Bochum. Ist die Feuerwehr Bochum im digitalen Zeitalter angekommen? Auf Tablets mit der neuen „Fire-App“ sollen alle Einsatz-Infos gebündelt sein.
Ein neuer Alarm. Normalerweise greifen die Feuerwehr-Führungskräfte schnell nach der „Depesche“ aus dem Drucker mit allen Einsatzinfos und eilen dann in ihre Fahrzeuge. Seit kurzem ist das bei der Feuerwehr Bochum anders: Tablets mit der neuen „Fire-App“ sollen den Feuerwehr- und Rettungsdienst in das digitalisierte Zeitalter holen.
Feuerwehr Bochum erhält Tablets mit der „Fire-App“ – was die kann
„Zeitdruck und Informationsdefizit sind unsere Hauptgegner bei einem Einsatz“, sagt Thomas Lindemann, der die Abteilung Operativer Dienst bei der Feuerwehr leitet. Eine effiziente „Waffe“ dagegen soll die neue App sein. Nach der Einrichtung der neuen Leitstelle, der Einführung eines neuen Einsatzleitsystems und einer neuen Notruffunkabfrage sei die App nun „der folgelogische Schritt der Digitalisierung“. Die App bündelt einiges: eine Live-Karte, auf der alle Feuerwehr-Fahrzeuge mit ihrem aktuellen Standort angezeigt werden, Kataster- und simulierte 3D-Ansichten der Stadt, Hydranten-Standorte und Alarmierungsinfos.
„Bei der Feuerwehr ist es wichtig, dass die Technik ,Drei-Uhr-nachts-sicher‘ ist – also dass sie, selbst wenn man übermüdet oder gestresst ist, intuitiv und einfach bedienbar ist“, sagt Lindemann. Genau dieses Kriterium erfülle die „Fire-App“, sie sei übersichtlich und auf Anhieb bedienbar. Eine unkomplizierte Ausrüstung sei auch wichtig, damit selbst weniger technikaffine Kollegen und Kolleginnen die Innovationen akzeptieren und einsetzen.
Zuparken an der Einsatzstelle – Karten-App könnte helfen
Die Live-Karte ermögliche der Feuerwehr auch eine bessere Park-Koordination am Einsatzort. „Dass wir uns mit unseren Fahrzeugen an der Einsatzstelle nicht gegenseitig zuparken, ist keine banale Herausforderung“, sagt Lindemann.
Das Ziel sei es, jedes große Feuerwehr-Fahrzeug mit einem Tablet auszustatten. In der aktuellen Testphase sind fünf I-Pads in den Einsatzleitfahrzeugen im Einsatz. Im August sollen 19 weitere hinzukommen. „Die Freiwilligen Feuerwehren sollen perspektivisch auch solche Tablets bekommen, das wären 14 Geräte für die Erstausrücker“, sagt Lindemann. Doch aktuell stünde dafür kein Geld bereit.
Einwandfrei funktioniere die neue App noch nicht. Mit einem im August erwarteten Update des Einsatzleitsystems sollten weitere Daten über eine Schnittstelle in die App integriert werden können. Aktuell sind beispielsweise noch nicht die Fahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr eingespeist.
Wasser- und stoßfeste Tablets im Einsatz
Hersteller der Fire-App ist Bananaglue GmbH aus Berlin.
Die App ist auf I-Pads in einer wassergeschützten und stoßfesten Hülle installiert.
Diese Tablets gehören künftig zur Ausstattung aller großen Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr. In den Fahrzeugen werden die Tablets stets geladen.
„Manche Fahrzeit-Prognosen stimmen noch nicht“, so Lindemann. Auch fehlten noch Informationen zu Krankentransporten, also welche Patienten in welche Klinik gebracht wurden. Zudem sei geplant, dass sich die Gebäudepläne automatisch aktualisieren – bislang müssten Mitarbeitende wie Kevin Bittinger die Pläne selbst in die Karte einfügen.
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Wachabteilungsleiter Kevin Bittinger arbeitet bereits seit einigen Wochen mit der „Fire-App“ auf den neuen Tablets. Er findet die integrierten Gebäudepläne, die für alle größeren Institutionen hinterlegt sind, sehr hilfreich. Ebenso die Anzeige aller Hydranten.
„Bislang haben wir uns immer an Plaketten an den Hauswänden orientiert, um Hydranten zu finden“, berichtet Bittinger, „Jetzt sehe ich hier auf meiner Karte den nächsten Hydranten auf den Meter genau – und zudem, wie groß der ist. Das ist bei Großbränden ziemlich wichtig.“ Praktisch sei auch: „Ich kann über GPS genau auf der Karte sehen, wo sich meine Fahrzeuge befinden.“
Hilfreich sei gerade bei komplexeren Einsätzen die App-Funktion, verschiedene Einsatzfahrzeuge Führungskräften zuzuordnen. „Das hilft uns in der ,Chaosphase‘ zu Beginn eines Einsatzes den Überblick zu behalten“, so Lindemann. Zahlreiche Absprachen und Rückfragen, die bislang nur über Funk-Verkehr liefen, würden künftig überflüssig. „Ja, wir müssen künftig weniger funken“, sagt Lindemann zögerlich. Allerdings wolle man vorerst wichtige Absprachen weiterhin per Funkspruch durchsagen, „nicht zuletzt, um Missverständnisse zu verhindern“. In jedem Fall werde sich die Leitstelle nicht darauf verlassen, dass die Fahrzeugführerinnen und -Führer ständig auf das Tablet schauen – vor allem nicht bei Neu-Alarmierungen. „Künftig werden wir fragen: ,Habt ihr eueren neuen Einsatz bekommen und alle Infos gesehen? Gut.‘“ Nur zur Sicherheit.