Bochum. Eine Gruppe um Bochums Ex-OB Ottilie Scholz macht sich für einen Energie-Fonds für Bedürftige stark. Geld soll aus Stadtwerke-Gewinnen kommen.
Die ehemalige Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) tritt mit einem Bürgerantrag zur Energiekrise ihrem Nachfolger Thomas Eiskirch (ebenfalls SPD) auf die Füße. Sie schlägt vor, mit dem Geld aus Stadtwerke-Gewinnen einen Hilfs-Fonds für Bedürftige zur Unterstützung in der Energiekrise zu gründen. Den Antrag hat die 74-Jährige gemeinsam mit einer Gruppe engagierter Senioren als Bürgerantrag in den Rat eingebracht. Bei SPD und Grünen in Bochum kommt der Vorstoß des ehemaligen Stadt-Oberhauptes gar nicht gut an.
Mindestens zehn Millionen Euro sollen nach der Idee in den sogenannten „Bochumer Energie-Hilfs-Fonds“ fließen. Das planmäßige Endergebnis der Stadtwerke für 2022 sind 66,2 Millionen Euro. „Aus dem BO-Fonds werden von der Energiekrise betroffene Familien, kleine und mittelständische heimische Unternehmen unterstützt, die von Zahlungsausfällen oder Insolvenz bedroht sind“, so heißt es. Gemeinsam mit den Stadtwerken sollen Vertreter des Rates, des Sozialamtes, des Jobcenters und der IHK diesen Fonds verwalten und die Gelder ausschütten.
Ex-Oberbürgermeisterin appelliert an die Solidarität der Stadtgesellschaft
„Wir haben alle bei den Stadtwerken einbezahlt“, sagt Ernst-Ulrich Roth, als einer der Senioren, die sich gemeinsam als „BO-Bande“ bezeichnen. Das Geld für andere Großprojekte sei schließlich da, da könne es doch kein Problem sein, Bedürftige zu unterstützen. „Dann nehmen wir statt Parkett halt Linoleum für das Haus des Wissens. Und Fliesen statt Marmor“, sagt Reinhard Micheel, der früher Leiter der Aktion Canchanabury gewesen ist.
„Das ist eine Frage der Solidarität unserer Stadtgesellschaft“, sagt Ottilie Scholz. „Wir sind die Stadt mit dem Wir-Gefühl, damit rühmen wir uns gerne. Nun müssen wir das auch beweisen.“ Einen Hilfs-Fonds für Bedürftige aus Stadtwerke-Gewinnen habe es zwar in ihrer Amtszeit auch nicht gegeben, aber: „Wir erleben eine Krise, die es in dieser Größenordnung noch nicht gegeben hat.“
Bei der SPD in Bochum kommt der Vorschlag nicht gut an
Wie konkret die Gelder verteilt werden sollen, lässt die Senioren-Gruppe offen. „Wir sehen es nicht als Aufgabe, das zu organisieren. Wir wollen Impulse setzen“, sagt Ottilie Scholz. Bei ihren Parteifreunden von der SPD kommt das gar nicht gut an. „Als ehemalige Kämmerin und Oberbürgermeisterin müsste Ottilie Scholz eigentlich wissen, dass ihre Idee nicht umsetzbar ist“, sagt Fraktionsvorsitzender Burkart Jentsch.
Er sehe Bund und Land in der Pflicht, wenn es darum geht, einzelne Personen zu unterstützen. Auf lokaler Ebene lasse sich das nicht umsetzen. „Zudem ist es nicht so, als würden die Stadtwerke ihre Gewinne horten. Über ihre Holding finanzieren die Stadtwerke auch die durch Corona stark gebeutelte Bogestra. Wenn wir wollen, dass Busse und Bahnen weiterfahren, dürfen wir die Gewinne der Stadtwerke nicht für eine Aufgabe aufwenden, die eigentlich bei Bund und Land liegt.“
Barbara Jessel, Fraktionsvorsitzende der Grünen, betont: „Letzten Endes müssten die Hilfsgelder direkt aus dem krisenbedingt angespannten Stadthaushalt entnommen werden und stünde für andere Leistungen nicht zur Verfügung.“ Auch die Grünen sehen Bund und Länder in der Pflicht.
Dem stimmt auch die CDU zu: „Der Vorstoß der ,BO-Bande’ eines Energie-Fonds aus den Gewinnen der Stadtwerke ist wenig zielführend in dieser absolut dramatischen Situation, da die finanziellen Herausforderungen auch in unserer Stadt einfach zu gewaltig sind“, sagt Fraktionsvorsitzender Fabian Schütz. Die CDU-Fraktion mache sich indes für einen Hilfs-Fonds für Vereine und Ehrenamtler stark.
Kleinere Parteien begrüßen Idee
Bei UWG: Freie Bürger kommt der Vorschlag der „BO-Bande“ gut an. „Wir finden es zunächst einmal hoch interessant, dass die ehemalige OB dem aktuellen OB auf die Füße tritt“, sagt Hans-Josef Winkler von der UWG: Freie Bürger. Ein Hilfs-Fonds mache Sinn. Nur könne man nicht dafür die Stadttöchter heranziehen.
UWG: Freie Bürger hatten erst kürzlich einen Antrag auf Beratungs- und Informationsangebote wegen der stark steigenden Energiekosten für die Bochumer eingebracht. Dieser war abgelehnt worden. Auch die Stadtgestalter hatten bereits einen Notfall-Fonds für Energie und Inflation beantragt, dieser war ebenfalls abgelehnt worden.
Oberbürgermeister Thomas Eiskirch möchte sich vor der Ratssitzung nicht zum Antrag seiner Vorgängerin äußern. Diskutiert werden soll er in der nächsten Ratssitzung am 10. November.