Bochum. Das neue Riesenrad steht. Die WAZ Bochum saß bei der ersten Fahrt mit Blick über den Kemnader See in der Gondel. Hier sind alle Videos und Fotos.
Mit dem Besen fegt er den heraufgewehten Sand vom roten Teppich. Dann gibt Marlon Küchenmeister den Weg frei – durch den Anstellbereich hindurch in die weiße Gondel. Sein nagelneues Riesenrad am Kemnader See steht. Und wir sitzen als erste Gäste darin, wenn sich das „White Wheel“ zu drehen beginnt.
„Libella-Rad“ dreht sich zum ersten Mal am Kemnader See in Bochum
An einem riesigen Kranz fangen 50.000 rote Lämpchen vor Bochums grauem Aprilhimmel an zu blinken. Noch zeigt das kreisrunde Display in der Mitte Werbung für den LED-Lampenanbieter, die einzelnen Gondeln werben für ein Textilgeschäft. Am Mittwochnachmittag ist es endlich soweit: Das 38 Meter hohe Riesenrad wird sich im Hafen Oveney zum ersten Mal mit Fahrgästen drehen.
Auf dem eigenen Betriebsgelände der Schausteller Küchenmeister sei das Rad „zwei Tage lang von sechs Mitarbeitern des TÜV Rheinland auf Herz und Nieren geprüft“ worden, so der Betreiber. Nach dem Aufbau am Kemnader See kam Anfang der Woche noch die Bauaufsicht vorbei und habe das „White Wheel“ nun abgenommen. In der blauen Steuerungskabine am Boden steht Marlon Küchenmeister vor der Riesenrad-Steuerung, bei der er die Anzahl der Runden voreinstellen kann. „Dieses Automatikfahrprogramm ist sehr komfortabel, nach der DIN 13814 geprüft“, so der Schausteller. „Dann drück’ ich hier nur noch auf Start – das ist kinderleicht, da kann nichts passieren.“
Geschlossene Gondeln – ein höheres Sicherheitsgefühl für die Fahrgäste
Ein Schritt hinein in die weiße, fabrikfrische Gondel, in der vier bis sechs Personen Platz finden, dann schließen sich die Türen und die Gondel setzt sich in Bewegung. „In offenen Gondeln fühlt man sich viel unsicherer“, sagt Küchenmeister beim Blick aus dem Fenster. „Hier dagegen ist es wie in einer Skiliftgondel. Man hat ein ganz anders Sicherheitsgefühl. Das war für uns ausschlaggebend.“
Riesenradfahrt ab sofort möglich
Das „White Wheel“ ist 38 Meter hoch und hat einen Platzbedarf von 19 mal 15 Metern. Von den 24 geschlossenen Gondeln ist eine behindertengerecht.
Das Rad ist vor dem Restaurant „Kemnader Seeterrasse“ an der Oveneystraße 69 aufgebaut.
Von nun an können Bochumerinnen und Bochumer auf dem „White Wheel“ fahren. Für drei Monate ist das Riesenrad an sieben Tagen in der Woche geöffnet: ab 12 Uhr bis zum frühen Abend. Die Fahrt kostet für Erwachsene 5, für Kinder 4 Euro.
Das „White Wheel“ eines italienischen Herstellers gebe es so nur noch ein zweites Mal. In seiner Art und Größe mit den geschlossenen Gondeln sei das Fahrgeschäft sogar einmalig, so Marlon Küchenmeister. „Das ist tatsächlich meine erste Fahrt hier“, sagt er, als das Rad die weiße Gondel hochhebt – bis sich ein weiter Blick über den Kemnader Stausee, die Baumwipfel ringsum, das Restaurant „Kemnader Seeterrasse“ und die – baldige – Veranstaltungsfläche des „Libella“-Festivals bietet. „Wir vom Veranstalter nennen es das .Libella-Rad’“, sagt Frank Gerwers, Leiter des Festivals, dass vom 3. bis 6. Juni stattfinden soll.
Wieder auf dem Boden angekommen, steigen auch schon die ersten Besucher, ein älteres Ehepaar, in die nächste Gondel, während die Schausteller-Familie Küchenmeister zur traditionellen Einweihung Münzgeld in die Steuerungskabine wirft – wie bei einem „Glücksbrunnen“, so Marlon Küchenmeister.
Sein Cousin und Mit-Eigentümer des Rads, Sebastian, plant in gut zwei Wochen noch eine richtige Einweihung. „In der Woche des 25. April soll das Riesenrad offiziell eröffnet werden. Da wird auch unser Schaustellerpfarrer vorbeikommen und das Schaugeschäft segnen“, so der Dortmunder. Bis dahin sei das Fahrgeschäft aber schon in Betrieb.
Riesenrad-Aufbau kostet Dortmunder Schausteller rund zwei Millionen Euro
Jeder der Cousins betreibe ansonsten sein eigenes Geschäft – das Riesenrad würden Marlon und Sebastian Küchenmeister nun zu gleichen Teilen tragen. „Weit über eine Million Euro“, gibt Marlon Küchenmeister den Kaufpreis an, „weil sehr viel Stahl verbaut ist. Und Stahlpreise sind in der Coronazeit noch weiter gestiegen.“ Dazu würden noch Zug- und Kranmaschinen zum Auf-, Abbau und Transport kommen – weshalb die Schausteller auf Kosten von rund zwei Millionen Euro kämen.
Die Tugend, sich mit der eigenen Familie zu verstehen, sei den Küchenmeisters schon von der Wiege auf mitgegeben worden. Schließlich müsse man dazu in der Lage sein, jeden Tag miteinander zu arbeiten. Mit den entsprechenden Kranmaschinen und vier Mitarbeiten brauchte Marlon Küchenmeister drei Tage, also das gesamte erste April-Wochenende, um das 80 Tonnen schwere Riesenrad aufzubauen. Den Frühling bis zum„Libella“-Festival wird der Betreiber nun täglich in der nagelneuen Steuerungskabine sitzen – eine 5-Tage-Woche ist unter Schaustellern ohnehin nicht üblich.
„Wir haben von nun an für drei Monate immer geöffnet“, so Marlon Küchenmeister. Die Öffnungszeiten stünden noch nicht endgültig fest, doch ab dem späten Vormittag bis zum Abend solle sich das weiße Rad drehen. „Wenn großer Andrang ist, werden wir aber die Fahrzeiten variabel anpassen.“