Bochum. Noch immer haben einige Eltern in Bochum keinen Kitaplatz für ihre Kinder. Sie bangen um ihren Job. Der Großteil der Plätze ist schon vergeben.
Die Tochter von Renate Spallek aus Bochum-Dahlhausen war gerade erst geboren, da füllt ihre Mutter bereits die Anmeldung für Kitas aus. Sieben Kindergärten gibt es bei ihr in unmittelbarer Nähe. „Da sollte es doch einen Platz geben“, ist sich Spallek damals recht sicher. Nun ist ihre Tochter fast drei Jahre alt. Doch einen Platz für die Kita hat die Bochumerin bisher nicht, die Verzweiflung wächst. Und damit ist sie in Bochum nicht allein.
Kitaplatz in Bochum: Zahlreiche Eltern erhalten Absagen
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„Die Lage ist katastrophal. Ich habe alle Kindergärten durchtelefoniert, weil ich auf einen Kitaplatz angewiesen bin, um weiterzuarbeiten“, schildert Spallek weiter. Da ihr Kind zum Start des neuen Kindergartenjahres älter als drei Jahre ist, kann es nicht mehr von der Tagesmutter betreut werden.
Das Problem kennt auch Denise Kraus aus Bochum-Linden. „Ich habe Zwillinge, suche nun seit 2019 einen Platz“, erzählt sie. Neben der Anmeldung über das Kita-Portal der Stadt Bochum habe sie bei allen Einrichtungen im Umkreis von zehn Kilometern angefragt – sogar in Nachbarstädten. Immer wieder folgten Absagen, auch mit der Begründung, dass es keine zwei Plätze für die Zwillinge gebe.
Nach langem Warten hat sie die beiden Plätze, mit einer Kapazität von 35 Stunden pro Woche bekommen. Doch da Kraus im Schichtdienst arbeitet, benötigt sie eigentlich einen 45-Stunden-Platz, der länger als bis 14 Uhr zur Verfügung steht. Denise Kraus ist enttäuscht: „Viele Eltern stehen vor dieser Misere. Ich hätte gedacht, dass mir nichts passieren kann, weil ich einen Rechtsanspruch habe“, so die Mutter, die mittlerweile im Kontakt zu einem Rechtsanwalt steht.
In Bochum fehlen zahlreiche Kitaplätze
In Bochum gibt es ab dem 1. August knapp 9500 Plätze in Kindertageseinrichtungen für Kinder, die älter als drei Jahre sind. Das entspricht laut Stadt einer Versorgungsquote von fast 96 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass fast 400 Kinder keinen Platz im Kindergarten bekommen – im Bereich der Über-Dreijährigen. Noch angespannter ist die Lage bei den jüngeren Kindern. Zum kommenden Kita-Jahr gibt es 2293 Plätze in Kindertageseinrichtungen und 1725 Plätze in der Kindertagespflege, so die Stadt – eine Versorgungsquote von rund 46 Prozent.
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„Grundsätzlich gilt, dass nicht alle Plätze zu Beginn des Kindergartenjahres vorgehalten werden können. Teilweise werden Bauvorhaben erst während des laufenden Kindergartenjahres umgesetzt, in diesen Fällen kann dann natürlich noch kein Vertragsangebot gemacht werden“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk auf Anfrage. Die Platzvergabe habe Mitte Februar begonnen und werde noch bis mindestens bis Ende Mai und teilweise darüber hinaus andauern. Frühestens Ende Juli könne die Stadt deshalb sagen, wie viele Kinder zum 1. August nicht in einer Kita unterkommen.
„Ich habe große Angst, meinen Job zu verlieren“
Immer wieder gehen Kinder leer aus. So auch das einer 40-jährigen Altenbochumerin. „Ich habe große Angst, meinen Job zu verlieren“, sagt die Frau. Sie ist alleinerziehend, voll berufstätig. Das Kind ist bei einer Tagesmutter, doch weil es älter als drei Jahre ist, darf es da nur bis zum Start des neuen Kita-Jahres bleiben. „Ich bin so sauer. Ich verstehe nicht, nach welchen Kriterien die Kitas nehmen. Ich habe eine Bekannte, die hat bisher nicht einen Tag gearbeitet und lebt 300 Meter von der Kita entfernt, in der sie direkt einen Platz bekommen hat.“
Noch Kita-Plätze? Das sagen die Träger
„Der Kita Zweckverband hat in Bochum zum kommenden Kita-Jahr keine regulären freien Plätze mehr“, teilt Sprecherin Lina Strafer mit. So sieht es auch bei der Caritas aus. Keine genauen Angaben kann zum jetzigen Zeitpunkt die Evangelische Kirche machen.
Alle drei Träger erhalten regelmäßig Anfragen von Eltern, die noch auf der Suche nach Betreuungsplätzen sind: „Dass in der Regel die Nachfrage nach Kitaplätzen größer ist als das Angebot an freien Kindergarten-Plätzen, isteine Herausforderung für alle Träger und die Stadt Bochum. Gemeinsam und im engen Dialog mit den Eltern arbeiten wir daran, hier gute Lösungen für Familien zu finden“, so Hannah Praetorius, Sprecherin der Evangelischen Kirche in Bochum.
Die Vergabe der Plätze erfolgt jeweils anhand bestimmter Aufnahmekriterien, die sich von Träger zu Träger unterscheiden können: Dazu zählen u. a. Dringlichkeit – z. B. bei berufstätigen Eltern, die Frage ob Geschwister in die Kita gehen, die Konfession, das Alter des Kindes, ob jemand alleinerziehend ist und oder das Anmeldedatum.
Wie groß der Bedarf bei Eltern ist, zeigt ein Beispiel der Caritas: „In einer unserer Einrichtungen gibt es zum neuen Kindergartenjahr 26 freie Plätze, dem stehen 250 Anmeldungen gegenüber“, schildert Sprecherin Annette Borgstedt. Kitas könnten es zeitlich nicht leisten, allen Eltern, die keinen Platz bekommen, eine Absage zu erteilen.
Doch was können Mütter und Väter machen, die eigentlich schon alles versucht und selbst in Kontakt zu sämtlichen Kitas getreten sind? „Eltern können sich jederzeit an das Familienbüro der Stadt Bochum wenden, dort werden sie bei der Suche nach einem Betreuungsplatz unterstützt“, so Stadtsprecher van Dyk.
Das hat die 40-jährige Altenbochumerin bereits getan. „Da hieß es Anfang März, ich solle mir keine Sorgen machen, wir würden einen Platz bekommen.“ Seitdem ist nichts passiert, das Familienbüro habe sie gebeten, sich in diesem Fall Anfang Mai erneut zu melden. Die Sorge: „Dann ist nicht mehr viel Zeit. Im August stehe ich dann alleine mit meinem Kind da.“ Die Frau überlegt nun, sich die Hilfe eines Anwalts zu holen.