Bochum. Karfreitag darf der Film „Das Leben des Brian“ nicht gezeigt werden. In Bochum wurde dennoch gelästert und gelacht – sogar mit staatlichem Segen.

Wissenschaftler erkennen eine „historische Zäsur“: Erstmals gehören weniger als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung der katholischen oder evangelischen Kirche an. Vor 30 Jahren waren es 70 Prozent. Rechtfertigt diese Kirchenflucht noch strenge, vor allem allgemeingültige Beschränkungen an Feiertagen? Nein, meint die Initiative „Religionsfrei im Revier“ und verstieß am Karfreitag in Bochum einmal mehr gezielt gegen das NRW-Feiertagsgesetz. Und das mit amtlichem Segen.

„Das Leben des Brian“ dient den Atheisten als Exempel für eine „klerikale Bevormundung“. Der lästerliche Monty-Python-Klassiker aus dem Jahr 1979 zählt zu den Filmen, die laut NRW-Gesetz „für eine Aufführung an Karfreitag nicht geeignet und somit (...) verboten sind“.

NRW-Feiertagsgesetz: Mehr als 700 Filme stehen auf dem Index

„Mehr als 700 weitere Filme stehen auf dem Index. Das ist ein Relikt aus düsteren Adenauer-Zeiten, als der Gesetzgeber sich verpflichtet fühlte, christliche Normen für alle Bürger vorzuschreiben und Verstöße dagegen bestrafen zu müssen“, zürnt der Sprecher der „Religionsfrei“-Initiative, Martin Budich.

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2013 startete der 71-Jährige mit seinen Mitstreitern den Feldzug. Ausdrücklich nicht gegen die Kirchen. Sondern gegen den Staat und dessen „verordneten Trübsinn“. Anfangs im Sozialen Zentrum, ab 2016 in der Bermudahalle Riff organisierte die Gruppe öffentliche „Brian“-Vorführungen. Ziel: die Obrigkeit vorzuführen. Mission: den Rechtsweg voll auszuschöpfen. Bis zum Bundesverfassungsgericht.

„Always look on the bright side of life“: Trotz Verbots wurde „Das Leben des Brian“ (Foto) am Karfreitag in der Bochumer Bermudahalle gezeigt.
„Always look on the bright side of life“: Trotz Verbots wurde „Das Leben des Brian“ (Foto) am Karfreitag in der Bochumer Bermudahalle gezeigt. © FFS

Initiative scheiterte 2017 mit Eingabe an das Bundesverfassungsgericht

Gegen ein 2014 „wunschgemäß“ verhängtes 100-Euro-Bußgeld zog Budich bis vor das Landgericht. Doch der Weg nach Karlsruhe endete 2017. Die Eingabe der Bochumer wurde von den Verfassungsrichtern abgewiesen. Grund: Die Initiative hätte zunächst bei der Bezirksregierung eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen.

Genau das taten die „Brian“-Jünger fortan – bezeichnenderweise mit Erfolg, „was die Absurdität des Gesetzes nochmals unterstreicht“, sagt Martin Budich, der nach zweijähriger Corona-Pause die Provokation am vergangenen Karfreitag fortsetzte. „Umrahmt von gottlosen Video- und Fernsehbeiträgen“ und „vorgetragen von noch gottloseren Aktivist*innen“ solle „der am aller gottloseste Film von Monty Python“ im Riff gezeigt werden, heißt es im Antrag an die Bezirksregierung.

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In der Bermudahalle Riff schauten sich am Karfreitag rund 100 Besucher den Film „Das Leben des Brian“ an.
In der Bermudahalle Riff schauten sich am Karfreitag rund 100 Besucher den Film „Das Leben des Brian“ an. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Bezirksregierung erteilte Ausnahmegenehmigung für „Brian“

Arnsberg erteilte erneut die Ausnahmegenehmigung: „binnen 48 Stunden“, so Budich. „Durch die Art und Weise der Veranstaltung in einem geschlossenen Raum mit einer verhältnismäßig geringen Teilnehmerzahl sind keine Auswirkungen zu befürchten, die den äußeren Ruherahmen des mit einem besonderen Stilleschutz ausgestatteten Tages beeinträchtigen können“, heißt es in der Begründung.

Vorschlag: „Brian“ im Bermudadreieck

Eine Chronik des Protestes der Initiative „Religionsfrei im Revier“ gegen das NRW-Feiertagsgesetz ist zu finden auf www.bo-alternativ.de/category/das-leben-des-brian-am-karfreitag.

Auf der Homepage hat ein Unterstützer einen Vorschlag gepostet: „Ich glaube, wir bräuchten mal was Neues: Passionsspiele in Bochum. Und zwar ,Das Leben des Brian’ im Bermudadreieck nachgespielt.“

Gar nicht still, sondern fröhlich und lachend verfolgten rund 100 Besucher die „Brian“-Abenteuer als unfreiwilliger Messias. Für sie und die Initiative „Religionsfrei im Revier“ steht nach wie vor fest: Das NRW-Feiertagsgesetz ist ein Relikt von vorgestern, das endlich reformiert werden muss. Budich: „Langfristig sollten die kirchlichen Feiertage durch Feiertage ersetzt werden, die für die gesamte Bevölkerung eine Bedeutung haben, wie zum Beispiel der 8. Mai als Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus.“

Im nächsten Jahr soll auch getanzt werden

Für 2023 plant Budich die nächste, möglichst illegale Gemeinheit. Dann soll „Brian“ am Vorabend des Karfreitags in Aktion treten – diesmal mit einer öffentlichen Tanzveranstaltung, die das Feiertagsgesetz bereits für den Gründonnerstag ab 18 Uhr untersagt.

Irgendwie muss Arnsberg doch zu einer Ablehnung zu bewegen sein...

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