Bochum. In Bochum wird eine leerstehende Kirche zu einem exklusiven Wohnquartier. Die Arbeiten im verfallenen Gotteshaus sind eine Herausforderung.
Er lässt die Kirche im Dorf: Werner Boxbücher ist Bauherr eines der derzeit spannendsten Wohnbauprojekte in Bochum. Als Investor gestaltet er die seit 14 Jahren leerstehende St.-Antonius-Kirche samt Stift im Griesenbruch zu einem exklusiven Wohn- und Bürogebäude um – als Höhe- und Mittelpunkt des künftigen „Antonius-Quartiers“. In der nächsten Woche beginnen die Arbeiten im Gotteshaus.
Das Thyssenkrupp-Gesundheitshaus an der Bessemerstraße, das evangelische Gemeindehaus in Hordel oder der Hochbunker in Günnigfeld: Werner Boxbücher weiß, wie man aus alt neu macht. Der Bochumer Unternehmer hat sich darauf spezialisiert, dem Verfall preisgegebene Gebäude für Wohnen und Arbeiten wiederzubeleben. Aus wirtschaftlichem Interesse. Aber auch, um ein Stück Stadthistorie zu retten.
„Antonius-Quartier“ in Bochum: Kirche mit Graffiti und Glasscherben
Die Antoniuskirche ist Boxbüchers bislang größte Herausforderung. 2008 wurde das 1903 errichtete neugotische Gotteshaus von der katholischen Kirche aufgegeben. Pläne, an der Antoniusstraße ein Alten- und Pflegeheim einzurichten, scheiterten vor zehn Jahren. Seither verkommt das einst stolze Bauwerk. In den sozialen Medien wird es in der Liste der „Lost Places“ geführt. Graffiti und Glasscherben zeugen von nächtlichen Treffen der einschlägigen Szene.
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„Immer wieder habe ich gedacht: Daraus müsste sich doch etwas machen lassen“, sagt Werner Boxbücher, dessen Büro in Sichtweite der Kirche liegt. 2017 führte er erste Kaufgespräche mit der Pfarrei St. Peter und Paul. 2018 erhielt er den Zuschlag.
Einstiger Pfarrsaal bietet Platz für vier „Townhäuser“
Seither ist auf der 2000-Quadratmeter-Fläche einiges passiert. Versorgungsleitungen wurden neu verlegt. Im aufwendig renovierten Pfarrhaus sind drei Wohnungen entstanden; „der Bezug steht kurz bevor“, so Boxbücher. Der einstige Pfarrsaal bietet demnächst Platz für vier schmucke „Townhäuser“ mit Terrassen und Vorgärten.
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Auf grünes Licht für das anspruchsvollste Quartiers-Projekt musste Boxbücher lange warten: den Umbau der Kirche. Langwierig waren die Abstimmungen mit den beteiligten Behörden. „Jetzt ist die Baugenehmigung da“, freute sich der 69-Jährige am Mittwoch im WAZ-Gespräch. „In der nächsten Woche können die Arbeiten beginnen.“
Kirchturm bleibt als 35 Meter hohe Landmarke erhalten
Von der Kirche bleiben der 35 Meter hohe Turm als Landmarke und die Außenmauern stehen. Sie werden von massiven Innenwänden gestützt. Sämtliche Säulen und Aufbauten verschwinden. Auf fünf Etagen sowie in einem Anbau hin zur Bessemerstraße (mit neu gebrannten Klinkern exakt in der Kirchen-Optik) entstehen 33 Eigentumswohnungen mit 30 bis 165 Quadratmetern. An den Stellen der früheren Kirchenfenster werden Balkone angebaut.
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Eine Tiefgarage ist ebenso vorgesehen wie Top-Standard in den Wohnungen, auch bei der energetischen Ausstattung. Unterhalb des Turms, der begehbar bleibt, soll ein Sachverständigen- und Planungsbüro einziehen. Ein Kinderspielplatz und Ladesäulen für E-Autos sind gleichsam Teile des Quartier-Konzepts.
Kirchenfenster schmücken Kathedrale in Kamerun
Die Fenster der St.-Antonius-Kirche waren bereits 2020 ausgebaut worden. Auf Vermittlung des Rotary-Clubs wurden sie ins afrikanische Kamerun verschifft, wo sie als Geschenk aus Bochum in einer Kathedrale in der Provinzhauptstadt Maroua eingebaut wurden.
„Wir sind sehr froh, dass die alten Fenster eine so schöne neue Verwendung gefunden haben“, sagt Investor Werner Boxbücher. Im künftigen Antonius-Quartier hätten sie keinen Platz mehr gehabt.
Kaufpreise für die Wohnungen werden noch ermittelt
Auf 18 Millionen Euro werden die Gesamtkosten geschätzt. „In zwei Jahren soll alles fertig sein“, sagt Werner Boxbücher, der den Kaufpreis für die Eigentumswohnungen noch offenlässt: „Die finalen Preise werden gerade erstellt.“ Die Vermarktung beginne in den nächsten Tagen. „Wir haben schon zahlreiche Vorreservierungen.“ Infos online gibt’s in Kürze auf antonius-quartier.de.
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Auch die alte Kirchturmuhr hat Boxbücher im Blick. Darauf ist es seit einer halben Ewigkeit kurz vor acht. Bald soll auch hier ein neues Zeitalter anbrechen: „Die Uhr wird repariert.“