Bochum. Raub, Schläge, Drohungen: Der Bochumer Hauptbahnhof wird zunehmend zum Angstraum. Zuletzt gab es immer wieder Gewalttaten. Das sagt die Polizei.
Mehr als 50.000 Menschen nutzen täglich den Bochumer Hauptbahnhof. „Am späten Abend fühlt man sich hier nicht mehr sicher“, sagt Peter Amreither (54), der beruflich zwischen Bochum und Dortmund pendelt. Der WAZ-Leser verweist auf die vermehrten Pressemeldungen über Gewaltdelikte im und am Hauptbahnhof. Die Polizeibehörden bestätigen: Es gibt einen leichten Anstieg.
Hauptbahnhof Bochum: Polizei meldete zuletzt mehrere Gewalttaten
„Betrunkener geht auf Polizeikräfte los“, „Beleidigungen, Prügel, Tritte: Drei Strafanzeigen nach Schlägerei“, „18-Jähriger auf dem Bahnhofsvorplatz bewusstlos geschlagen“, „48-Jähriger mit Glasflasche bedroht und beraubt“, „20-jährige Frau wird nachts sexuell belästigt“, „36-jähriger Bochumer durch Messerstiche verletzt“, „Zwei 14-Jährige von Unbekannten ausgeraubt“ und zuletzt: „25-Jähriger von drei Drogendealern verfolgt“: Das ist eine Auswahl der WAZ-Berichte der vergangenen sechs Wochen über Polizeieinsätze, die sich im, vor oder hinter dem Hauptbahnhof ereignet haben.
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„Seit Ende der Corona-Beschränkungen ist es wieder deutlich schlimmer geworden“, schildert Pendler Peter Amreither. Er selbst sei allein im Mai und Juni dreimal Zeuge von körperlichen Auseinandersetzungen in der Bahnhofshalle geworden. „Viele Menschen haben Angst und eilen so schnell wie möglich zu den Gleisen oder aus dem Gebäude.“
Bundespolizei spricht von leichtem Anstieg
„Die Junkie-Szene ist vollständig zurückgekehrt“, beobachtet Paula (32), die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. Am Wochenende gesellten sich nachts betrunkene Jugendliche aus dem Bermudadreieck hinzu. „Meist zoffen die sich untereinander. Nicht selten werden aber auch normale Fahrgäste bedrängt. Da reicht es schon, auf die Frage nach einer Kippe nicht zu reagieren.“
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Die Bundespolizei, die für die Sicherheit im Bahnhof zuständig ist, erkennt keinen Trend. Zwar habe es zwischen Januar und Juni mehr angezeigte Gewalttaten gegeben als im ersten Halbjahr 2021, so Sprecher Hendrik Bagert. Das sei aber vor allem auf die erhöhten Fahrgastzahlen nach den Corona-Lockdowns zurückzuführen. Auch die Erstligaspiele des VfL Bochum mit deutlich mehr Auswärtsfans und die verstärkte Präsenz der Bundespolizei (siehe Info-Kasten) spielten eine Rolle.
Auch der Buddenbergplatz bereitet Probleme
Auch die Polizei Bochum, die bei Straftaten im Umfeld des Hbf gerufen wird, meldet einen Anstieg der Einsatzzahlen seit Jahresbeginn – „allerdings nicht in herausragendem Umfang“, so eine Sprecherin. 26 Delikte – meist Körperverletzungen, Raub, Bedrohungen und Widerstand – wurden im ersten Halbjahr 2021 verfolgt. Die Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor. Auch bei der Polizei gilt das Ende der Corona-Beschränkungen als Hauptgrund.
Wache ist rund um die Uhr besetzt
Die Wache des Bundespolizei am Bochumer Hauptbahnhof ist rund um die Uhr besetzt.
Das war nicht immer so. Bis 2020 war die Dienststelle nachts und am Wochenende nur unregelmäßig besetzt. Grund: zu wenig Beamte.
„Seit eineinhalb Jahren haben wir einen massiven Personalzuwachs, so dass jetzt ein Wachdienst 24/7 gewährleistet ist“, erklärt Sprecher Hendrik Bagert.
Also: Entwarnung? Keinesfalls, betonten drei Fahrgäste, die die WAZ am Dienstag am Hauptbahnhof befragte. Dabei gehe es weniger um bedrohliche Szenarien in der Bahnhofshalle als vielmehr um das Geschehen auf dem Vorplatz und dem Buddenbergplatz, den auch die Bundespolizei besonders im Blick hat. „Da traut man sich kaum noch her. Dort müsste von den Behörden viel rigoroser gehandelt werden. So wird der Bahnhof zum Angstraum“, sagt ein 73-jähriger Rentner.
Mitarbeiterin: Passanten werden übel beleidigt
Serap Kilinc arbeitet in einer Buch- und Schreibwarenhandlung im Bahnhof unmittelbar am Hinterausgang. „Jetzt im Sommer ist es nicht so schlimm. Aber im Winter ist die Szene hier unübersehbar. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten und Handgreiflichkeiten“, berichtet Serap Kilinc. Dass Fahrgäste bedroht werden, sei selten. „Aber immer wieder werden sie um Geld oder Zigaretten angebettelt. Wer nichts gibt, wird übel beleidigt.“