Bochum. Kleingärten sind in Coronazeiten besonders begehrt und knapp. Doch Interessenten sollten die Flinte nicht ins Korn werfen. Ein Experte weiß Rat.
Manfred Schettler muss schmunzeln. „Jahrzehntelang wurden wir als Spießbürger mit Gartenzwerg belächelt“, sagt der 65-Jährige, der sich beim Stadtverband der Kleingärtner in Bochum als Kassierer um die Finanzen kümmert. Und jetzt? Von wegen piefig! Schrebergärten stehen in voller Blüte, sind so gefragt wie nie zuvor. Corona weckt die Lust auf das eigene Stück Natur, das eigene Obst und Gemüse und die schützende Privatsphäre.
Eigentlich ist‘s in Bochum paradiesisch. Auf 2,5 Millionen Quadratmeter summieren sich die Gesamtflächen mit 5600 Parzellen, die von mehr als 9000 Mitgliedern in 80 Kleingartenanlagen gehegt und gepflegt werden. Doch der Bedarf ist weitaus höher. Das gilt in „normalen“ Zeiten, in denen die Alltags-Oasen heiß begehrt und schwer zu haben sind. Das gilt umso mehr in Corona-Zeiten, in denen die Vereine nochmals deutlich mehr Anfragen verzeichnen.
Kleingärten in Bochum: Bewerberzahl hat sich verdoppelt
Manfred Schettler hat als Mann der Zahlen genau nachgerechnet. Die jüngste Befragung der Vereine, vor Corona, habe ergeben, dass sich 460 Möchtegern-Gärtner für eine Parzelle interessieren, gern wohnortnah. Bis Anfang Mai stieg die Zahl auf 760. Die aktuellen Werte im Sommer dürften noch höher liegen.
Die meisten Bewerber drohen leer auszugehen. Denn: Es gebe aktuell keinen einzigen leerstehenden Kleingarten, heißt es beim Stadtverband. Die Pachtverträge haben eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren. Entsprechend gering ist die Fluktuation. Manfred Schettler: „Wer einmal einen Garten hat, gibt ihn so schnell nicht ab.“ Höchstens altersbedingt. Und dann steht oft die Familie als „natürlicher“ Nachfolger in den Startlöchern.
Kosten sind meist überschaubar
Die wenigen Parzellen, die auf den Markt kommen, sind umkämpft. Denn das Glück im Grünen ist nicht nur erstrebenswert, sondern auch für weniger Betuchte bezahlbar. Die Kosten für den Jahresbeitrag im Verein, Versicherungen, Strom, Gas und Wasser liegen laut Stadtverband selten über 400 Euro. Im Jahr, wohlgemerkt. Überschaubar erscheinen auch die Abstandszahlungen, die bei der Übernahme einer Laube anfallen: je nach Zustand, Ausstattung und Bauweise zwischen 1000 und 4000 Euro.
Vielfach hätten die Vereine Wartelisten angelegt, schildert Schettler. Dabei gelte nicht etwa: Der Erste oder Reichste macht das Rennen. Bei der Auswahl eines Nachfolgers treffe man auch eine soziale Auswahl, betont man beim Dachverband. Heißt zum Beispiel: Familien mit Kindern ohne eigenen Garten dürfen sich gute Chancen ausrechnen.
Kontakt zu den Vereinen pflegen
Spürbar müsse das originäre Interesse an einem Kleingarten sein – und das Bewusstsein, dass ein Schrebergarten „mehr bedeutet als auf der Wiese zu liegen und ab und zu den Grill anzuschmeißen“, so Manfred Schettler. „Man muss wissen, dass man nachhaltige Verpflichtungen übernimmt: für seine Parzelle ebenso wie für den Verein, in dessen Gemeinschaftsarbeit man sich einbringen sollte.“
Hier gibt es Informationen
Die Kontaktdaten der 80 Bochumer Kleingärtnerverein von „Abendrot“ in Wattenscheid bis „Zum Stadttor“ in Gerthe finden sich auf der Internetseite des Stadtverbandes unter www.kgv-bochum.de .
Bei allem Garten-Glück ist es verboten, einen Pool in der Parzelle auszuheben oder aufzubauen, betont der Stadtverband. Das habe in diesem Sommer vereinzelt zu Anfragen geführt.
Bei einem Pool könnte die Entsorgung des chlorierten Wassers die Umwelt schädigen. Erlaubt ist nur ein Planschbecken mit maximal zwei Kubikmeter Wasser.
Was rät der Kleingärtner-Vorstand den Anwärtern? Die Flinte nicht ins Korn zu werfen. Es nicht beim Eintrag in die Wartelisten zu belassen, sondern den Kontakt zu den Vereinen zu pflegen und sich „regelmäßig in Erinnerung zu bringen“. Nützlich seien auch Besuche bei den Gartenfesten, wenn sie in Corona-Zeiten denn gefeiert werden dürfen.
Stadt soll zusätzliche Flächen ausweisen
Der Blick der Kleingärtner geht auch Richtung Rathaus. Angesichts des Booms müsse überlegt werden, zusätzliche Flächen auszuweisen, etwa im Zuge von Neubaugebieten. Der Bedarf wäre immens. Manfred Schettler hat nochmals den Rechenstift gespitzt. Um alle Interessenten zu bedienen und mehr als 700 Parzellen zu schaffen, bedürfte es Grundstücken von der Größe von 45 Fußballplätzen.