Hamme. Haus Fey ist eines der letzten Kneipen-Originale in Bochum. Nach dem Tod der Wirtin Elli drohte das Aus. Jetzt gibt es die vorläufige Rettung.
Vor zehn Monaten starb Elfriede Fey. Sie war Bochums dienstälteste Fiege-Wirtin. Nun sind die Weichen für den Fortbestand von „Ellis“ Kult-Kneipe gestellt. „Ich habe nach langem Kampf die endgültige Konzession für die Gaststätte erhalten“, sagt Tochter Melanie Fey.
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Das Haus Fey an der Hofsteder Straße ist einmalig. Fast 50 Jahre stand Elfriede Fey hier hinterm Tresen. Verändert hat sich seit den 70er Jahren kaum etwas. Zwischen Riesenpuzzles, Würfelbechern, Flipper, Pin-, Wimpel- und Flaschenöffnersammlung wurde ein gastronomisches Kleinod bewahrt, wie es in Zeiten uniformer Bar- und Club-Konzepte zur Rarität geschrumpft ist. Ruhrpott pur. Ebenso wie die Wirtin.
Haus Fey in Bochum: „Jesus wäre ihr Stammgast gewesen“
WDR-Moderatorin Bettina Böttinger gehörte zu „Ellis“ Fans. Bochums bekanntester Autor Frank Goosen verehrte sie. In dessen Romanverfilmung „Sommerfest“ spielte Elfriede Fey unter der Regie von Sönke Wortmann die Kioskbesitzerin Änne Starek. Bei seinen Live-Auftritten schwärmt Goosen regelmäßig von den Hängebauchschweinen Moritz und Martina, die „Elli“ einst großgezogen und mit Duplo und Frankfurter Kranz gefüttert hat. „Hinterm Tresen, wo gibbet sowat denn noch?“
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Im Dezember 2021 starb Elfriede Fey im Alter von 81 Jahren. „Jesus wäre ihr Stammgast gewesen“, sagte Propst Michael Ludwig in seiner bewegenden Trauerrede. „Ich werde wie eine Löwin kämpfen, um das Lebenswerk meiner Mutter fortzuführen“, versprach Melanie Fey damals. Verlässlich an ihrer Seite: Reinhold Höll (66), ein langjähriger Vertrauter der Familie, der Elfriede Fey in ihren letzten Monaten mit Melanie gepflegt und versorgt hat.
Gaststätte wurde in den letzten Monaten auf Vordermann gebracht
Als Duo, mit Unterstützung von Freundinnen und Freunden, machten sie sich an die Arbeit. Sie geriet zur Kraft- und Geduldsprobe. Zahlreich seien die Auflagen gewesen, die die Stadt zur Bedingung für eine Erneuerung der Schankerlaubnis gestellt habe, berichtet die 54-Jährige und zählt auf: Kühlkeller renoviert, Heizung repariert, neue Leitungen, neue Zapfanlage, Toiletten auf Vordermann gebracht. Und manches mehr.
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Der lange und warme Sommer kam gerade recht. Der verkleinerte Biergarten – auch er nicht unbedingt schön, aber selten – spülte dringend benötigte Einnahmen in die klamme Kasse. Wenn die neue Chefin Kilometergeld erhalten hätte, wäre sie der gröbsten Sorgen ledig. Für die Bierhütte, die „Elli“ sorg- und fraglos in den Garten gepflanzt hatte, fehlte die Genehmigung. Heißt: Jedes Glas musste monatelang von drinnen nach draußen getragen werden.
Studenten haben die Kneipe als Retro-Treff für sich entdeckt
„Es gibt viele, die meinten: Das schafft die nicht. Aber: Ich hab’s geschafft, auch wenn ich dafür seit Muttis Tod kaum eine freie Minute hatte“, sagt Melanie Fey stolz. Doch: Sämtliche Ersparnisse seien aufgebraucht. „Jetzt müssen wir endlich Geld verdienen.“
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Die Vorzeichen stimmen optimistisch. Die meisten Stammgäste sind zurückgekehrt. Schüler und Studenten, vor allem der nahen Technischen Hochschule Georg Agricola, haben das Haus Fey als Retro-Treff für sich entdeckt. Und: Nach dem Gaststättensterben der vergangenen Jahrzehnte insbesondere in den Randbezirken gibt es für Kneipengänger in Hamme und Hofstede kaum noch Alternativen.
Elfriede gibt die Richtung vor: „Aufhören? Geht nich’.“
Einige der neun Hotelzimmer im Haus Fey will die neue Chefin als dauerhafte Wohnungen an Studenten vermieten. Preiswerten Wohnraum könnte sie auch für ukrainische Flüchtlinge bieten. „Man hört und liest ständig, dass es für sie an Wohnungen mangelt. Doch bei uns hat sich die Stadt noch nicht gemeldet.“ Auch nicht das Kulturbüro, das auf Vorschlag der SPD-Fraktion im Bezirk Mitte im Frühjahr angekündigt hatte, die Kneipe als Museum im laufenden Betrieb zu erhalten und fördern zu wollen.
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Klar ist aber auch: Melanie Fey muss und will es aus eigener Kraft schaffen. Getreu des Leitmotivs ihrer Mutter: „Aufhören? Geht nich’. Ich kann die ganze Bagasche doch nich’ alleine lassen!“