschaft zweier städtischer Angestellten bei den Hammerskins durch einen Bericht der antifaschistischen Rechercheplattform „EXIF – Recherche & Analyse“ im Sommer 2021. Die anonym betriebene Seite im Internet bezeichnet sich als unabhängig. Exif befasse sich mit der rechten und neonazistischen Szene und habe sich zum Ziel gesetzt, „Strukturen und Personen rechter Netzwerke offen zu legen.“

Über den zweiten Fall wird im März 2023 verhandelt

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„Die ,Hammerskins’ tragen ihr rassistisches und menschenverachtendes Weltbild in die Gesellschaft, sie leben unerkannt in der Nachbarschaft und üben ,gut bürgerliche’ Berufe in zum Teil verantwortlichen Positionen aus“, hieß es 2021 wörtlich in der Veröffentlichung der Antifaschisten. Die Sprache war von mindestens sechs Personen aus Bochum, die sich aktiv in dieser rechten Bruderschaft tummeln, zum Teil in Führungspositionen. Einige gehörten dem „Chapter Westfalen“ der „Hammerskins“ an. Die Stadt reagierte 2021 schnell auf die Vorwürfe und sprach beiden Mitarbeitern nur drei Wochen später die Kündigung aus. Seitdem sind beide ohne Bezüge von ihrer Arbeit freigestellt.

Das Arbeitsgericht Bochum hat im März dieses Jahres auch den fristlosen Rauswurf des zweiten Hammerskins, ein Mitarbeiter aus dem Tiefbauamt, für unwirksam erklärt, die Stadt aber nicht zu einer Abfindung verurteilt. Beide Seiten sind auch hier in die Berufung gegangen. Verhandelt werden soll Anfang März 2023 in Hamm.