Bochum. Alexander (29) aus Bochum besucht leidenschaftlich gern Lost Places in Deutschland und darüber hinaus. Fotos, die er macht, sind beeindruckend.
Mit dem Handy-Navi in der Hand läuft Alexander (29) entlang einer alten Fabrikhalle nahe des Westparks in Bochum. Er will näher heran an das verlassene Gebäude, stellt dann aber fest: „Hier ist kein Durchkommen mehr. So ist das bei ,Lost Places’. Man kann nicht planen.“ Hunderte verlassene Orte hat der Mann aus Bochum-Stiepel in den vergangenen Jahren gesehen. Auf der Suche nach dem Verborgenen, in dem die Zeit auf eine gewisse Art und Weise stehen geblieben ist.
Bochumer besichtigt Lost Places in ganz Deutschland und darüber hinaus
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Nicht immer klappt das problemlos, wie auch an diesem Mittwoch, an dem Alexander einen Einblick in sein Hobby geben möchte. Er schlägt als Treffpunkt einen Ort nahe einer ehemaligen Stahlfabrik vor, in der zuletzt Thyssenkrupp produzierte, die aber schon seit einigen Jahren leer steht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte der Betrieb noch zum Bochumer Verein. „Dort wurde viele Jahre nach der Übernahme von Thyssenkrupp Stahl angefertigt, unter anderem auch für die Kirchenglocke am Rathaus sowie Eisenbahnräder“, erklärt Alexander.
Zu der Leidenschaft, verlassene Orte – die sogenannten Lost Places – zu besuchen, kommt er vor etwa drei Jahren über einen Freund. „Er hat versucht, mich zu motivieren. Zuerst habe ich mich gefragt, wo der Sinn dahinter ist, Ruinen zu besuchen.“ Trotzdem sagt er zu und ist gleich darauf fasziniert.
Zwei Tage pro Woche nutzt er seitdem Zeit, um Lost Places zu erkunden. Eigentlich immer, wenn der Teamleiter im Vertrieb eines Unternehmens Zeit dafür findet. Im Ruhrgebiet, in NRW, ganz Deutschland oder darüber hinaus. Das Lostplace-Team besteht aus vier Leuten, eine Devise seines Hobbys lautet: niemals alleine auf Erkundungstour gehen.
In Bochum gibt es derzeit etwa zwölf Lost Places
Etwa zwölf Lost Places befänden sich derzeit in Bochum, drei weitere gebe es seit einiger Zeit nicht mehr, erzählt Alexander. „In Bochum sind es gar nicht so viele. In Witten gibt es ebenfalls ein paar, mehr aber zum Beispiel in Duisburg oder Dortmund.“ Er berichtet von einem alten Fachwerkhaus, das er einmal besucht hat. „Man kann gut erkennen, dass sich die Natur wieder alles zurückholt und das Haus mittlerweile verfällt.“ Ein Klärwerk in Bochum ist ein weiterer Lost Place, auf der Grenze zu Witten gibt es ein verwildertes Haus im Wald.
Lost Places: Der rechtliche Aspekt
Ist es erlaubt, „Lost Places“ zu betreten? In vielen Fällen nicht, weil ein ganz großer Teil der Gebäude oder auch Flächen einen Eigentümer hat.
„Abgesehen von den offensichtlichen Gefahren wie Einsturzgefahr, Gesundheitsrisiken (Schwarzschimmel), generelle Verletzungsgefahren oder Bedrohungen durch andere Personen vor Ort, die das Betreten von ,Lost Places’ birgt, gilt dabei generell: Man begeht Hausfriedensbruch“, erklärt Nicole Mutschke, Rechtsanwältin für Grundstücks- und Immobilienrecht.
Allerdings sei es so, dass die Tat nur auf Antrag verfolgt wird und bei absolut verlassenen Häusern dieser Antrag nur selten gestellt wird. Zum Beispiel bei leerstehenden öffentlichen Gebäuden müsse aber häufig mit einer Strafanzeige gerechnet werden. „Manchmal statten die Eigentümer solche Location mit Meldeanlagen aus, die mit einem entsprechenden Wachschutz gekoppelt sind“, so die Juristin.
Wo genau die Orte sind, verrät Alexander nicht – auch nicht in den sozialen Medien, wo ihm bei Instagram oder Tiktok unter @lostplacealfa tausende Leute folgen. „Wir nennen keine Hausnummern und Adressen.“ Damit die Plätze nicht von Nachahmern überrannt werden.
Ungeschriebenes Gesetz ist zudem: Die Gruppe lässt immer alles so, wie es ist. „Leider erleben wir aber auch, dass es Idioten gibt, die solch einst schönen Plätze durch Vandalismus oder Brandstiftung zerstören“, so der 29-Jährige. „Natürlich werden dann, wie immer, alle Leute über einen Kamm geschert, obwohl es ja wirklich nur einen ganz kleinen Teil betrifft.“
Nicht immer ist die Suche nach dem Lost Place erfolgreich
Will Alexander einen neuen Ort entdecken, nimmt er seine Ausstattung mit: Taschenlampen, ein Fernglas, Handschuhe, um sich beispielsweise vor Scherben zu schützen, eine FFP2-Maske und Getränke.
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Manchmal klappt es nicht, sich die verlassenen Orte anzuschauen. Das zeigt sich an diesem Mittwoch erneut. An einem anderen Ort angekommen – etwa vier Kilometer entfernt, ebenfalls eine alte Fabrik – läuft ein Sicherheitsdienst auf ihn zu. „Zutritt verboten“, heißt es auf seine Frage, ob es vielleicht möglich wäre, sich den Lost Place anzuschauen und ein Foto zu machen.
So geht es wieder zurück zum Auto. Dabei berichtet Alexander auch von anderen Situationen, in denen er keinen Erfolg hatte. „Wir sind einmal extra nach Belgien gefahren, leider war an der Stelle dann nichts mehr“, berichtet er.
Doch das nimmt er in Kauf: „Wir haben bereits soviel entdeckt und sind immer fasziniert, was uns auch die Nachbarn erzählen können über die Locations.“ Häufig finde man im Internet gar nicht die Informationen über den verlassenen Ort. Die Menschen, die in der Umgebung wohnen, könnten aber viel Interessantes erzählen. „Mein beziehungsweise unser Zweck ist die eigentliche Dokumentation von den Orten, sprich, wir machen Fotos davon.“ Der 29-Jährige ist auch Drohnenpilot, kann so Bilder aus anderen Perspektiven machen.
Ein Hobby, das nicht ganz legal ist
Dass sein Hobby nicht ganz legal ist, weiß Alexander: „Es ist eine Grauzone“, meint der Bochumer. Oftmals macht er lediglich von außen Fotos, begeht keinen Hausfriedensbruch. Generell: Man dürfe sich nicht erwischen lassen, meint er.
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Auch auf die Gefahren, die es birgt, die teils jahrelang verlassenen Orte zu besuchen, weißt er hin. Er empfiehlt, mit Fingerspitzengefühl an die Sache heranzugehen, keinesfalls eine Mutprobe aus dem Erkunden zu machen und Situationen mit viel Vorsicht einzuschätzen.
Alexander ist im regen Austausch zu vielen anderen Menschen aus der Community. Das führt letztendlich dazu, dass er letztendlich doch noch einen Zugang findet, der in die alte Fabrikhalle nahe des Westparks führen würde. Mehrere Bekannte beschreiben ihm bei Whatsapp den Weg. Das ermöglicht es ihm, diesen weiteren verlassenen Ort zu erkunden.