Bochum-Gerthe. Der Gerther Treff und die Christopherus-Schule zeigen eine historische Ausstellung über Bochum-Gerthe. Dazu werden noch private Fotos gesucht.

Ein echter Wonneproppen, die kleine Sigrid. Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt die Kleine beim Baden in der Zinkwanne. Das war 1960: Damals hatten noch längst nicht alle Haushalte ein Badezimmer. Wie früher der Alltag, das Familienleben im Bochumer Norden war, das wollen der Gerther Treff und die Christopherus-Schule in einer Ausstellung zeigen. Dazu werden noch private Aufnahmen gesammelt.

Diese Schnappschüsse mit persönlichen Darstellungen ergänzen die historische Präsentation „Gerther Zeitreise - von der Steinzeit bis heute“ – von der ersten nachweisbaren Besiedelung über Bauernschaft, Industrialisierung, Zeche Lothringen, Handel und Handwerk. Anhand vieler Bilder sollen das Leben der Menschen und die Veränderungen im Stadtteil dargestellt werden.

Zeitgeschichte aus dem Bochumer Norden

Marion Kensy, Vorsitzende des Gerther Treffs: „Dazu suchen wir noch Bilder, auf denen z.B. auch Menschen, Autos, Innenräume, Spielsachen, Werkzeuge zu sehen sind. Die Fotos sollten aus dem Gerther Umfeld sein. Es wäre toll, wenn wir dieses Stück Zeitgeschichte gemeinsam dokumentieren könnten.“

Private Aufnahmen wie das mit Baby Sigrid in der Zinkwanne ergänzen die historische Ausstellung in der Christopherus-Schule.
Private Aufnahmen wie das mit Baby Sigrid in der Zinkwanne ergänzen die historische Ausstellung in der Christopherus-Schule. © FFS | Gerther Treff

„Wir mussten die Ausstellung zweimal wegen Corona verschieben. Über die Vorbereitungsphase sind wir nie hinausgekommen. Jetzt aber soll die Präsentation endlich gezeigt werden.“ Material gibt es zuhauf, zur Verfügung gestellt vom Stadtarchiv, vor allem aber von geschichtsinteressierten Bürgern im Bochumer Norden.

Knochenfunde aus der Steinzeit

So wurde das Skelett eines Urs beim Bau der Zeche Lothringen gefunden. Auf das Jahr 800 datiert sind Siedlungsreste aus dem Frühmittelalter im Bereich Hof Heiermann. 874 wird Gerthe zum ersten Mal urkundlich erwähnt. „Knochen aus der Steinzeit zeugen vom ersten sesshaften Leben im Stadtteil, dazu gibt es Kartenmaterial, Bilder und Fundstücke“, so Kensy. Die Marshallplan-Siedlung in Hiltrop wird ein größeres Thema sein, dazu gibt es Film- und Bildmaterial der Siedlergemeinschaft. „Menschen, die als Kinder dort einzogen, werden einiges dazu erzählen können.“

Dann wird unveröffentlichtes Bildmaterial der letzten Fahrt der Straßenbahn, die damals durch die heutige Fußgängerzone fuhr, zu sehen sein. Kensy: „Sogar einen Schaffner der damaligen Linie konnten wir noch auftreiben, der alte Fahrscheine, Schaffnerjacke und Mantel dabei hat.“ Wie auch Dampfmaschinen, die von einem Verein und einzelnen Liebhabern den Originalen auf der Zeche nachgebildet wurden und mit Kohle betrieben werden.

Themen in den Klassenzimmern

Die Christopherus-Schule an der Gerther Straße ist barrierefrei, die Ausstellung findet in der unteren Etage der Schule statt. In der Aula und in einigen Klassenräumen werden Filme und Bilder aus alten Zeiten zu sehen sein.

Schule und Gerther Treff wollen einen Klassenraum als offiziellen Treffpunkt für ehemalige Schüler herrichten, vielleicht mit einer Kaffeetafel und Geschirr aus alten Zeiten.

Das „Kohlengräberland“ übernimmt einen Klassenraum, in dem das Leben der Bergleute, insbesondere das Leben und Wirken der Bergarbeiterfrauen im Alltag abgebildet werden soll, genauso wie das Thema Jugend unterm Hakenkreuz.

„Viele Kooperationspartner und Helfer aus dem Stadtteil wollen uns unterstützen. Zahlreiche private Bilder und Sammlungen aus dem Bochumer Norden, insbesondere auch aus Hiltrop, sind dabei, da die Geschichte beider Vororte stark miteinander verbunden sind.“ Christopherus-Schüler zeigen ihre Lieblingsorte im Bochumer Norden.

Ackerbau in Gerthe, im Hintergrund die Zeche Lothringen.
Ackerbau in Gerthe, im Hintergrund die Zeche Lothringen. © Stadt Bochum | Stadtarchiv

Es wird in der Ausstellung verschiedene Themenbereiche geben wie Trinkhallen, Gaststätten, Markt, Kirchen und Friedhöfe, Vereine, Sportplätze, Boxring, Schulen und Kindergärten, Zeche, Handwerk, Geschäfte, Fußgängerzone, Freizeitgestaltung, Schrebergarten. Klaus Gesk beschäftigt sich intensiv mit der Stadtteilgeschichte: „Die Kinos Kammer und De-Li waren immer gut besucht. Es gab vier Diskotheken: Belvedere, Penny Lane, Club Carrée (Heuwagen) und Kupferkanne. Getanzt wurde auch noch im ,Weißen Haus’ und im ,Vatikan’. Kinos und Diskotheken waren stets gut besucht; erst die 80er Jahre brachten das Aus.“

Ausstellung wird wandern

Die Ausstellung wird am Himmelfahrts-Wochenende, 27. und 28. Mai, gezeigt, jeweils 10-18 Uhr. Sie soll später als Wanderausstellung auch in der Stadtteilbücherei und im Kulturrat zu sehen sein. Bo-Marketing fördert das Projekt mit 5000 Euro.

Wer Fotos zur Verfügung stellen will: samstags von 9-13 Uhr an der Marktbude, bei Kerstin Post in der Reise-Post, Lothringer Straße 23, bei Marion Kensy unter gerthertreff@gmail.com und bei Klaus Gesk unter klaus-dieter.gesk@t-online.de oder 0234 86 44 77.