Bochum. Die Sorge um die Kindertagespflege in Bochum wächst. Energiekrise und Inflation machen Tageseltern zu schaffen. Plätze sind so in Gefahr.

Die Sorge um die Kindertagespflege in Bochum wächst. „Künftig werden es noch weniger Plätze sein, weil Tageseltern sich das nicht mehr leisten können“, sagt Iris Hoppe-Huppert von der Kindertagespflege Kleiner Glückspilz. Inflation und Energiekrise würden vielen Tageseltern zu schaffen machen. Dem gegenüber stünde beispielsweise, dass der Stundensatz für die sogenannte Sachkostenerstattung seit über zehn Jahren nicht von der Stadt Bochum erhöht wurde.

Kosten für Tageseltern in Bochum steigen erheblich

„Es gibt einige, die aufhören werden“, berichtet Hoppe-Huppert, die Mitglied des „Kindertagespflege Berufsverband Bochum“ und deshalb vernetzt mit zahlreichen Tagesmüttern und -vätern ist. Grund sei die finanzielle Situation. Ihre Kosten seien aufgrund der steigenden Inflation ebenfalls gestiegen, um etwa 150 Euro im Monat, auch weil die Miete angepasst wurde. „Vom Strom- und Gasanbieter gibt es bisher noch keine Erhöhung“, sagt die Tagesmutter. Doch auch die wird wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen.

Auch interessant

1,875 Euro pro Kind und pro Stunde beträgt die Betriebskostenpauschale für Sachaufwand, den Tageseltern erhalten. Darunter fallen zum Beispiel das Mobiliar, Beschäftigungsmaterialien, Hygieneartikel oder Beiträge zu Versicherungen. „Dieser Betrag galt vor zwölf Jahren als angemessen, soweit konnte ich zurückrecherchieren. Seitdem wurde er nicht angepasst“, kritisiert Iris Hoppe-Huppert.

Wie hoch das Tagespflegegeld ist, das Tageseltern bekommen, hängt außerdem von der Qualifikation ab, so die Stadt Bochum. Zudem erhalten „Kindertagespflegepersonen, die in angemieteten Räumen betreuen, noch einen Mietkostenzuschuss in Höhe von 75 Prozent der Miet- und Nebenkosten, maximal bis zu einem monatlichen Betrag in Höhe von 525 Euro“, heißt es weiter.

Tageseltern in Bochum haben Existenzängste – nicht erst seit der Energiekrise

Nichtsdestotrotz: Die aktuelle Lage ist für viele Tagesmütter und -väter schwierig. „Wir haben uns im Sommer 2021 zusammengesetzt, schon da haben einige bereits von Existenzängsten gesprochen“, sagt Tagesmutter Iris Hoppe-Huppert. Und da hat es noch keine Energiekrise gegeben.

Auch CDU und FDP im Bochumer Stadtrat haben sich im Jugendhilfeausschuss besorgt über die aktuelle Situation gezeigt. In einer gemeinsamen Anfrage wollen die beiden Fraktionen von der Stadtverwaltung wissen, ob bereits Betreuungsplätze weggefallen sind und was die Stadt tut, um einen Wegfall von zu verhindern.

Verzweifelte Tagesmütter und -väter haben sich bei verschiedenen Parteien in Bochum gemeldet: Sie sehen ihre Existenz bedroht.
Verzweifelte Tagesmütter und -väter haben sich bei verschiedenen Parteien in Bochum gemeldet: Sie sehen ihre Existenz bedroht. © dpa | Jan-Philipp Strobel

Tageseltern wenden sich besorgt an Politiker in Bochum

„Viele Kindertagespflegepersonen haben sich bei uns gemeldet und von ihren Sorgen berichtet“, erklärt FDP-Fraktionschef und Ausschussmitglied Felix Haltt. „Nicht wenige treibt die Angst um, dass sie ihr Betreuungsangebot nicht aufrechterhalten können. Das wäre für viele Eltern und die Betreuungssituation in Bochum ein harter Schlag.“

Der jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Karsten Herlitz ergänzt: „Die Energiepreisentwicklung erhöht für jede Kindertagespflegestelle die Kosten immens. Bochum kann es sich angesichts seiner Defizite im Bereich der Kitaplätze nicht leisten, auch nur einen Platz in der Kindertagespflege zu verlieren.“

Auch interessant

Mit der Thematik beschäftigt sich auch die Linksfraktion. Sie beantragt zur nächsten Ratssitzung eine der Inflation entsprechende Erhöhung der Stundensätze (10 Prozent) sowie einen Härtefallfonds für Tageseltern. „Wer kleine Kinder betreut, kann nicht mit einem dicken Pulli bewaffnet über ein Absenken der Temperatur Energie und damit Geld einsparen“, so der Fraktionsvorsitzende Horst Hohmeier.

Der „Kindertagespflege Berufsverband Bochum“ hofft, dass sich nun etwas tut. Er habe in der Vergangenheit immer wieder den Kontakt zur Stadt Bochum gesucht. „Es fühlt sich so an, als gäbe es kein Interesse an der Kindertagespflege“, sagt Iris Hoppe-Huppert. Es fehle an Wertschätzung, da die Sorgen nicht ernstgenommen würden.

Finanzierung der Kindertagesbetreuung ist Sache des Landes NRW

Bereits im Sommer hatte die CDU anlässlich der Ratssitzung beim Jugendamt angefragt, ob es wegen der steigenden Energiekosten Gespräche mit Vertretern der Kindertagespflege und auch mit Kita-Trägern gegeben habe.

Darauf heißt es von der Verwaltung: Die Finanzierung der Kindertagesbetreuung ist grundsätzlich Sache des Landes NRW. Die vom Land gewährten Pauschalen sollen einmal jährlich an die tatsächliche Kostenentwicklung angepasst werden – in der Regel im Dezember, jeweils für das kommende Kita-Jahr. „Über den Städtetag wurde aber die Forderung an das Land NRW gestellt, bereits im laufenden Kindergartenjahr 2022/2023 die enormen Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Konkrete Zusagen sind hier allerdings noch nicht bekannt“, so die Stadt Bochum.

Bisher seien einzelne Kindertagespflegepersonen mit der Bitte um Steigerung der Betriebskostenpauschale an das Jugendamt herangetreten. „Jedoch kann der Zuschuss für die Energiepauschale (EPP) (...) auch von selbstständigen Kindertagespflegepersonen über die Einkommenssteuer in Anspruch genommen werden“, heißt es. Eine darüber hinausgehende Zahlung an die Kindertagespflegepersonen ist aktuell nicht vorgesehen.