Bochum. Fast jedes zehnte Kind in Bochum hat keinen Platz, an seiner Wunschschule bekommen. Besonders bei einer Schulform gibt es erneut große Engpässe.

Fast jedes zehnte Kind, das im Sommer auf eine weiterführende Schule in Bochum wechselt, hat keinen Platz an seiner Wunschschule bekommen. Das geht aus Zahlen hervor, die die Stadt auf Anfrage der WAZ veröffentlicht hat. Rund die Hälfte davon hat die Absage von einer Gesamtschule erhalten.

Die meisten Viertklässler in Bochum wechseln aufs Gymnasium

„233 Kinder haben keinen Platz an ihrer Erstwunschschule erhalten“, so Stadtsprecher Thomas Sprenger. Besonders beliebt waren im Anmeldeverfahren, das bereits seit Februar abgeschlossen ist, die Gesamtschulen. 116 Schülerinnen und Schüler mussten abgewiesen werden. 43 davon haben einen Platz an der Gesamtschule Bochum-Mitte gefunden, teilt die Stadt im März mit. Fünf weitere fanden danach einen Platz an einer Gesamtschule. Die restlichen Schülerinnen und Schüler haben stattdessen eine andere Schulform gewählt.

Rund die Hälfte der 2611 Kinder wird nach den Sommerferien auf ein Gymnasium gehen (1221). Absteigend sortiert folgen die Gesamtschulen (752), Realschulen (503), Sekundarschulen (74) und Hauptschulen (61). 50 Erstwünsche an den Realschulen und 67 an den Gymnasien konnten zudem nicht erfüllt werden, der Großteil dieser Schülerinnen und Schüler ist nun aber ebenfalls eine andere Schule der Schulform angemeldet.

Für welche Schule sich die Eltern und ihre Kinder, die abgewiesen wurden, entschieden haben, erfasst die Stadt nicht. Ob es in gewissen Stadtteilen besonders viele Engpässe gibt, kann die Stadt ebenfalls nicht sagen. Die Ablehnung an einer Schule könne nicht zwangsläufig auf eine zu geringes Angebot im Stadtteil schließen lassen – da Eltern die Kinder an jeder Schule anmelden dürfen und die Entscheidung nicht alleine vom Wohnort abhängt. Zudem sind die Schulformen nicht gleichmäßig auf das Stadtgebiet verteilt.

Kritik an vorgezogenem Anmeldeverfahren für Gesamtschulen

Gerade die Sekundarschulen haben mit immer geringer werdenden Schülerzahlen zu kämpfen. Fürs kommende Schuljahr wurden an beiden zusammen 74 Kinder angemeldet, das dürfte so gerade für zwei fünfte Klassen pro Schule reichen – eigentlich gibt es jeweils Platz für vier.

„Was auch daran liegt, dass für die Gesamtschulen ein vorgezogenes Anmeldeverfahren galt“, warf Ulrike Busse, Leitung der Rupert-Neudeck-Schule, der Stadt bereits Ende März vor. „Wer an den vier etablierten Gesamtschulen keine Zusage erhielt, kam in der neuen Gesamtschule Mitte unter. Da blieb für uns Sekundarschulen nicht mehr viel übrig.“

Entgegen der bislang gepflegten Praxis, dass Eltern ihre Kinder für alle weiterführenden Schulen gleichzeitig anmelden konnten, wurde der Anmeldezeitraum für die Gesamtschulen in diesem Jahr vorgezogen. Grund dafür ist laut Stadtverwaltung, dass die städtischen Gesamtschulen schon länger dafür plädiert hätten. „In Dortmund ist dieses Verfahren seit Jahren gelebte Praxis, ebenso in Essen“, erklärt die Stadtverwaltung. Das vorgezogene Anmeldeverfahren werde nun reflektiert.

Sekundarschulen kritisieren Forderung nach weiterer Gesamtschule in Bochum

Was ist eine Sekundarschule?

Sekundarschulen umfassen die Klassen fünf bis zehn und führen zu allen Schulabschlüssen der Sekundarstufe I. Sie gehören wie die Gesamtschulen zu den „Schule des längeren gemeinsamen Lernens“.Im Gegensatz zur Gesamtschule hat die Sekundarschule jedoch keine eigene Oberstufe. Durch verbindliche Kooperationen mit einem Gymnasium oder einer Gesamtschule ist jedoch sichergestellt, dass die Schülerinnen und Schüler bei entsprechender Qualifikation einen verbindlichen Anspruch auf einen Platz in der gymnasialen Oberstufe der kooperierenden Schule haben.

Unlängst wurde in Bochum eine sechste Gesamtschule gefordert. „Die Anmeldezahlen an den Gesamtschulen zeigen deutlich, dass der Bedarf nicht gedeckt ist“, hieß es zuletzt beispielsweise bei Benny Krutschinna, Mitglied der Linken im Ausschuss für Schule und Bildung.

An den beiden Sekundarschulen in Bochum ist man sich jedoch sicher, dass eine sechste Gesamtschule – möglicherweise in Wattenscheid – deren Aus bedeuten würde. Ulrike Busse, Leiterin der Rupert-Neudeck-Schule im Bochumer Südwesten, fänd es logischer, sich das Geld für eine weitere Gesamtschule zu sparen „und dafür lieber die Busverbindung zwischen Wattenscheid und Linden-Dahlhausen zu verbessern“. Denn: „Plätze für Schüler sind ausreichend vorhanden, sie müssen nur in Anspruch genommen werden.“

Von der Stadt hieß es dazu Ende März: „Die Schülerzahlen der beiden Sekundarschulen sind leider seit Jahren auf niedrigem Niveau. Ganz offensichtlich wird diese Schulform in Bochum nicht stärker nachgefragt.“ Gebraucht würde sie aber dennoch, gerade jetzt. Sie sollen bei der Beschulung von ukrainischen Flüchtlingskindern besonders eingebunden werden.