Bochum. 4500 Sozialwohnungen droht Bochum in den nächsten Jahren zu verlieren. In einem Stadtteil droht geradezu ein dramatischer Rückgang.

Kräne drehen sich beinahe überall in Bochum, gebaut wird an allen Ecken und Enden. Nur der soziale Wohnungsbau hinkt hinterher, beklagen Sozialpolitiker und Interessenverbände. Viele Stadtteile verlieren in den nächsten Jahren voraussichtlich weitere Sozialwohnungen in zum Teil beträchtlichem Umfang. Geradezu dramatisch erscheint die Entwicklung in Langendreer.

Langendreer verliert 549 Sozialwohnungen

Der Stadtteil mit den derzeit noch zweitmeisten geförderten Wohnungen in der Stadt (1180) droht bis 2031 fast die Hälfte seines Bestands zu verlieren (Grafik) – vorausgesetzt es entstehen keine neuen Bestände. Das geht aus einer Übersicht der Stadtverwaltung hervor. Nirgendwo sonst in Bochum werden in den nächsten Jahren so viele Wohnungen ihre Mietpreisbindung verlieren. Insgesamt werden voraussichtlich bis 2031 etwa 4500 Wohnungen nicht mehr preisgebunden sein. Das erhöht den Druck auf Mieter der mittleren und unteren Einkommensklassen enorm.

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© funkegrafik nrw | Jill Starke

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„Die Krise beim bezahlbaren Wohnraum spitzt sich weiter zu“, beklagt die Links-Fraktion im Rat. Tatsächlich hat Bochum seit 2004, als es noch 25.975 Sozialwohnungen gab, bis Ende 2021 (12.349) die Hälfte des Bestands verloren. Der Verlust fällt zwar geringer aus als befürchtet. Zwischenzeitlich war die Verwaltung gar von einem Rückgang auf knapp 11.000 bis zum Jahr 2022 ausgegangen, weil der Neubau geradezu zum Erliegen gekommen war. So wurde etwa 2012 keine einzige Sozialwohnungen neu gebaut.

Querenburg hat den größten Bestand

Aber: Weder die im Handlungskonzept Wohnen angestrebte Zahl von jährlich 200 neuen Sozialwohnungen noch Veränderungen in den Förderbedingungen und ein größeres Fördervolumen haben bislang zu einer Kehrtwende im Wohnungsbau geführt. Bochum verliert weiter Sozialwohnungen, benötigt aber eigentlich dringend einen Anstieg.

Bestand ist um 54 Prozent gesunken

Mietpreisgebunde Wohnungen – oder Sozialwohnungen – sind Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Eigentümer müssen sie zu einem Preis unter den marktüblichen Mieten vermieten. Die Preisbindung gilt mitunter für mehrere Jahrzehnte.

Der Sozialwohnungsbestand ist nach Angaben der Stadt seit 2005 um 54 Prozent gesunken. Bis 2032 werden weitere 4500 Abgänge vorausgesagt. Dennoch gehöre Bochum mit Blick auf die Wohnraumförderung zu den besten zehn kreisfreien Städten in NRW.

Im vergangenen Jahr wurden 148 Neubauwohnungen mit einem Volumen von 24,4 Millionen Euro gefördert. Das ist der höchste Stand seit 2011. Die größten Projekte waren 52 Wohnungen in Riemke („Vorm Gruthoff“), und 30 Wohnungen in Querenburg (Zum Schebbruch/Lennershofstraße).

Auch in den beiden anderen Stadtteilen mit beträchtlichem Bestand, in Querenburg (1351 Sozialwohnungen) und Höntrop (995) werden deutliche Rückgänge erwartet. Sie fallen allerdings geringer aus als in Langendreer.

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Hamme und Laer verlieren die Hälfte ihrer Sozialwohnungen

Überhaupt gibt es kaum einen Stadtteil, dessen Bestand an Sozialwohnungen – Stand jetzt – mittelfristig unverändert bleibt. Das betrifft die südliche Innenstadt, Hordel und Leithe. Stiepel, das mit 59 Sozialwohnungen ohnehin den kleinsten Bestand hat, verliert 49 Einheiten. Prozentual (83,1) ist das der größte Verlust und bestätigt Kritiker, die von einer mangelhaften gesellschaftlichen Durchmischung im Stadtteil sprechen. Absolut und relativ werden die Bestände in Hamme (269; 52,2 Prozent) und Laer (231; 51,6 Prozent) deutlich schrumpfen.

Schätzen lässt sich bislang nur, in welchem Umfang der Rückgang an Sozialwohnungen ausgeglichen werden könnte. Im vergangenen Jahr wurden 148 Neubauten und 92 Modernisierungen bewilligt. Das Fördervolumen betrug 34 Millionen Euro. Fakt ist: Das Neubauvolumen bleibt bislang hinten den Abgängen zurück.

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Diskussion über Anpassung des Handlungskonzepts Wohnen nötig

Und: Es drohen mehr Sozialwohnungen verloren zu gehen als im 2017 vorgelegten Handlungskonzept vorausgesagt, nämlich 4500 statt 2500. Die Verwaltung begründet dies mit der „Möglichkeit der vorzeitigen Darlehensablösung der öffentlichen Mittel“. Reagieren könnte die Stadt darauf mit einer Neujustierung ihrer wohnungspolitischen Ziele. Tatsächlich heißt es in einer Antwort der Verwaltung auf Anfrage der Links-Fraktion: „Die weiter voranschreitende Verknappung des öffentlich geförderten Wohnungsbestandes der Stadt Bochum legt den Schluss nahe, dass Anpassungen im Rahmen der Evaluation und Fortschreibung des Handlungskonzeptes Wohnen Bochum diskutiert werden müssen.“