Bochum. Alarmstufe Brot! Bundesweit ächzen Bäcker unter den hohen Energiekosten. Aber nicht nur die Preise für Gas und Strom belasten die Branche.
Ohne staatliche Hilfen dürften zahlreiche Bäckereien die Energiekrise nicht überleben. Bundesweit ächzen diese unter exorbitant hohen Kosten für Gas und Strom. Aber auch die Preise für Zutaten und der Mindestlohn belasten die Unternehmen, berichten die Bäckerei-Inhaber Stephanie Naber-Schüren und Lars Wickenburg aus Bochum.
Bäckereien in Bochum hoffen auf staatliche Hilfe
„Man weiß nicht, wie man das stemmen soll“, sagt Stephanie Naber-Schüren. Ihr Strompreis hat sich binnen eines Jahres verzehnfacht. „Von vier auf 40 Cent pro Kilowattstunde.“ In der Summe wird nun ein mittlerer sechsstelliger Betrag pro Jahr fällig. Sie kauft die Energie über einen Händler direkt an der Strombörse. Beim Gas schützt Naber-Schüren (noch) ein Jahresvertrag vor der Kostenexplosion. „Der Preis hat sich aber bereit von 2021 auf 2022 verdoppelt.“
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Sollte sich der Gaspreis, wie es aktuell zu befürchten steht, ab Januar vervier- oder gar versechsfachen, „dann bekommen wir ohne staatliche Hilfen ein richtig großes Problem“, sagt die Chefin von 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die fünf Filialen betreibt. Der Brennstoff für die Backöfen ist unverzichtbar. „Wenn Gas nicht mehr zur Verfügung steht oder unbezahlbar wird, müssen wir den Betrieb einstellen.“
Die Bäckerei Naber gehört zu den ersten in Bochum, die sich auf die Energiewende eingestellt haben. Lieferfahrzeuge mit Elektromotor und LED-Leuchtmittel in den Filialen zeugen davon. Aber auch die Warmwassererzeugung durch Wärmerückgewinnung. Um Energie zu sparen, bleiben die Leuchtreklamen derzeit aus.
Außer den Energiekosten steigen auch die Preise für Zutaten
Den Bäckern ins Kontor schlagen aber nicht nur die Energiekosten, sondern seit anderthalb Jahren auch die ständig steigenden Preise für Zutaten wie Mehl, Butter, Milch, Käse, Körner, Eier und vieles andere. „Nahezu alles, was wir verarbeiten ist deutlich teurer als noch vor einigen Jahren“, sagt Lars Wickenburg.
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Ihn quälen die gleichen Sorgen wie Naber-Schüren. „Mein Gasversorger hat mir bereits zum Mai 2023 gekündigt“, sagt Wickenburg. „Ich weiß aber nicht, ob er bis dahin wirklich liefert.“ Sollten sich seine Energiekosten von derzeit 55.000 Euro jährlich wie befürchtet entwickeln, „dann arbeite ich nur noch für Luft und Liebe“.
Das Bäckerhandwerk werde gleich von drei Seiten in die Zange genommen, sagt Wickenburg. Neben den hohen Kosten für Energie und Material belaste der Mindestlohn das Gewerbe. Ungelernte Minijobber verdienten netto mehr als ausgelernte Fachkräfte. „Ich kann aber die Löhne nicht dermaßen erhöhen, dass meine Mitarbeiter auf zwölf Euro netto kommen.“
Bäcker kritisiert den Mindestlohn
Kurzsichtig und ungerecht sei diese Politik, sagt der Bäcker, der in Bochum zwei Filialen hat und 40 Menschen Arbeit gibt. Schon heute seien die Personalkosten mit 40 bis 50 Prozent aller Ausgaben sehr hoch. „Leider haben die Menschen, die 40 Stunden in der Woche arbeiten gehen und fleißig sind, keine Lobby. Die Förderung für Leute, die nicht arbeiten, wird dafür immer höher. Am Ende will niemand mehr im Handwerk arbeiten.“
Auch Wickenburg hofft dringend auf Unterstützung vom Staat. Über höhere Preise für seine Backwaren könne er die gestiegenen Kosten jedenfalls nicht auffangen. „Wie hoch soll man die Preise denn treiben? Die Leute kaufen dann nicht mehr bei uns ein, sondern gehen zum Discounter.“
Kein Verständnis und nur Ironie übrig hat der Geschäftsmann für Aussagen von Robert Habeck, Bäckereien und andere Unternehmen könnten ihre Produktion im Krisenfall vorübergehend einstellen. Wickenburg: „Klar, ich mache vier Monate Urlaub und meine Mitarbeiter erhalten Kurzarbeitergeld. Das ist ein richtig guter Tipp.“
Stephanie Naber-Schüren indes hat dem verunglückten TV-Interview des grünen Wirtschaftsministers eine andere Botschaft entnommen. „Mir hat das gezeigt, dass die Politik unsere Nöte offenbar erkannt hat.“