Bochum. Am Prinz-Regent-Theater Bochum war Tom Haarmann fast 30 Jahre lang für Licht und Ton zuständig. Besonnen regelte er so manches Bühnenabenteuer.

Schauspieler, Regisseure und Theaterleiter kommen und gehen – doch auf einen war während der letzten 30 Jahre am Prinz-Regent-Theater in Bochum immer Verlass: Tom Haarmann stand als technischer Leiter wie eine Eins hinter seinem Lichtpult oberhalb der letzten Zuschauerreihe und steuerte das Spielgeschehen auf der Bühne mittels 1000 kleiner Knöpfe. Licht und Ton, ohne die eine Theateraufführung kaum etwas wert wäre, waren sein Metier. Jetzt verabschiedet sich Haarmann mit 65 Jahren in den Ruhestand.

Seit 30 Jahre eine Instanz am Prinz-Regent-Theater Bochum

Einer wie er ist für das Leben eines kleinen Theaters ungeheuer wichtig. Mit Gelassenheit und scheinbar einer Menge Souveränität ging Tom Haarmann seinem Job nach. Mag es auf der Bühne auch noch so wildbewegt zugegangen sein: Die Technik im Hintergrund arbeitete routiniert und zuverlässig wie ein ruhender Pol. „Deswegen sind wir ihm auch so dankbar“, sagt PRT-Geschäftsführerin Anne Rockenfeller.

Tatsächlich ins Schwitzen geriet Haarmann während der unzähligen Aufführungen nur selten. „Einmal hatten wir Stromausfall kurz vor der Vorstellung, weil nebenan der Blitz eingeschlagen war“, erzählt er. „Das konnten wir aber knapp noch beheben.“ Der größte Feind des Theatertechnikers ist ohnehin die fiese Rückkopplung, die Haarmann auch schon erlebte. Bei einem Gastspiel waren zwei Lautsprecher zu dicht nebeneinander angebracht. „Da stand am nächsten Tag in der WAZ: ‚Der Tonmeister musste die Vorstellung kurz vor Schluss abbrechen.’“

Rockmusik ist seine Leidenschaft

Tom Haarmann stammt aus Hagen, früh wurde sein Interesse für das Theater in Dortmund geweckt. „Eigentlich bin ich aber Musiker und habe schon mit 15 Jahren auf der Bühne gestanden.“ Der Rockmusik ist er bis heute treu geblieben, spielt Gitarre und singt in der Band „4. Grad“.

Als gelernter Elektrotechniker arbeitete er kurz in einem Elektrobetrieb, ehe ihn eine ABM-Stelle 1993 ans Prinz-Regent-Theater lockte, die langjährige Leiterin Sibylle Broll-Pape war gerade frisch im Amt. Als Techniker mit an Bord war der 2019 verstorbene Matthes Fechner: „Von ihm habe ich eine Menge gelernt“, sagt Haarmann.

Ausgeklügeltes Schwarz-Weiß-Licht im „Faust“

So nahm das große Theater-Abenteuer seinen Lauf. „Ich habe mich immer als Teil einer Band gesehen. Nur wenn man im ganzen Team einen gemeinsamen Groove findet, macht die Arbeit auch Spaß.“ Natürlich sind die technischen Abläufe während einer Vorstellung vorher genau festgelegt: „Aber da unten stehen eigenständige Schauspieler auf der Bühne, die ihre Freiräume bekommen müssen, um ihre Figuren gut spielen zu können. Wir sind ja hier nicht beim Starlight Express, wo immer alle gleich im Kreis fahren.“

Für den „Faust“ (Szene mit Nele Sommer und Maximilian Strestik) dachten sich Tom Haarmann und Regisseur Hans Dreher ein cleveres Lichtkonzept aus. Die Aufführung hat den Charme eines alten Schwarz-Weiß-Films.
Für den „Faust“ (Szene mit Nele Sommer und Maximilian Strestik) dachten sich Tom Haarmann und Regisseur Hans Dreher ein cleveres Lichtkonzept aus. Die Aufführung hat den Charme eines alten Schwarz-Weiß-Films. © Prinz-Regent-Theater Bochum | Thorsten Schnorrbusch

Besonders gern erinnert sich Haarmann an Aufführungen wie „Die offene Zweierbeziehung“ mit zwei schwulen Vampiren in den Hauptrollen: „Die Inszenierung war ein Dauerbrenner und hat sich im Laufe der Jahre immer weiter verändert. Wir haben Tränen gelacht.“ Eindrucksvoll geriet die Lichtregie im „Faust“ von Theaterleiter Hans Dreher: Der Goethe-Klassiker sieht über weite Strecken aus wie ein alter Schwarz-Weiß-Film (wieder am 3. November).

Auf Minijob-Basis bleibt Haarmann dem PRT als Aushilfe vorerst weiter erhalten, ansonsten freut er sich auf viel freie Zeit – auf Achse in seinem Wohnmobil und auf dem Wasser. Tom Haarmann fährt leidenschaftlich gern Kajak.