Bochum. Eine sechste Etage sollte das Technische Rathaus in Bochum bekommen. Drei Jahre nach dem Beschluss ist immer noch nichts passiert. Die Gründe.

Im Februar sollten zwei Kräne rund um das Technische Rathaus in Bochum aufgestellt werden. Die lange geplante Aufstockung um eine weitere Etage sollte beginnen. Geschehen ist jedoch nichts. Nun ist klar: Die zusätzliche, sechste Etage wird es nicht geben. Der Ausbau ist gestoppt.

Keine Aufstockung, weil sich die Bedarfslage geändert habe

Weil sich die Bedarfslage geändert habe, so die Erklärung der Stadt. Das klingt wie eine „Notbremse“. Schließlich heißt es im Wirtschaftsplan der Zentralen Dienste der Stadt für 2022 noch: „In 2022 wird auch die seit 2020 geplante Aufstockung des Technischen Rathaus um eine sechste Etage in die Bauphase übergehen.“

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Erst vor gut einem Jahr hatte der Vermieter des Gebäudes, die CLS Germany Management GmbH, auf Bitten der Stadt die Umbaupläne sogar noch einmal überarbeitet. Zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse über die Anforderungen an moderne Arbeitsplätze sollten noch berücksichtigt werden, hieß es. Statt Einzel- und Doppelbüros sollten große Bürolandschaften entstehen, die Zahl der nutzbaren Arbeitsplätze von 107 auf 167 steigen.

2021 wurden noch zusätzliche Kosten für eine Umplanung genehmigt

Das allerdings hatte seinen Preis, die nachträglichen Planungskosten sollten zu Lasten der Stadt gehen. Und: Im 2020 entwickelten Wirtschaftsplan der Zentralen Dienste für 2021 hatte es schon geheißen: „Das Projekt Moderne Arbeitswelten beeinflusste in 2020 auch die Vorbereitungen zum Aufstocken des Technischen Rathaus um eine sechste Etage, da auch hier die neuen Bürostrukturen greifen sollen. Das Flächenmanagement überarbeitete mit dem Vermieter in 2020 die ursprüngliche, auf Einer- und Zweierbüros ausgelegte Raumstruktur umfassend.“

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Nun aber geht es in die andere Richtung: Durch die Schaffung von „modernen Arbeitswelten“ in verschiedenen Verwaltungsgebäuden der Stadt Bochum in Verbindung mit diversen raumorganisatorischen Maßnahmen hat sich die Bedarfslage an Büroraum in den letzten drei Jahren verändert und wird sich weiter verändern. Insofern kann auf den 2019 erhobenen Bedarf an Büroraum, der durch die Aufstockung des Technischen Rathauses gedeckt werden sollte, inzwischen verzichtet werden“, so die Stadt auf Anfrage dieser Redaktion.

Stadt einigt sich mit dem Vermieter

Erstaunlich ist: Zunächst sollten dank moderner Arbeitswelten deutlich mehr zusätzliche Arbeitsplätze in dem Gebäude genutzt werden, und nun sind überhaupt keine mehr nötig. Für wen vorher die zusätzlichen Arbeitsplätze gedacht waren und wo die Beschäftigten stattdessen arbeiten, darüber gibt es keine Auskunft von der Verwaltung. Auch die Politik weiß das nicht so recht, hieß es nach der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause.

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Hunderte Ausweicharbeitsplätze werden benötigt

Um ihren Bedarf zu decken, hat die Stadt an zwei Stellen große Büroflächen angemietet: Anfang 2021 an der Universitätsstraße 48 (Lueg) 2010 Quadratmeter für 200 neue Mitarbeiter des Gesundheitsamts und ein halbes Jahr später 5800 Quadratmeter in der Viactiv-Zentrale an der Universitätsstraße 43-49 für 300 Beschäftigte.

Der Bedarf an mehreren hundert Ausweicharbeitsplätzen besteht nach Berechnungen der Verwaltung u.a. wegen der Arbeiten im Rathaus-Westflügel zumindest bis Mitte 2024.

Geprüft worden sei zwischenzeitlich auch ein Umzug der Zentralen Dienste vom Aral-Gebäude an der Wittener Straße zum aufgestockten Technischen Rathaus. Die Fläche dort eignet sich aber offenbar nicht dafür. Gleichwohl muss die Stadt neue Räume für die Technischen Dienste und das Stadtarchiv finden. Der Mietvertrag an der Wittener Straße läuft 2026 aus.

Stadtgestalter bezweifeln, dass der Rückzug kostenneutral erfolgt

Ein Trost aus städtischer Sicht scheint immerhin zu sein, dass der kurzfristige Sinneswandel kein weiteres Geld kostet. „Der Verzicht ist für die Stadt Bochum kostenneutral“, heißt es auf Anfrage. Beide Seiten, Stadt und Büroanbieter CLS, haben sich geeinigt. Zugleich hat diese Redaktion erfahren, dass der Mietvertrag für das gesamte Gebäude auch ohne die sechste Etage um weitere zehn Jahre verlängert wird.

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Dass der Rückzug tatsächlich kostenneutral erfolgt, bezweifeln derweil die Ratsmitglieder der Stadtgestalter, Carsten Bachert und Volker Steude. Sie argumentieren, die von ihnen vor geraumer Zeit geforderte, aber von Verwaltung und Politik abgeschmetterte Gesamtplanung für den Bürobedarf der Verwaltung habe erst zu diesem Hin und Her geführt. „Wir wollen öffentlich die Frage thematisieren, ob und in welcher Höhe den Steuerzahlenden aufgrund dieses unprofessionellen Handelns unnötige Kosten entstanden sind. Die Bearbeitung des jetzt gekippten Vorhabens wird in der Verwaltung teure Ressourcen gebunden haben“, so die Stadtgestalter.