Bochum. Es wird zu wenig gebaut; auch weil Genehmigungen zu lange dauern. Ein Projekt in Bochum soll Tempo in die Sache bringen – dank Digitalisierung.
Alarmierende Zahlen hat das Statistische Bundesamt für 2021 veröffentlicht: Es wird weiterhin zu wenig gebaut. Auch in Bochum. Jetzt soll ein Pilotprojekt der Stadt, des Wohnungsriesen Vonovia und des Bochumer Start-ups VSK-Software Tempo und Bewegung in die Sache bringen. Es geht um das digitale Baugenehmigungsverfahren.
Jedes Jahr 2000 Bauanträge und Bauvoranfragen allein in Bochum
Durchschnittlich 2000 Bauvoranfragen und Bauanträge gibt es allein in Bochum jedes Jahr. Und die beschäftigen die Antragsteller – Bauherren, Architekten und Unternehmen – ebenso wie die Bauordnungsbehörde der Stadt ziemlich lange. „Unser Ziel ist es, die Dauer und Komplexität der Baugenehmigungsverfahren deutlich zu reduzieren“, sagt André Vonthron, Gründer und Geschäftsführer der VSK Software GmbH; ein Unternehmen das als Ausgründung aus dem Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen der Ruhr-Universität hervorgegangen ist.
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Die Antragsteller sollen ihre Modelle verlässlich und schnell vorprüfen können, die Genehmigung selbst soll automatisiert erledigt werden. Das würde Zeit Personal und Geld sparen. „Wir freuen uns, dieses Ziel nun gemeinsam mit der Stadt Bochum und Vonovia zu realisieren“, so Vonthron.
Vonovia beteiligt sich an Softwareentwickler VSK
Das Wohnungsunternehmen weiß der findige Softwareentwickler nicht nur als Projektpartner an seiner Seite. Vonovia hat sich mittlerweile mit 15 Prozent an dem Softwareunternehmen beteiligt. Es sieht großes Potenzial. Die Digitalisierung sei auch in der Immobilienwirtschaft ein Megatrend, so Vonovia-Vorstandsvorsitzender Rolf Buch. Mit der Kooperation wolle sein Unternehmen gemeinsam mit VSK Software und der Stadt Bochum dazu beitragen, dass Bau neuer Wohnungen einen Schub bekommt.
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Bauanträge basieren bislang auf Daten, die in zweidimensionalen Zeichnungen hinterlegt werden. Viele Architekten und Unternehmen arbeiten dabei längst mit dreidimensionalen Modellen. Für Voranfragen und Bauanträge müssen Daten erst wieder auf das zweidimensionale Verfahren aufbereitet werden. Die Idee von André Vonthron: Warum das Antragsverfahren nicht mit 3D-Modellen bestreiten und mit möglichst schnell und zuverlässig überprüfbaren Daten gestalten?
Alle Planungsdaten werden digital erfasst
Bauen ohne Baugenehmigung
Die Anfang 2019 eingeführte neue Landesbauordnung in NRW soll das Bauen vereinfachen. So können Carports und Wintergärten ohne Genehmigung errichtet werden.
Auch das sollte dazu beitragen, mehr Tempo in den Wohnungsbau zu bekommen. Offenbar ist dies allerdings nur bedingt gelungen. Ein Grund dafür könnte sein: Bauanträge werden erst bearbeitet, wenn sie vollständig sind. Und dafür muss der Antragsteller sorgen.
Verwendet wird dazu das Building Information Modeling (BIM). Alle Planungsdaten eines Gebäudes werden digital erfasst – etwa das 3D-Modell des Bauvorhabens, aber auch Informationen zu Materialien, Kosten und geplanten Nutzungen. Die VSK Software GmbH entwickelt Regeln, mit denen das Bauordnungsamt die zur Planung vorliegenden Informationen im Sinne des Baugenehmigungsverfahrens prüfen können. Die Software erkennt dabei die unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Landesbauordnungen der Bundesländer.
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Anfang 2023 soll die erste Stufe der Web-basierten Version auf den Markt kommen. Bis dahin ist das dreiköpfige VSK-Team, auch mit Unterstützung der Uni, u.a. noch mit der Qualitätssicherung der Software beschäftigt. Denn: Sie muss zuverlässig funktionieren. Zunächst soll es möglich sein, dass ein Antragsteller vor der Einreichung softwaregestützt überprüfen kann, ob die Anforderungen der Landesbauordnung eingehalten wurden. In einem nächsten Schritt wird das Bauordnungsamt mit den digitalen Prüfregeln arbeiten können.
Stadtbaurat Bradtke sieht große Chancen im digitalen Prüfverfahren
Vonovia testet die digitalen Prüfregeln aus der Sicht des Bauantragsstellers; die Stadt Bochum sie aus der Sicht der Prüfbehörde. Und: Sie stellt einen Anforderungskatalog zur Einhaltung von Bauvorschriften zur Verfügung. „Ein schnelleres und effizienteres Prüfverfahren wird den Neubau in Deutschland weiter ankurbeln“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke. „Es steckt eine große Chance in der digitalen Baugenehmigung. Deshalb unterstützt unser Bauamt engagiert dabei, die Software zu prüfen und das Verfahren schnellstmöglich serienreif zu machen.“