Bochum. 800 neue Wohnungen sollen jedes Jahr in Bochum entstehen, davon 200 Sozialwohnungen. Diesem Anspruch hinkt die Stadt aber weiter hinterher.

Ambitionierte Ziele hat sich Bochum mit dem Ende 2017 verabschiedeten Handlungskonzept Wohnen gesetzt. 800 neue Wohnungen sollen jedes Jahr entstehen, ein Viertel davon mit Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau. Vier Jahre später fällt die Bilanz durchwachsen aus.

Sozialwohnungsbestand sinkt weiter

„Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt weiter“, stellt Aichard Hoffmann vom Mieterverein Bochum ernüchtert fest. Von einst fast 18.000 Sozialwohnungen (2009) gab es Ende 2020 nur noch 12.472. Und selbst wenn jährlich 200 neue geförderte Wohnungen hinzu kämen, könnte „der aktuelle Bestand nur knapp stabilisiert werden“, heißt es im Wohnungsmarktbericht der Stadt von 2020.

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Allerdings liegt Bochum weit hinter seinen Zielen zurück. Die Zahl der Baugenehmigungen liegt vorerst noch deutlich über denen der Fertigstellungen (Grafik). Vor allem aber wird zumindest bislang nicht auch nur annähernd die Mindestzahl von 200 Sozialwohnungen erreicht.

Quote greift nur, wenn ein Bebauungsplan besteht

Nach einem vorläufigen Tiefpunkt 2018 und 2019, als lediglich der Bau von 92 bzw. 60 geförderten Wohnungen beantragt wurde, steigen die Zahlen zwar wieder, 2020 auf 136 und 2021 auf 148. Aber das reicht bei Weitem nicht.

In der Verwaltung wird das damit erklärt, dass bislang viele Bauanträge für Vorhaben gestellt werden, für die es keinen Bebauungsplan gibt. Denn: „Der Neubau öffentlich geförderten Wohnraums kann nur bei denjenigen Flächen, auf denen Planungsrecht durch einen Bebauungsplan geschaffen wird, verbindlich eingefordert werden.“

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Mietverein kritisiert Ausnahmen im Handlungskonzept Wohnen

Keine einheitlichen Daten

Die vom Land (IT.NRW) und der Stadt erhobenen Daten unterscheiden sich zum Teil. „Insbesondere die Baufertigstellungsstatistik wies in der Vergangenheit größere Lücken auf, da die Meldungen von Bauherren nicht über die Stadt Bochum an IT.NRW erfolgen“, heißt es bei der Stadt.

Daher sei der angegebene Wert der Fertigstellungen in den Jahren 2015 bis 2019 vermutlich zu gering und in 2020 zu hoch. Grundsätzlich zeigt sich jedoch eine deutlich steigende Tendenz der letzten Jahre.

„Die Genehmigungszahlen liegen inzwischen über den angestrebten 800 Wohneinheiten, die Fertigstellungszahl derzeit noch unter den 800 Wohneinheiten.“

Die Genehmigungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau würden inzwischen ebenfalls bei den angestrebten Zahlen von 200 Wohneinheiten pro Jahr liegen. Allerdings: Tatsächlich genehmigt sind lediglich 146 neue Wohnungen. Weitere 92 genehmigte Anträge betreffen die Sanierung bestehender Wohnungen.

Aus Sicht des Mietervereins gibt es aber noch andere Hindernisse. „Im Handlungskonzept Wohnen werden zu viele Ausnahmen erlaubt“, argumentiert Aichard Hoffmann. Die schwerwiegendste von ihnen: „Eine Verpflichtung zum geförderten Wohnungsbau besteht erst ab einer gesamten Wohnfläche von 2000 Quadratmetern. Viele Projekte haben diesen Umfang aber gar nicht.“ Daher zeige die Kurve mit der Zahl der Sozialwohnungen in Bochum weiter nach unten.

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Für Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen ist das fatal. Zumal der Bochumer Wohnungsmarkt, der im Vergleich mit anderen Großstädten vor nicht allzu langer Zeit noch als „entspannt“ galt, mittlerweile in Sachen Mietpreis Fahrt aufgenommen hat. 2020 sind die Mieten laut des Onlineportals Immowelt nirgendwo sonst im Ruhrgebiet so stark gestiegen wie hier. Auch der von lokalen Immobilienakteuren gemeinsam ermittelte Mietspiegel hat einen deutlichen Anstieg verzeichnet: von 5,83 Euro je Quadratmeter (2017) auf 6,35 Euro (2021).

Mieten sind seit 2010 um 27 Prozent gestiegen

Der Mietpreisanstieg hat laut Immowelt im vergangenen Jahr zwar eine Pause gemacht, das Portal meldet null Prozent. „Aber das sind ja Zahlen nur eines Anbieters“, so Aichard Hoffmann. Aussagekräftiger ist aus seiner Sicht die Entwicklung des Bochumer Mietspiegels, der in der Regel alle zwei Jahre aktualisiert werde und auf jeweils 4000 bis 5000 Datensätze basiere. Seit 2010 sind die Mieten demnach deutlich angestiegen: nämlich um 27 Prozent.