Bochum. Sein eigenes Gemüse anbauen und ernten: Das ist auf einem Acker in Bochum möglich. Die Mietgärten sind gefragt. Wenige Parzellen sind noch frei.

„Ich finde es jedes Mal fantastisch, wenn aus einem kleinen Körnchen ein großer Kohlkopf wird“, sagt Rosemarie Mersch, lächelt und stapft frohgemut zu ihrer Freundin aufs Feld. Die 73-Jährige gehört zu den mehr als 130 Naturfreundinnen und -freunden, die ihr Gartenglück auf dem Hof Blome in Grumme gefunden haben. Am Samstag war Saisonbeginn.

7000 Quadratmeter umfasst der Acker Auf dem Güstenberg, den die Landwirte Dieter (50) und Tanja Blome (47) vom Bonner Unternehmen „meine Ernte“ vermarkten lassen. „2011 gehörten wir zu den ersten Partnern des damaligen Start-ups“, sagt Tanja Blome. Die Geschäftsidee, Ackerflächen in Parzellen aufzuteilen und als Mietgärten zu bewirtschaften, habe sofort gefruchtet. „Wir fingen mit 80 Parzellen an. Im Folgejahr haben wir auf 140 erweitert.“

Mietgärten in Bochum: 45-Quadratmeter-Feld kostet 229 Euro Pacht

So viele sind es bis heute. Und die Nachfrage ist groß, ob bei Familien ohne eigenen Garten, Studenten-WGs oder Rentnern. Sogar von einem Projekt „Manager mit Burnout“ wissen die Blomes zu berichten. „Aktuell sind noch acht Flächen frei“, sagt Daniela Haferkorn, Koordinatorin bei „meine Ernte“ mit 25 Standorten in Deutschland. Als 45-Quadratmeter-Areal für 229 Euro pro Saison oder als 90-Quadratmeter-„Familiengarten“ für 439 Euro: Die Betreiber haben keine Zweifel, dass auch die Restbestände in Kürze vergriffen sein werden.

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Gerade in der Großstadt, gerade in Corona-, Kriegs- und Inflationszeiten erscheint der Werbeslogan „Nimm Dein Essen selbst in die Hand“ verlockend. Zumal es den Hobbygärtnern anfangs leicht gemacht wird. Die Mietgärten werden vorweg mit 20 Gemüsesorten bepflanzt: von Kartoffeln bis Porree, von Rotkohl bis Kürbis. Gartengeräte und Gießwasser sind inklusive, Lernvideos und und eine „Gemüsehotline“ ebenso.

Eifrig gewerkelt wird seit Samstag auf dem Acker der Landwirte Blome. Acht der 140 Parzellen sind noch zu vermieten.
Eifrig gewerkelt wird seit Samstag auf dem Acker der Landwirte Blome. Acht der 140 Parzellen sind noch zu vermieten. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Landwirte warnen: Alle zwei Tage sollten die Hobbygärtner vor Ort sein

Doch Tanja Blome warnt davor, die Aufgabe zu unterschätzen. „Allein um Geld beim Einkaufen zu sparen, sollte man das nicht anfangen. Spaß und Leidenschaft müssen unbedingt dazugehören.“ Denn wer glaube, einmal in der Woche mal kurz vorbeizuschauen, irrt gewaltig.

Kleingärten sind kaum zu bekommen

Wer sich auf der Suche nach einem Stück Grün für einen Kleingarten interessiert, guckt vielfach in die Röhre. „Schon seit Jahren gibt es in Bochum so gut wie keine freien Gärten“, sagt Manfred Schettler, Kassierer beim Stadtverband der Kleingärtner mit 80 Vereinen und 5600 Parzellen.

2020 hatte Schettler genau nachgerechnet. Damals gab es 700 Bewerber. „Um alle Wünsche zu erfüllen, müsste die Stadt Flächen in der Größe von 45 Fußballfeldern bereitstellen. Das ist illusorisch.“

Inzwischen sei die Nachfrage nochmals gestiegen: verständlich bei Gesamtkosten von jährlich (!) 300 Euro für eine durchschnittliche 300-qm-Parzelle.

Wer gleichwohl sein Glück probieren will: Die Kontaktdaten der Vereine finden sich auf kgv-bochum.de.

Alle zwei Tage sollte man vor Ort sein, allein schon, um Unkraut zu zupfen, Schnecken zu entfernen und zu gießen. Nach der Ernte gehe die Arbeit zu Hause weiter. „Das ist keine Konfektionsware aus dem Supermarkt. Das Gemüse daheim zu verarbeiten, ist aufwendig. Da vertun sich viele – und geben nicht selten auf“, weiß Tanja Blome aus jahrelanger Erfahrung.

Gartenjahr endet mit dem Grünkohl im November

Lohn aller Mühen ist gesunde Bio-Kost, „in die man seinen eigenen Schweiß reingesteckt hat“, sagt die Fachfrau. „Da schmeckt’s umso besser“. So auch Rosemarie Mersch, die in der Nähe wohnt, seit zehn Jahren eine Parzelle gepachtet hat und auf die Selbstversorgung schwört: „Ich bin mindestens zweimal pro Woche hier. Man ist in der Natur, lernt nette Menschen kennen und freut sich immer wieder auf die Ernte.“ Welches ihr Lieblingsgemüse ist? „Ich esse alles gerne. Ich bin Vegetarierin.“

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Voller Freude starten die Seniorin und ihre Mi(e)tgärtner ins neue Gartenjahr. Das endet im November: mit dem Grünkohl.

Alle Infos auf meine-ernte.de/gemuesegarten-in-bochum-mieten