Bochum-Wiemelhausen. Wegen der Harfid-Insolvenz sind die Arbeiten an einem Neubauprojekt in Bochum zum Erliegen gekommen. So soll es jetzt weitergehen.

Die Insolvenz des Essener Bauunternehmens Harfid GmbH hat auch Auswirkungen auf Bochum. So sind die Arbeiten am Neubauprojekt an der Paulstraße in Wiemelhausen aktuell zum Erliegen gekommen. Vor Ort sind die Sorgen nun groß, dass das geplante Wohnquartier nicht zu Ende gebaut werden könnte.

Bochum: Bauarbeiten wegen Harfid-Insolvenz gestoppt – Sorge um Neubauprojekt

Knapp 100 neue Wohnungen sollen auf dem 7520 Quadratmeter großen Grundstück an Philipp- und Paulstraße entstehen – in unmittelbarer Nachbarschaft zur früheren Vonovia-Zentrale. Angekündigt wurden Wohnungen und Penthauswohnungen mit Größen zwischen 50 und 130 Quadratmetern sowie 1,5 bis vier Zimmern. Die vier Mehrfamilienhäuser sollen demnach über Aufzüge und zwei Tiefgaragen verfügen. Auch von einer hochwertigen Ausstattung sowie Gärten und Terrassen war im Vorfeld die Rede.

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Im Januar hatten die Arbeiten begonnen. Dafür waren im Jahr zuvor 27 Bäume gefällt worden. Ein Teil des Rohbaus steht schon, daneben klafft die ausgehobene Baugrube. Im Frühjahr/Sommer 2023 sollte das Wohnquartier fertig sein. Doch nun ruhen die Arbeiten, was auch die Politik auf den Plan ruft. „Wir haben jetzt eine große Baustelle, von der ich gerne wissen möchte, wie es mit ihr weitergeht“, sagt SPD-Ratsfrau Simone Gottschlich. Deswegen werde sie eine offizielle Anfrage an die Verwaltung stellen, kündigt die SPD-Sprecherin im Strukturentwicklungsausschuss an.

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Simone Gottschlich hofft, dass sich gegebenenfalls ein neuer Investor findet. „Wohnraum ist in unserer Stadt rar und die Lage in Wiemelhausen ziemlich attraktiv. Wenn es sich verhindern lässt, sollte die Baustelle nicht zu lange brach liegen.“ Das würde auch Bezirksbürgermeister Helmut Breitkopf (SPD) begrüßen. Er hält den Standort ebenfalls für reizvoll. „Mark 51/7 ist von hier künftig sogar zu Fuß erreichbar“, sagt Breitkopf, der sich auch mehr Tempo beim geplanten Wohnquartier auf dem Gelände der ehemaligen Erich-Kästner-Schule wünscht. In den letzten Jahrzehnten seien in diesem Umfeld 16.000 neue Arbeitsplätze entstanden. „Die müssen doch auch irgendwo wohnen.“

Harfid-Insolvenz: Erst der Anfang?

Die Folgen der Corona-Pandemie sowie die Auswirkungen des Ukraine-Krieges hätten auch bei der Harfid GmbH in den vergangenen Jahren deutliche Spuren hinterlassen, verbreitete das Unternehmen im September auf seiner Internetseite. Lieferengpässe, die Materialknappheit und deutliche Preiserhöhungen hätten zu Bauverzögerungen und einem drastischen Anstieg der Baukosten geführt. Verschärfend hinzugekommen seien die Energiekrise, der Zinsanstieg sowie die Inflation.

Das habe auch für die Harfid GmbH Konsequenzen gehabt. So sah man sich gezwungen, sich „mithilfe eines vorläufigen Insolvenzverfahrens neu aufzustellen und die notwendige Restrukturierung voranzutreiben“.

Norbert Riffel, Chef von Bochums größtem Wohnungsanbieter VBW, befürchtet, „dass es noch einige andere treffen wird“. Aus den genannten Gründen: „Man kriegt das Material nicht mehr, gerät in Zeitverzug und alles kostet mehr.“ Auch die VBW habe Probleme „und in jedem Projekt sechs Monate Zeitverzug“.

Zum Beispiel an der Paulstraße. Recherchen dieser Zeitung ergaben, dass dort weiter gebaut werden soll. Die Harfid Holding GmbH in Essen informiert auf Anfrage, „dass die Projektgesellschaft als Bauherrin des Projektes an der Paulstraße und hundertprozentige Tochter der Harfid Holding GmbH nicht vom Insolvenzverfahren betroffen ist. Dies betrifft ausschließlich die Harfid GmbH, als Bauunternehmen ebenfalls eine Tochtergesellschaft der Harfid Holding.“

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Große Hoffnung setzt man in Essen offenbar auf den Einstieg des neuen Mehrheitsgesellschafters Whitefield aus Berlin in die Harfid Holding. Es seien bereits einige Maßnahmen ergriffen worden, teilt Harfid-Sprecherin Gabriele Stegers mit. Zudem solle die Harfid Holding restrukturiert werden. „Damit die laufenden Projekte fortgeführt werden können, sollen in den kommenden Wochen Schritt für Schritt die Baustellen (wie z.B. die an der Paulstraße) wieder geöffnet werden.“ Die Pläne dafür müssten allerdings noch konkretisiert werden.

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Der künftige Eigentümer (möchte anonym bleiben) meldet sich über die Bochumer Rechtsanwältin Margrit Lichtinghagen zu Wort: Es sei geplant gewesen, die vier Mehrfamilienhäuser mit 96 Wohnungen von der Harfid GmbH bauen zu lassen und diese dann schlüsselfertig zur Vermietung zu erwerben. Für Harfid übernehme nun die bereits erwähnte Whitefield-Gruppe aus Berlin diese Aufgabe, „voraussichtlich mit einem anderen Bauunternehmen“, kündigt Lichtinghagen an. Mitte/Ende 2023 solle das Wohnquartier fertig sein.