Bochum. Corona beschert der Bühne in Bochum gewaltige Sorgen – und doch geht der Blick optimistisch nach vorn. Zum Saisonstart gibt es einen Klassiker.
Das Prinz-Regent-Theater hat Zuwachs bekommen: Kurzhaardackel Valli mischt seit einigen Wochen die freie Bühne in Bochum-Weitmar auf, sorgt für mächtig Schwung hinter den Kulissen und zerfetzt auch gern mal den Spielplan. Weil Valli mit seinen braunen Knopfaugen aber niemand böse sein kann, ist der Hund der beiden Theaterleiter Anne Rockenfeller und Hans Dreher längst zum Liebling des Hauses geworden. Und etwas gute Laune kann am Theater gerade nicht schaden.
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Prinz-Regent-Theater Bochum plant die neue Spielzeit
Denn die Ängste sind weiterhin groß: Zwar ist am PRT seit etwa einem Jahr wieder ein halbwegs normaler Spielbetrieb möglich, doch habe die Corona-Pandemie bei vielen Zuschauern zu einem komplett anderen Verhalten beim Besuch von Theatervorstellungen geführt. Mit dieser Sorge stehen gerade viele Kultureinrichtungen da.
Vertrag mit dem Leitungsteam wird verlängert
Das Ehepaar Anne Rockenfeller (45) und Hans Dreher (47) führt das Prinz-Regent-Theater gemeinsam seit 2019 – und soll dies auch weiterhin tun. So gibt der Vorstand des Trägervereins bekannt, den Vertrag mit den beiden verlängern zu wollen.
„Wir freuen uns, dass die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Leitungsduo mit Beginn der Spielzeit 2022/23 um weitere drei Jahre fortgesetzt wird“, teilen Susanne Muthig-Beilmann und Hans H. Hanke aus dem Vorstand mit.
Derweil werden die Eintrittspreise etwas erhöht: 18 Euro (ermäßigt zehn Euro) kosten die Tickets fortan, das sind zwei Euro mehr als bislang. Alle Infos: 0234 77 11 17 und prinzregenttheater.de
Während der Newsletter oder eine kleine Ankündigung in der Zeitung früher verlässlich das Kartentelefon klingeln ließen, sei die Lage mittlerweile ungleich schwerer einzuschätzen: „Viele entscheiden erst total kurzfristig, ob sie kommen oder nicht“, sagt Anne Rockenfeller. „Das lässt sich für uns kaum noch planen.“
Flut an Absagen und Verschiebungen
Auch habe die Flut an Vorstellungsabsagen und Verschiebungen von Premieren nicht unbedingt dazu beigetragen, dass die Besucher wieder stärker Vertrauen fassen. So konnte die lang geplante Premiere von „Moby Dick“ wegen diverser Krankheitsfälle im Ensemble erst im rekordverdächtigen fünften Anlauf stattfinden. Dass die absolut sehenswerte Adaption des Literaturklassikers von Herman Melville aber dennoch ein großes Publikum findet, freut die Theatermacher total (wieder am 22. und 23. Oktober).
Zu den Rennern in der vergangenen Spielzeit zählt auch das umjubelte Solo des Schauspielers Roland Riebeling: Die Vorstellungen von „Dädalus und Ikarus“ nach Dario Fo waren bislang komplett ausverkauft (wieder am 2., 26., 29. und 30. Oktober).
Vorsichtiger Optmismus in Richtung Herbst
So sieht das Theater die Corona-Krise noch längst nicht überwunden, blickt aber trotzdem halbwegs optimistisch in Richtung Herbst. „Wir haben schon eine beglückende Anzahl von E-Mails und Anrufen bekommen, die uns echten Mut machen“, sagt Hans Dreher.
Längerfristige Planungen sind schwierig, daher gibt es bislang nur Pläne für das kommende halbe Jahr. Eröffnet wird die neue Spielzeit am Sonntag, 18. September, mit „Philoktet“ von Heiner Müller in der Regie von Hans Dreher. Vor allem während der langjährigen Theaterleitung von Sibylle Broll-Pape kamen hier immer wieder Stücke des Berliner Autoren wie etwa „Die Hamletmaschine“ zu Aufführung: „Müller hat bei uns eine kleine Tradition“, sagt Hans Dreher.
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Antikes Drama mit aktuellen Bezügen
Die kunstvolle Bearbeitung des antiken Dramas von Sophokles ist eine Mischung aus Kriegsgeschichte, Kriminalstück und Kammerspiel – und offenbart erstaunlich aktuelle Bezüge. „Das ist das Stück der Stunde“, meint Dreher, der in seiner Inszenierung auf eine rein weibliche Besetzung mit Nermina Kukic, Sina Ebell und Katja Heinrich baut. Dass nur wenige Schauspielerinnen dabei sind, sei auch eine Corona-Langzeitfolge: „Wir trauen uns gerade nicht, Stücke mit größerer Besetzung zu planen“, so Dreher. „Denn die Gefahr, dass das bei den Proben schiefgeht, ist einfach zu groß.“
Neben dem Ausflug in die Antike gibt es voraussichtlich ab dem Ersten Advent (27. November) auch wieder etwas zu lachen: Zwei neue Folgen von „Der Tatortreiniger“ stehen auf dem Spielplan. Nach der gefeierten Premiere im vergangenen Dezember knüpft das PRT nahtlos an den Erfolg an, auch das Team bleibt das gleiche. Maximilian Strestik schlüpft wieder in die Rolle des Schotty, die Regie führt Magz Barrawasser. Die Serie erfreut sich im TV seit Jahren riesiger Beliebtheit und funktioniert auch auf der Bühne. Welche Folgen genau gespielt werden, ist noch unklar.
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Schotty kehrt zurück – und Abba besingt das Geld
Ebenfalls in die etwas leichtere Abteilung führt ein musikalischer Abend zu einem Thema, bei dem jeder mitreden kann: „Geld. Ein Liederabend“ erzählt in Songs und Texten auf vielerlei Weise vom „schnöden Mammon“. „Auch wenn es in Zeiten von Inflation, Krieg, Pandemie und Energiekrise besonders schwerfällt: Geld hat auch Qualitäten, die es wert sind, musikalisch bedacht zu werden“, meint Hans Dreher. Abba, Pink Floyd und Beyoncé haben ebenso vom Geld erzählt wie Kafka, Shakespeare und Margaret Atwood. Der Musiker Christoph Iacono bringt den Abend auf die Bühne, Premiere voraussichtlich Anfang 2023.