Bochum. Nach dem Brand in Bochum stehen die Nachbarn des Brandopfers (47) unter Schock. Laut Polizei sind die acht geretteten Kinder in diesem Alter.
Nach dem Feuer einer Wohnung in Langendreer, bei dem ein 47-jähriger Bochumer ums Leben kam, hat die Bochumer Polizei am Montag vor Ort die Ermittlungen aufgenommen. Während Feuerwehr und Polizei weitere Einzelheiten zu dem tödlichen Feuer in dem Mehrparteienhaus bekannt geben, sitzt den Anwohnern der Ümminger Straße der Schock noch tief in den Knochen.
Brandtoter in Langendreer: Nachbarschaft noch im Schock
Ein direkter Nachbar der Brandwohnung tritt aus seiner Haustür und schildert, wie er nachts seine Wohnung verlassen musste: „Bis sechs Uhr morgens habe ich barfuß auf der Straße gestanden – eine Seelsorgerin hat dort mit uns gesprochen.“
Zwei Nachbarinnen, die sich beim Hunde-Ausführen auf dem Bürgersteig begegnen, suchen nach Worten, um die aufwühlenden Sonntagmorgenstunden zu verarbeiten. „Ich hatte nachts mein Fenster offengelassen – bin dann von dem Rauch und den zerberstenden Fensterscheiben aus dem Schlaf gerissen worden“, berichtet eine von ihnen. Die 64-Jährige stellt sich als Elsbeth vor, ihre Wohnung grenze an den gleichen Hinterhof wie das Brandhaus.
Feuerwehr Bochum wurde beim Einsatz durch „Feuer und Flamme“-Filmteam begleitet
Vorherrschendes Thema in der Nachbarschaft: die Reanimation und der Tod ihres 47-jährigen Nachbarn und die Evakuierung der acht Kinder und drei Erwachsenen aus dem Nachbarhaus. „Wie uns ein Feuerwehrmann sagte: Wäre die Feuerwehr zehn Minuten später alarmiert worden, hätten sie elf weitere Leichen aus dem Haus bergen müssen“, so die 64-Jährige.
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„Bei unserem Eintreffen waren die drei Fenster der Brandwohnung schon geborsten, dadurch schlugen die Flammen durch die Fenster hoch bis zur Traufe vom Dach“, erinnert sich Frank Hilbig, der Sonntagfrüh als Feuerwehr-Einsatzleiter vor Ort war, „Dadurch war klar: Die Menschen im Gebäude sind höchst gefährdet.“
Vor der Tür sei beim Eintreffen der Feuerwehr noch keiner de Bewohner gewesen, alle habe die Feuerwehr aus dem brennenden Gebäude holen müssen, so Hilbig. „Die fünf Kinder im Erdgeschoss waren definitiv noch am Schlafen. Die habe ich zusammen mit unserem B-Dienst geweckt.“ Mit vor Ort an der Einsatzstelle sei auch das WDR-Filmteam gewesen, das derzeit die sechste Staffel von „Feuer und Flamme“ bei der Bochumer Feuerwehr dreht, so der Einsatzleiter.
Laut Feuerwehr-Sprecher Stefan Nowak habe das Feuer aber ausschließlich die Wohnung des verstorbenen 47-Jährigen ausgebrannt, nicht die übrigen Wohnungen in dem dreigeschossigen Mehrparteienhaus, aus denen insgesamt elf Menschen unverletzt gerettet wurden.
Wie Polizeisprecher Jens Artschwager betont, befinden sich in dem Gebäude an der Ümminger Straße zwar acht Wohneinheiten, von denen aber nur etwa die Hälfte bewohnt gewesen seien. Die acht evakuierten Kinder seien im Alter von einem halben Jahr bis elf.
„Mauern, Häuser, Fenster – das kann man alles ersetzen. Nicht aber geliebte Menschen“
Im Hinterhof des Brandhauses, das den Blick auf die ausgebrannte Wohnung freigibt, läuft derweil der Hauseigentümer unruhig und angespannt auf und ab. Er sei mit der Polizei verabredet, die ihm einige Fragen stellen wolle.
Dann tritt sein Großvater hinzu, berichtet, die elf geretteten Hausbewohner seien seine Verwandten – entsprechend groß sei die Erleichterung gewesen, als er diese unbeschadet wieder in die Arme schließen konnte. „Mauern, Häuser, Fenster – das kann man alles ersetzen. Nicht aber geliebte Menschen“, so der ältere Mann. „Man muss die Arbeit der Rettungskräfte loben.“
Eine 54-jährige Nachbarin berichtet, sie habe selbst einmal in dem Brandhaus gewohnt und kannte den verstorbenen Mann, Vater einer erwachsenen Tochter, schon seit Jahren. Vor zwei Jahren habe ein neuer Eigentümer das Gebäude übernommen und aufwendige Sanierungsarbeiten im Erdgeschoss durchgeführt – Bemühungen, die der Brand nun zurückwerfe.
Anwohnerin Elsbeth schildert, am Sonntagmorgen sei die Ex-Partnerin des Verstorbenen vor der Wohnung aufgetaucht und habe versucht, in das Haus zu gelangen. Von dem Brand und dem Tod Ihres Ex-Partners habe sie nichts gewusst. „Ich musste ihr sagen, dass sie den Toten schon weggebracht haben – und sie nicht in die versiegelte Wohnung kann“, so die 64-Jährige.
Polizei informiere nur Angehörige, die beim Einwohnermeldeamt ermittelt werden
„Das ist natürlich extrem unglücklich“, erwidert der Polizeisprecher auf die Frage nach der Kontaktaufnahme mit den Angehörigen des Verstorbenen. Die Polizei würde nur die Angehörigen informieren, die per Abfrage beim Einwohnermeldeamt auffindbar sind.
Im Hinterhof des Brandhauses kommen gegen 11.30 Uhr eine Frau und ein Mann in Baustellenkleidung, mit Baustellenlampen und Schaufel auf den Hauseigentümer zu und stellen sich als Brandermittler vor. Zwei Fragen seien zu klären, erläutern sie: „,Warum ist der Mann verstorben?‘ und ,Wie ist der Brand entstanden?‘“ Dann stößt ein Mann hinzu – laut den Nachbarn einer der Evakuierten aus dem Brandhaus – sowie eine junge Frau mit einem Rollkoffer. Sie tritt an die Brandermittler heran, wohl um private Gegenstände aus ihrer Wohnung nehmen zu dürfen.
Polizeisprecher Jens Artschwager bestätigt, das Kriminalkommissariat habe die Ermittlungen aufgenommen und begehe am Montag die Brandwohnung. Die Ermittlungen zur Brandursache gingen in alle Richtungen – von einem technischen Defekt, über Brandstiftung bis hin zu einem Unglücksfall. Es gebe Hinweise darauf, dass das Feuer in der Wohnung des Verstorbenen ausgebrochen ist. Verifiziert sei das aber noch nicht. Höchstwahrscheinlich werde im Laufe der Woche der Leichnam noch obduziert.