Bochum. In Krisenzeiten muss man investieren, sagen die Grünen in Bochum. Die SPD indes pocht auf Haushaltsdisziplin. Der Koalitionskrach freut die CDU.

Der Haussegen in der rot-grünen Koalition in Bochum hängt schief. Während die Grünen auch in Krisenzeiten weiter investieren wollen, peilen die Sozialdemokraten in erster Linie einen ausgeglichenen Haushalt an. Die Folge: Nicht nur bei den laufenden Ausgaben, sondern auch bei neuen Investitionen pocht die SPD mit Blick auf mögliche Folgekosten auf eine Nullrunde.

SPD und Grüne in Bochum streiten über Haushalt

Folgekosten? Jeder kluge Kaufmann kennt das. Wer sich ein Auto kauft, muss auch Geld für Benzin, Versicherung und Steuern haben. In der Bochumer Politik war der Blick auf zukünftige Ausgaben bislang meistens der Opposition vorbehalten.

„Die SPD verlässt den seit Jahren gemeinsam beschlossenen Pfad“, ärgert sich daher auch Sebastian Pewny über die neue Haltung des alten Partners. Investitionen in die Infrastruktur seien auch in Krisenzeiten ein ratsames Mittel der Stadtpolitik. Das müsse beim geplanten Doppelhaushalt 2023/24 so bleiben, fordert der Vorsitzende der Grünen-Fraktion.

Dass die SPD beispielsweise Investitionen in Grundschulen und den Radverkehr mit Blick auf Folgekosten verweigere, „hat uns sehr verwirrt“, sagt Pewny. Bislang seien Folgekosten erst mit der Ausführungsplanung in die Haushaltsbücher gelangt. „Wenn Folgekosten aber eine Rolle spielen, dann müssen wir uns alle Folgekosten anschauen. Wenn die SPD ein Fragezeichen an den Haushalt macht, stellen wir alles in Frage.“

Grüne fordern eine Aufstellung der Folgekosten fast aller Projekte

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Mit einer Anfrage in der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag warf Pewny der SPD den Fehdehandschuh hin. Die Grünen verlangen von der Verwaltung rechtzeitig vor dem Haupt- und Finanzausschuss am 7. Dezember eine Aufstellung über alle „noch nicht begonnenen aber geplanten Einzel-Investitionsmaßnahmen ab neun Millionen Euro in den Jahren 2023 und 2024“ samt der Folgekosten.

Zudem soll auch für einzelne Projekte ab drei Millionen Euro, die den „konsumtiven Haushalt“ belasten, eine Aufstellung erfolgen. „Ferner erwarten wir für alle übrigen Investitionsvorhaben, die bisher nur etatisiert sind, eine Darstellung der konsumtiven Folgekosten spätestens mit Vorlage des jeweiligen Realisierungsbeschlusses“, heißt es in der Anfrage.

CDU wartet beim Haus des Wissens seit Monaten auf Antworten

„Dieser Antrag hätte auch von uns sein können“, freut sich Roland Mitschke. Seit Monaten schon löchert der CDU-Fraktionsvize die Verwaltung mit Fragen zu den Folgekosten für das im Telekomblock gegenüber dem Rathaus geplante Haus des Wissens. Das neue Zuhause für Volkshochschule, Bücherei, Hochschul-Verbund Univercity und neuer Markthalle soll mittlerweile statt der ursprünglich geplanten 64 Millionen Euro 153 Millionen Euro kosten und ist das Prestigeobjekt von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD).

„Bis heute habe ich keine Antwort darauf erhalten, wie teuer die Finanzierung wird und wie sich die jährlichen Abschreibungen im Haushalt niederschlagen“, sagt Mitschke. „Das Projekt wird sicher nicht zu einem Zinssatz von null Prozent realisiert werden. Alles, was die Verwaltung uns mitteilt, ist reine Lyrik.“

SPD bezeichnet Vorwurf der Grünen als Sturm im Wasserglas

Als „Sturm im Wasserglas“ bezeichnet Burkart Jentsch den Vorstoß der Grünen im Rat. „Die Anfrage hat mich aber schon irritiert. Wir als SPD halten uns an alles, was mit dem Koalitionspartner vereinbart worden ist. Und ich gehe davon aus, dass die Verwaltung bei jeglicher Investition die Folgekosten im Blick hat.“

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Die SPD werde auch keine Investitionen verhindern. „Alles was nötig ist und sinnvoll, muss auch gemacht werden. Aber alles was obendrauf kommt, muss erst einmal besprochen werden.“ Das gelte auch für interne Diskussionen.

Nach WAZ-Informationen gibt es in der Fraktion insbesondere bei den Sozialpolitikern Unmut über den strikten Haushaltskurs. Bürgermeisterin Gaby Schäfer sei verschnupft, heißt es. „Es ist ihre Aufgabe, die Interessen der Sozialverbände zu vertreten“, so Jentsch, „aber meine Aufgabe ist es, das große Ganze zu sehen. Unser Ziel ist ein genehmigungsfähiger Haushalt.

Kämmerin rechnet mit Ein- und Ausgaben in Höhe von 1,7 Milliarden Euro

Der Entwurf von Kämmerin Eva Maria Hubbert (Grüne) sieht einen Doppelhaushalt für die Jahre 2023 und 2024 vor. Einnahmen und Ausgaben werden mit jeweils rund 1,7 Milliarden Euro angegeben. Bochum profitiert dabei vermutlich erneut von höheren Steuereinnahmen und mehr Geld vom Land.

Stand heute aber gibt es viele Unbekannte in der Rechnung. Explodierende Preise, steigende Zinsen und nicht kalkulierbare Personalkosten. Zwar sind bereits statt der in den vergangenen Haushalten üblichen zwei bis drei Prozent Tariferhöhungen schon vier bis fünf Prozent eingeplant, aber die Gewerkschaft Verdi fordert 10,5 Prozent.