Bochum. Streit- und streikbereit haben sich 600 Beschäftigte der Stahlbranche beim Warnstreik in Bochum gezeigt. Bengalos rufen die Polizei auf den Plan.
Etwa 600 Beschäftigte aus Stahlbetrieben in Bochum und Dortmund haben am Montag noch einmal lautstark ihre Forderungen im laufenden Tarifkampf verkündet. Es ist eine von bundesweit 50 Veranstaltungen der IG Metall an diesem Tag. „Wir sind bereit für einen Streit“, so das Motto. „Und wir sind auch bereit für einen Streik“, sagt Ulrike Hölter, die erste Bevollmächtigte der IG Metall Ruhrgebiet-Mitte.
Thyssenkrupp-Belegschaft bringt dröhnende Glocke mit zum Warnstreik
„Gong - Gong“. Immer wieder ertönt der dumpfe Klang einer mächtigen Glocke am Kopf des Demonstrationszugs, der vom Jahrhunderthaus über die Alleestraße unübersehbar und unüberhörbar in Richtung Innenstadt zieht. Mitgebracht haben sie die Beschäftigten vom Thyssenkrupp-Werk an der Essener Straße auf der Ladefläche eines Transporters. „Weil die Glocke zu Bochum gehört und Bochum gehört zur Glocke“, so Betriebsratsvorsitzender Engin Karakurt. Zehntausende Kirchenglocken wurden einst in Bochum gegossen.
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Demo-Teilnehmer zünden Bengalos
Weitgehend reibungslos ist die zweite große Warnstreikaktion in Bochum während der laufenden Tarifverhandlungen über die Bühne gegangen.
Allerdings ist es auf dem Marsch vom Jahrhunderthaus zur Innenstadt zu einigen Zwischenfällen gekommen. Demo-Teilnehmer haben Bengalos gezündet, roter und weißer Rauch zog über Demonstranten und Passanten.
Mehrfach forderte die Polizei Person auf, die Fackeln auszumachen. Außerdem nahm sie Personalien auf.
Die Symbolik ist kaum misszuverstehen: Es ist – einen Tag vor der letzten Verhandlungsrunde im Tarifstreit – die lautstarke Warnung von etwa 3500 Beschäftigten der Bochumer Stahlindustrie in Richtung Arbeitgeber, es ernst zu meinen mit der Ankündigung, im Zweifelsfall ganz schnell vom Warnstreik-Modus in den unbefristeten Arbeitskampf überzugehen. „Es ist ihre letzte Chance, um ein Scheitern der Verhandlung und eine Urabstimmung im Stahl zu verhindern“, so IG-Metall-Verhandlungsführer Knut Giesler in einer Botschaft.
IG Metall hat 39.000 Info-Briefe vorbereitet
„Wir haben 39.000 Briefe vorbereitet“, sagt Tim Wißen von der IG Metall. Mit ihnen würde die Gewerkschaft den Mitgliedern mitteilen, dass sie dem Hauptvorstand der Gewerkschaft die Urabstimmung vorschlägt. Es sei denn, am Dienstag käme es zu einer Einigung.
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3,5 Prozentpunkte liegen zwischen den Forderungen der Gewerkschaft (8,2 Prozent Lohnerhöhung für zwölf Monate) und dem Angebot der Arbeitgeber (4,7 Prozent). Und offenbar sind die Beschäftigten nicht bereit, allzu sehr von ihrer Position abzuweichen. Denn: „Alles wird teurer: Lebensmittel, Miete, Energie, Benzin. Die Arbeitgeber können steigende Kosten weitergeben. Wir nicht“, so Engin Karakurt. Und: Es gehöre sich einfach nicht, von den Arbeitnehmern in Krisenzeiten Solidarität zu verlangen, in guten Zeiten aber nicht die Gewinne zu teilen. Die Stahlbranche erfreue sich gerade voller Auftragsbücher, guter Geschäfte und hoher Erträge, so die Gewerkschaft.
Betriebsratsvorsitzende berichten von großer Entschlossenheit
Die Botschaft aus den einzelnen Betrieben ist unmissverständlich: „Wir sind zu allem bereit“, sagt Dirk Stüter, Betriebsratsvorsitzender des Luft- und Raumfahrtzulieferers Doncasters Precision. Und auch wenn die Zahl der Demo-Teilnehmer an diesem Montag hinter den Erwartungen zurückbleibt, die IG Metall hatte mit etwa 1000 Frauen und Männern gerechnet, sagt Uwe Scherling, Betriebsratsvorsitzender der Stahlwerke Bochum: „Wir haben seit Jahren nicht mehr so viele Kollegen auf die Straße bekommen.“
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Und die zieren sich dann auf dem Dr.-Ruer-Platz auch nicht allzu lange, ihre Forderungen selbst lautstark zu singen, als Heiko Fänger auf der Bühne zu den Klängen von „Ghostriders in the Sky“ über „Steelworker on the street“, Stahlarbeiter auf der Straße, singt.
Eine Fotostrecke vom Demozug und der Kundgebung sehen Sie hier.