Bochum. Nach dem Tod eines Gastes der „Polarize“-Party stellt sich der Ruhrcongress hinter seinen Sicherheitsdienst. Das müssen Türsteher vorweisen.
Nach dem Tod eines 41-jährigen Gastes einer Party im Bochumer Ruhrcongress hält die Hallengesellschaft BOVG an der Zusammenarbeit mit dem privaten Sicherheitsdienst fest. „Seit 2015 kooperieren wir eng und vertrauensvoll mit dem Dienstleister. Ich sehe aktuell keine Veranlassung, daran etwas zu ändern“, erklärte BOVG-Geschäftsführer Andreas Kuchajda am Dienstag gegenüber der WAZ.
Nach Tod von „Polarize“-Gast: Bochums Ruhrcongress hält an Sicherheitsdienst fest
In der Nacht zum Sonntag war ein Bochumer, der die „Polarize“-Technoparty besuchen wollte, gestorben: laut Obduktion durch „Gewalteinwirkungen“ eines Security-Mitarbeiters, der dem 41-Jährigen den Einlass verwehrt hatte. Gegen den Beschäftigten (42) wurde Untersuchungshaft wegen „Körperverletzung mit Todesfolge“ angeordnet.
„Wir alle sind bestürzt und traurig über den Vorfall. Das ist für das gesamte Team eine sehr belastende Situation“, sagt Hallenchef Kuchajda, spricht aber zugleich von einem „singulären Ereignis mit allerschlimmstem Ausgang“. Das Sicherheitskonzept, das zuvor mit den Behörden und dem Veranstalter Max Sollmann abgestimmt worden war, habe grundsätzlich funktioniert: „Es gab sonst keine Störungen.“ Auch die Meldekette samt Alarmierung des Rettungsdienstes sei sofort und vorschriftsmäßig in Gang gesetzt worden.
Ruhrcongress-Chef will Abläufe in der Partynacht nicht kommentieren
Was genau um 2.30 Uhr vor der Halle geschah, könne und werde die Hallengesellschaft nicht kommentieren, so Kuchjada. „Das ist allein Aufgabe der Polizei und Staatsanwaltschaft.“ Eine „Vorverurteilung“ des Sicherheitsdienstes – der laut Kuchajda auch nebenan im Ruhrstadion und beim Starlight Express im Einsatz ist – komme für die BOVG nicht infrage. „Wir haben an dessen Zuverlässigkeit keinen Zweifel.“
Deshalb werde der Security-Service auch vor Ort sein, wenn Max Sollmann mit seiner Agentur EGS am 18. Juni die nächste Techno-Party organisiert: dann im Westpark mit mehr als 6000 erwarteten Besucherinnen und Besuchern. Das dritte „Paluma“-Festival sei als Tagesveranstaltung (ab 12 Uhr) nicht mit „Polarize“ zu vergleichen, betont Max Sollmann. Laut Kuchajda wird das Sicherheitskonzept für „Paluma“ nochmals genau geprüft.
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Nachdem Medienberichte den Einsatz von Kabelbindern zur Fixierung des 41-Jährigen ins Gespräch brachten, stellte Oberstaatsanwalt Bachmann am Dienstag nochmals klar: „Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass Kabelbinder vor Ort zum Einsatz kamen.“ Eine Konkretisierung dazu, welche Form der Gewalteinwirkungen zum Tod des Bochumer Partygastes geführt haben, gab die Staatsanwaltschaft nicht preis. Zunächst solle der Verteidiger des in Untersuchungshaft sitzenden Türstehers informiert werden.
Staatsanwaltschaft Bochum erwartet toxikologische Gutachten
Im nächsten Schritt würden nun Zeugen gehört und auf die Ergebnisse der Gutachten gewartet, die bei der Rechtsmedizin in Auftrag gegeben worden sind. Dazu zähle beispielsweise auch eine Blutalkoholuntersuchung bei dem Beschuldigten sowie Gutachten, die Alkohol und Rauschmittel bei dem Verstorbenen untersuchen sollen. Die Ergebnisse könnten unter Umständen mehrere Wochen auf sich warten lassen.
Was das Thema der Fixierung des verstorbenen Bochumers anbelangt, erläutert eine Sprecherin des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft, Sicherheitsleute könnten grundsätzlich von ihren „Jedermann-Rechten“ Gebrauch machen. Demnach darf, wer angegriffen wird oder eine Straftat beobachtet, diese Person bis zum Eintreffen der Polizei festhalten. Im Türsteher-Bereich sei die Situation oft schwierig, da man es dort häufig mit betrunkenen Gästen zu tun habe. Juristisch stelle sich anschließend die Frage, inwieweit das Festhalten des Türstehers gerechtfertigt war.
Sicherheitspersonal soll deeskalieren und sich selbst schützen
In der Branche ist man von dem Vorfall am Sonntagmorgen sehr betroffen – beklagt aber zugleich eine „Scheinheiligkeit“ im Umgang mit dem Sicherheitsgewerbe. „Immer wird bei Veranstaltungen an der Sicherheit gespart und zu wenig Personal eingesetzt – und wenn etwas schief läuft, steht immer zuerst der Sicherheitsdienst am Pranger“, so die Leitung eines Sicherheitsdienstleisters aus dem Ruhrgebiet. Bei Konflikten stehe bei Sicherheitsmitarbeitenden „immer deeskalierendes Handeln und das Prinzip der Eigensicherung“ im Vordergrund.
Security- Das Geschäft mit der Sicherheit im ImagewandelUm als Security-Mitarbeiter arbeiten zu können, muss der- oder diejenige zunächst eine 40-stündige Unterrichtung bei einer Industrie- und Handelskammer (IHK) absolvieren – eine Zugangsvoraussetzung für den Eintritt in die Branche. „Außerdem ist ein einwandfreies Führungszeugnis wichtig, das ist die Grundlage für die ,Unbedenklichkeitsbescheinigung’“, so der Security-Anbieter. Diese Bescheinigung wird dem Mitarbeitenden von der kommunalen Ordnungsbehörde am Sitz des Arbeitgebers ausgestellt. Seit 2019 müssen Sicherheitsdienste ihre Mitarbeitenden zudem im bundesweiten Bewacherregister eintragen lassen.
Auf Anfrage klärt die IHK in Bochum, aus „rechtlicher Sicht“ dürfe man keine Informationen darüber herausgeben, ob Sicherheitsmitarbeitende der Ruhrcongress-Security ihre Schulung bei der hiesigen IHK absolviert haben.