Bochum-Südwest. Die Leitung der Rupert-Neudeck-Schule in Bochum schlägt Alarm: Sie fürchtet um die Existenz. Kritisiert werden Stadt und Politik für ihre Pläne.
Der erste runde Geburtstag steht an: Seit zehn Jahren existiert die Rupert-Neudeck-Schule im Südwesten von Bochum mit Start des neuen Schuljahres. Wenn es auch noch einen 20. Geburtstag geben soll, muss sich aus Sicht der Schulleitung dringend etwas tun. Denn sie befürchtet das Aus für die Sekundarschule an der Dr.-C.-Otto-Straße. Aus mehreren Gründen.
Bochum: Schule sieht Image-Problem und fürchtet das Aus
„Wir empfangen Signale aus allen Richtungen, dass man uns nicht haben will“, beklagt Schulleiterin Ulrike Busse. Das habe mit den Plänen angefangen, eine sechste Gesamtschule in Wattenscheid bauen zu wollen. Dies sei in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen so vereinbart. „Wenn das so kommt, können wir einpacken“, prophezeit Busse.
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Die beiden Sekundarschulen – es gibt noch die Nelson-Mandela-Schule in Langendreer – seien damals gegründet worden, „um die in der Sekundarstufe I übervollen Gesamtschulen zu entlasten“, erklärt Ulrike Busse. Nach der zehnten Klassen könnten die Schüler dann wieder wechseln – zur Gesamtschule, aufs Gymnasium oder zum Berufskolleg.
Anfangs klappte das prima, sagt Ulrike Busse. „Wir hatten im ersten Jahr 80 Anmeldungen für vier Klassen. Und auch danach immer um die 75 Schüler pro neuer Jahrgangsstufe, die für eine solide Dreizügigkeit langen. Bis 2018/2019 die Gemeinschaftsschule zur Gesamtschule wurde. Seither sind wir nur noch zweizügig.“ Und selbst zwei Klassen können vielleicht bald schon nicht mehr drin sein.
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Denn mit einer sechsten Gesamtschule – dann in Wattenscheid – stünde man praktisch vor dem Aus, sagt Ulrike Busse. Viele Rupert-Neudeck-Schüler kämen aus Wattenscheid. Busse fände es logischer, sich das Geld für eine weitere Gesamtschule zu sparen „und dafür lieber die Busverbindung zwischen Wattenscheid und Linden-Dahlhausen zu verbessern.“ Denn: „Plätze für Schüler sind ausreichend vorhanden, sie müssen nur in Anspruch genommen werden.“
Problem: Viele können mit dem Begriff Sekundarschule nichts anfangen
Busse beklagt zudem ein Image-Problem. Sekundarschulen hätten noch immer kein Standing, kaum jemand könne sich darunter etwas vorstellen. „Dabei sind wir im Prinzip eine kleine Gesamtschule, eine Schule des gemeinschaftlichen Lernens, die auch mit gymnasialen Standards arbeitet.“
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Beate Lindemann, didaktische Leiterin der Schule, weiß, dass viele die Rupert-Neudeck-Schule noch immer für eine Haupt- oder Förderschule halten. „Das höre ich oft. Denn viele wissen noch, dass hier ja früher die Heinrich-Kämpchen-Schule, also eine Hauptschule war.“ Das sei frustrierend.
Sekundarschule in Bochum: Jedes Kind hat ein I-Pad
Zumal man modern aufgestellt sei. „Jeder unserer Schüler hat ein I-Pad, das gibt es an keiner anderen Gesamtschule“, sagt Beate Lindemann. Auch gebe es im dritten Jahr das Lernbüro, das das selbstständige Lernen fördere. „Dadurch machen unsere Schüler große Fortschritte.“
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Nur werden die Schüler leider immer weniger. Fürs kommende Schuljahr wurden gerade einmal noch 33 Kinder angemeldet. „Was auch daran liegt, dass für die Gesamtschulen ein vorgezogenes Anmeldeverfahren galt“, wirft Ulrike Busse der Stadt ein „Schurkenstückchen“ vor. „Wer an den vier etablierten Gesamtschulen keine Zusage erhielt, kam in der neuen Gesamtschule Mitte unter. Da blieb für uns Sekundarschulen nicht mehr viel übrig.“
„Keine Folge des Anmeldeverfahrens“
Das vorgezogene Anmeldeverfahren für Gesamtschulen begründet die Stadt damit, dass „Kinder, die bisher bei der Anmeldung an einer Gesamtschule abgewiesen wurden, keine Möglichkeit hatten, sich dann noch an einer anderen Schulform anzumelden, die einen Sekundarstufe-II-Abschluss anbietet“. Allerdings seien die Anmeldezahlen der beiden Sekundarschulen seit mehreren Jahren niedrig. „Dies ist nicht eine Folge des dieses Jahr erstmalig vorgezogenen Anmeldeverfahrens für die Gesamtschulen.“
Aktuell besuchen 340 Schüler die Rupert-Neudeck-Schule. Bis zur achten Jahrgangsstufe sei man inzwischen nur noch zweizügig, sagt Schulleiterin Ulrike Busse. Maximal 25 Schüler dürfen eine Klasse besuchen, das sei festgelegt.
Ulrike Busse geht es gar nicht darum, vier Klassen pro Jahrgang zu füllen. „Drei reichen völlig. Viele Eltern schätzen gerade das an uns, das hier alles sehr persönlich und überschaubar ist.“ Doch aktuell habe sie das Gefühl, dass Sekundarschulen überflüssig gemacht werden.
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Diese Befürchtung kann die Stadt nicht ausräumen. Auf WAZ-Anfrage heißt es: „Die Schülerzahlen der beiden Sekundarschulen sind leider seit Jahren auf niedrigem Niveau. Ganz offensichtlich wird diese Schulform in Bochum nicht stärker nachgefragt.“ Gebraucht würde sie aber dennoch, gerade jetzt. Denn: „Im Rahmen der derzeitigen Ukraine-Krise und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, die geflohenen Kinder auch beschulen zu können, planen wir besonders, die beiden Sekundarschulen mit dieser Aufgabe im Bereich der Sekundarstufe einzubinden.“
Stadt Bochum: Prüfen den Bau einer sechsten Gesamtschule
Und danach? Das ist laut Stadt noch offen: Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung werde auch der Bau einer sechsten Gesamtschule geprüft und das Ergebnis der Politik vorgelegt, heißt es aus dem Rathaus. Eine konkrete Entscheidung gebe es noch nicht.