Bochum. 40 Jahre nach Claus Peymann soll sich Kleists Klassiker am Schauspielhaus Bochum zum fröhlichen Singspiel wandeln. Die Premiere steigt Freitag.

Fröhliche Singspiele mit Pfiff und Humor sind am Schauspielhaus Bochum seit Beginn der Intendanz von Johan Simons nicht gerade in Mode. Doch das soll sich jetzt ändern: Mit „Die Hermansschlacht – Allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“ steht ab Freitag, 29. April, ein von nicht wenigen Zuschauern schon lang erwarteter Gute-Laune-Abend auf dem Programm.

Verantwortlich für die (vermutlich) größte Sause seit „Spamalot“ ist das Regie-Duo Barbara Bürk und Clemens Sienknecht, das mit der Einrichtung solch charmant-persiflierender Musiktheaterabende große Erfolge hat. Ihre Idee: Sie lassen klassische Dramen, Romane oder Mythen so nostalgisch und schräg wie möglich nachspielen, ohne dabei Schabernack und Heiterkeit zu vergessen.

Jüngere und ältere Schauspieler auf der Bühne

Mit Bernd Rademacher, Veronika Nickl und Michael Lippold sind bei der Neuauflage der „Hermansschlacht“ im Schauspielhaus langjährige Mitglieder des Ensembles dabei. Dominik Dos-Reis und Marius Huth, dem erst vor wenigen Tagen ein sehenswerter Auftritt als „Lorenzaccio“ gelang, zählen zur jüngeren Generation.

Für die Live-Musik sorgen Clemens Sienknecht und Friedrich Paravicini, der schon mit Lou Reed und Herbert Grönemeyer musizierte.

Schauspielhaus Bochum zeigt „Die Hermansschlacht“ frei nach Kleist

So entstand etwa am Deutschen Schauspielhaus Hamburg eine „Effi Briest“, die ebenfalls den Untertitel „Mit anderem Text und auch anderer Melodie“ trug und 2016 zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde. Es folgten unerschrockene Adaptionen von Anna Karenina und Madame Bovary bis hin zu den Nibelungen.

Für ihre „Hermansschlacht“ arbeiten Barbara Bürk und Clemens Sienknecht erstmals gemeinsam in Bochum (Bürk zeigte hier bereits 2015 eine beeindruckende Fassung von „Hans im Glück“ mit Florian Lange). „Unser Zugang ist immer, aus einem ernsten Stück die Komik zu ziehen“, sagt Sienknecht. Stattdessen direkt Komödien zu inszenieren, hält er eher für langweilig: „Da gehen die Leute ja schon mit der Erwartungshaltung rein, dass es witzig wird. Das ist bei einem klassischen Drama völlig anders: Hier kann man sich überraschen lassen.“

Erinnerungen an legendäre Peymann-Inszenierung

Die Älteren wissen längst: „Die Hermannsschlacht“ von Heinrich von Kleist ist mit der Geschichte des Bochumer Theaters untrennbar verbunden. Viele erinnern sich gern an die legendäre Inszenierung von Claus Peymann aus dem Jahr 1982, die auch international ein riesiger Erfolg wurde (die komplette Aufführung mit Gert Voss und Kirsten Dene findet man übrigens bei Youtube). „Neben ‚Kleiner Mann, was nun?‘ von Peter Zadek zählt sie zu den legendären Inszenierungen am Haus“, sagt Dramaturg Vasco Boenisch. „Seit 40 Jahren hat sich keiner mehr getraut, das hier zu machen. Den Bann wollen wir jetzt brechen.“

Kleists Drama wird zum fröhlichen Singspiel: Szene mit (v.l.) Dominik Dos-Reis, Marius Huth, Clemens Sienknecht und Michael Lippold.
Kleists Drama wird zum fröhlichen Singspiel: Szene mit (v.l.) Dominik Dos-Reis, Marius Huth, Clemens Sienknecht und Michael Lippold. © Schauspielhaus Bochum | Birgit Hupfeld

Mit viel Live-Musik (es gibt einen achtköpfigen Chor auf der Bühne) und einer komplett neuen Geschichte wollen Bürk und Sienknecht dem Kleist-Mythos auf die Spur kommen. Die Rahmenhandlung führt zur „Frohsinn Singing Society“, einem Gesangsverein in Texas, der zur Feier des 50-jährigen Bestehens das berühmte Theaterstück um Hermann den Cherusker aufführen möchte. Und schon treten sie alle munter auf die Bühne: Hermann, Varus, Thusnelda und all die Barbaren aus dem Teutoburger Wald…

Rock, Pop und Country treffen Kleists wunderbare Sprache

Im Mittelpunkt des Abends stehe das Unvollkommene, so Sienknecht: „Wir glänzen alle nicht durch unglaubliches Klavierspiel und können auch nicht wahnsinnig gut tanzen. Aber genau das ist der Trick, damit es unterhaltsam wird.“ Songs aus Rock, Pop und Country reichern das Spiel an, auch Kleists wunderbare Sprache soll nicht komplett unter den Tisch fallen: „Es geht auch in die Tiefe“, verspricht der Regisseur. Also dann: Feuer frei!

Dauer: ca. 1 Stunde 50 Minuten ohne Pause. Premiere am Freitag, 29. April. Wieder am 30. April, 28. und 29. Mai. Karten: 0234 33 33 55 55.