Bochum. Allmählich erwachen die Kleingärtner in Bochum aus dem Winterschlaf. Eine Parzelle zu haben ist derzeit echter Luxus. Der Ansturm ist enorm.

Stefan Bierwirth nippt an seinem Kaffee. Plötzlich hält er inne, streckt den Kopf in die Höhe und winkt in Richtung Zaun, als wieder mal ein bekanntes Gesicht vorbeischlendert. „So ist das hier bei uns“, sagt er, „alles ist sehr freundschaftlich“. Bierwirth ist erster Vorsitzender des Kleingartenvereins Schmechtingwiesental in Bochum-Mitte. Und damit ein beneidenswerter Mann. Denn der kleine Garten mit der blauen Laube, in dem der 58-Jährige an diesem sonnigen Frühlingswochenende zusammen mit seiner Frau die Spuren des Winters beseitigen möchte, ist heiß begehrt.

Bochum: Ansturm auf Kleingärten – so sind die Chancen

„2019 wurde bei uns zum letzten Mal eine Parzelle neu vergeben. Und unsere Bewerberliste ist lang“, sagt Bierwirth. Kaum jemand gibt seinen Garten freiwillig wieder ab. Schrebergärten stehen aktuell hoch im Kurs. Das war nicht immer so.

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Als Bierwirth vor etwa 13 Jahren seinen Garten an den Schmechtingwiesen übernahm, gab es noch keine Wartelisten. Heute unvorstellbar. Wer sich den Traum von einem Stückchen Grün im Schatten des Bergbaumuseums erfüllen möchte, muss Geduld mitbringen. „Wenn eine Bewerbung in Frage kommt, dann laden wir den Kandidaten erstmal zu einer unserer Vereinsaktivitäten ein. Dabei können wir dann schauen, ob und wie es passt“, sagt Manfred Schettler.

Die Kleingartenanlage Im Schmechtingwiesental liegt im Schatten des Förderturms, der zum Bergbaumuseum Bochum gehört.
Die Kleingartenanlage Im Schmechtingwiesental liegt im Schatten des Förderturms, der zum Bergbaumuseum Bochum gehört. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Schettler ist in der Anlage groß geworden. Der 67-Jährige hat den Garten von seinen Eltern übernommen und kümmert sich als Kassierer mittlerweile um die Finanzen des Vereins. Bis es zu einer Einladung kommt, kann es allerdings dauern. „Keiner gibt seinen Garten einfach so wieder auf. Meistens nur aus Altersgründen oder weil die Leute aus beruflichen Gründen wegziehen müssen“, so Schettler.

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Das Image des Schrebergartens hat sich gewandelt. Galt er vielen früher als Hort der Spießigkeit und des Ordnungswahns, so ist er heute auch bei jüngeren Menschen beliebter denn je. „Wir sind ein sehr junger Verein“, erzählt Bierwirth. „Die meisten Pächter sind zwischen 35 und 45 Jahre alt, darunter viele Akademiker und Familien mit Kindern“.

Trend: Parzelle als Alternative zu eigenem Haus mit Garten

Manfred Schettler überrascht das nicht. „Für viele ist ein Haus oder eine Wohnung mit eigenem Garten heute kaum noch zu bezahlen. Da schauen sich die Leute nach Alternativen um“. Außerdem sei gerade bei den Jüngeren das Bewusstsein für frische und gesunde Lebensmittel aus dem eigenen Garten in letzter Zeit stark gestiegen.

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Wer Glück hat und eine Parzelle an den Schmechtingwiesen ergattert, muss nicht allzu tief in die Tasche greifen. Die jährliche Pacht für das Grundstück beträgt 30 Cent pro Quadratmeter. Dazu kommen Mitgliedsbeiträge und Versicherungen in Höhe von etwa 160 Euro pro Jahr. Der Kaufpreis für die Laube variiert und hängt von Zustand und Bauart ab.

Kleingärten: Auflagen wurden im Laufe der Jahre gelockert

Viel zu beachten gibt es für die Pächter ebenfalls nicht. Etwa ein Drittel der Gartenfläche sollte für den Obst- und Gemüseanbau genutzt werden. Das Pflanzen von Waldbäumen oder Hochstämmen ist nicht erlaubt. Ebenso das Halten von Tieren. „Mein Vater hatte hier noch Hühner und Kaninchen“, erzählt Schettler. „Aber das waren noch andere Zeiten. Damals nach dem Krieg ging es den Gärtnern vor allem um Selbstversorgung“.

80 Vereine, 5560 Parzellen

Der Kleingärtnerverein Schmechtingwiesental besteht seit 1937. Er umfasst 54 Gärten und wurde in den Jahren 2019 bis 2021 zum schönsten Kleingartenverein Bochums gewählt.

In Bochum gibt es 80 Kleingartenvereine mit insgesamt 5560 Parzellen. Das macht eine Fläche von 2.5 Millionen Quadratmetern, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen.

Der erste Kleingartenverein Bochums wurde im Jahre 1908 im Stadtteil Ehrenfeld gegründet.

Etwa fünf bis zehn Stunden Einsatz braucht es in der Woche, um den Garten in Schuss zu halten, schätzt Bierwirth. Aber das hänge von der Jahreszeit ab. Jetzt im Frühjahr gehe es vor allem darum, erstmal sauberzumachen und den Boden aufzulockern. „Die richtige Pflanzzeit beginnt erst nach den Eisheiligen im Mai, wenn kein Frost mehr zu erwarten ist“, erklärt er.

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Kein Wunder also, dass der Kleingartenverein Schmechtingwiesental trotz des traumhaften Wetters erst langsam aus dem Winterschlaf erwacht. Nur vereinzelt wird schon fleißig gewerkelt. Julia (44) und Hannah (42) entfernen gerade Unkrautreste aus einem Staudenbeet. Sie sind seit zehn Jahren im Verein. „Ich liebe einfach das Buddeln und das Wühlen“, sagt Hannah. „Und natürlich die kleinen Erfolge im Garten“. Auch Julia schwärmt. „Für mich ist das jedes Mal wie Urlaub hier. Wenn ich die Anlage betrete und die Vögel zwitschern höre, dann geht es mir einfach gut“.

Gärtnern in Bochum: Eigener Gemüseanbau als Hobby

Uwe Wellner (62) und Adelheid Bowens (64) lassen es an diesem Wochenende ruhiger angehen und genießen in Liegestühlen die warme Nachmittagssonne. Sie haben ihren Garten in zweiter Generation schon seit 46 Jahren. „Es ist einfach ein toller Ausgleich und ein schönes Hobby, sein eigenes Gemüse anzubauen“, findet Wellner. „Im Frühjahr“, sagt Bowens, „fangen bei mir immer richtig die Finger an zu jucken“.