Bochum-Wattenscheid. Die Kult-Bäckerei Blankenhaus aus Bochum-Wattenscheid ist für immer dicht. Bäckermeister Bernd Armbrust war auch oft im TV präsent.
Diese Nachricht hat wie eine Bombe eingeschlagen: Die Kult-Bäckerei Blankenhaus aus Bochum-Wattenscheid ist dicht Denn sie war etwas ganz Besonderes, hat sich als „Brotmanufaktur“ bezeichnet in Abgrenzung zu den bekannten Bäckereiketten.
Heftige Reaktionen in Wattenscheid und Bochum
Die Reaktionen reichen von Entsetzen bis Erstaunen – das zeigen auch die Online-Kommentare auf der Facebook-Seite der Kult-Bäckerei, auf der Chef Bernd Armbrust plötzlich die traurige Nachricht am Sonntag verkündet hatte. Tenor: Es herrscht tiefe Betroffenheit, die Nachricht traf offenbar alle völlig unvorbereitet.
Das Hauptgeschäft an der Markusstraße sieht von außen aus fast wie immer – alles toll dekoriert. Überraschte Kunden stehen davor. „Der letzte seines Standes macht den Ofen aus“, sagt Martin Brödenhorst kopfschüttelnd. „Es tut weh zu sehen, wie das ehrliche Handwerk in Wattenscheid immer mehr den Bach runtergeht. Wo soll das nur hinführen? Geht nur noch billig?“ Es gab neben dem repräsentativen Hauptstandort an der Markusstraße in Wattenscheid noch eine eher schlicht gestaltete Filiale an der Ückendorfer Straße 107.
Besondere Produkte
Hat dieser Familienbetrieb, der über viele Jahre immer schon etwas ganz Spezielles mit seinen Produkten und seiner Atmosphäre geboten hat, unterm Strich den Konkurrenzkampf mit Billigbäckern verloren? Die ja teils findig in WAT-Mitte wegen hoher Fördergelder ihre Standorte wechseln, wie andere Ladenlokale auch. Oder lag es an den extrem gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten? Diese Fragen kommen jetzt auf angesichts der Schließung. Wie viele Mitarbeiter/innen betroffen sind, darüber gibt es derzeit keine genauen Angaben. „Die Geschwindigkeit, mit der sich heutzutage vieles ändert, ist enorm. Wir haben in all den Jahrzehnten zahlreiche junge Menschen gut ausbilden können. Doch die Zeiten haben sich geändert.“
Personal betroffen
Bernd Armbrust begründet seinen Schritt vor allem mit Personalmangel: „Durch den Verlust substanzieller Mitarbeiter insbesondere vor dem Hintergrund einer seit Monaten ausgezehrten Mitarbeiterdecke bleibt uns nach Ausloten aller Möglichkeiten keine andere Wahl, als unsere Bäckerei dauerhaft zu schließen.“ Und nennt weitere Gründe für die Schließung: „In Kombination mit einem beispiellosen Preis- und Kostenanstieg sowohl im Rohstoffeinkauf als auch im Energiebereich war die Entscheidung alternativlos.“
Und Armbrust legt nach. „Für Unternehmen mit unserem Anspruch, das über drei Generationen hinweg einen makellosen Auftritt sowohl für für unsere Kunden als auch in unserer Fachschaft bestritt, ist diese Entscheidung in ihrer Tiefe und Endgültigkeit zum jetzigen Zeitpunkt schier unfassbar. Wir haben unseren Beruf in erster Linie nicht als Arbeit, sondern als Erfüllung eines Traumes von Brotkultur erfahren.“
Bochumer Bäckerei mit „Lust und Leidenschaft“
Bernd Armbrust - auch als Buchautor und Brot-Sommelier im Fernsehen bekannt - bedankt sich bei den Kunden für deren „Lust und Leidenschaft“, der Bäckerei auf diesem Weg gefolgt zu sein. Das war „Brotkultur, so wie wir sie verstehen, in ihrer ganzen Vielfalt und Einzigartigkeit jeden Tag eine neue Bühne zu bereiten“.
Auch der Geschäftsführer der Bäckerei-Innung Westfalen-Lippe, Michael Bartilla, wurde von der Schließung völlig überrascht. Er habe am Sonntag um 13.30 Uhr eine entsprechende Mail der Bäckerei-Leitung erhalten. „Man muss sich Gedanken machen, wo das noch hinführt angesichts explodierender Gaskosten für Firmen.“ Und auch wegen des anhaltenden Personalmangels - das Handwerk findet bekanntlich oft keinen Nachwuchs und keine Beschäftigten. „Hier müssen Politik und alle Kräfte konsequent gegensteuern, um endlich eine Lösung zu finden. So wie bisher kann es ja wohl kaum weitergehen.“
Fantasievolle Brotkreationen
Für die fantasievollen Brotkreationen von Bernd Armbrust (63) standen die Kunden Schlange. In dritter Generation hat er die Bäckerei Blankenhaus geführt – und hat sie weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht. Kartoffelkissen mit Zwiebeln, Apfel-Nuss-, Belugalinsen- oder Bratkartoffelbrot, Mascarpone-Stuten mit Aprikosen oder Walnussbrot mit Camembert und Weintrauben, Wurzelbrot mit Peperoni und Schafskäse – die Fantasie des Wattenscheider Bäckers kannte keine Grenzen. „Mir geht es darum, die Tradition unseres Handwerks zu bewahren und alte Werte hochzuhalten“, erklärte er damals im WAZ-Interview seinen Antrieb, immer wieder neue, teils skurrile Brot-Rezepte auszuprobieren. „Das Ruhrgebiet ist doch ein Schmelztiegel von Genüssen.“ Doch jetzt ist der Ofen aus.