Bochum. Das Sponsoring-Konzept der Stadtwerke Bochum ist ein Erfolgsmodell. 8 Millionen Euro flossen in 502 Projekte. Am Anfang aber stand ein Skandal.

Die Stadtwerke Bochum versorgen nicht nur die meisten Haushalte in Bochum mit Strom, Gas und Wasser, sondern jährlich auch mit mehr als 50 Millionen Euro die Stadtkasse. Zweimal im Jahr dürfen sich zudem gemeinnützige Vereine und Verbände über eine Geldspritze freuen. 800.000 Euro schüttet der Energieversorger aus.

Nach Affäre um Atriumtalk stellen Stadtwerke Sponsoring neu auf

Bürger entscheiden dabei per Abstimmung, wer was vom Geldsegen abbekommt. Das Verfahren ist so ausgefeilt, dass auch kleinere Gruppen eine echte Chance haben. Ein Beirat – Politik, Kultur, Sport, Sozialverbände, Kirchen und Stadtwerke-Kunden sind vertreten – verteilt abseits des Votings Geld, und der Aufsichtsrat genehmigt die sogenannten Zukunftsprojekte. Dieses transparente Sponsoring der Stadtwerke erfreut sich großer Beliebtheit.

Das war nicht immer so. Bis 2012 verteilten die Stadtwerke ihre PR-Gelder nach Gutsherrenart. Nicht Vereine und Verbände standen im Fokus, sondern Glanz und Gloria für die Chefetage. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück löste mit der Offenlegung seiner Honorare die Affäre um den Atriumtalk aus.

Die Stadtwerke erlebten eines der dunkelsten Kapitel ihrer Geschichte. Fast 800.000 Euro hatte sich die städtische Tochter die Reihe mit illustren Gästen wie Senta Berger, Joachim Gauck oder Peter Maffay kosten lassen. Exakt die Summe, die seit 2013 nun jährlich ausgeschüttet wird.

Mehr als acht Millionen Euro für 502 Projekte

8,1 Millionen Euro sind nach Angaben des Unternehmens mittlerweile in 502 Bürger- und Zukunftsprojekte geflossen. „Wir haben bei der Umstellung bewusst auf mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz gesetzt und das war eine richtige Entscheidung“, sagt Geschäftsführer Dietmar Spohn. „Jedes Jahr stellen wir rund eine Million Euro für Bürger- und Zukunftsprojekte sowie unser Basissponsoring zur Verfügung. Das Sponsoring ist Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung und ein klares Bekenntnis zu unserer Heimatstadt Bochum.“

Die Karatekas des Vereins Budokan Bochum sammeln seit Jahren fleißig Herzen, um nicht nur auf der Matte, sondern auch beim Voting zu den Bürgerprojekten erfolgreich zu sein.
Die Karatekas des Vereins Budokan Bochum sammeln seit Jahren fleißig Herzen, um nicht nur auf der Matte, sondern auch beim Voting zu den Bürgerprojekten erfolgreich zu sein. © Budokan Bochum

Mit 470.000 verteilten Herzen, das ist die Währung beim Bürgervoting, verzeichnete das Sponsoring 2022 einen neuen Rekord. Bochums Vereine haben mittlerweile gelernt, die Werbetrommel für sich zu rühren. Ein gutes Beispiel ist der Verein Budokan. „Wir kopieren den Coupon für die Abstimmung und bitten unsere Mitglieder, diesen von Freunden und Verwandten ausfüllen zu lassen“, sagt Tim Milner.

400.000 Euro fließen in 34 Projekte

Die von den Stadtwerken geförderten Bürgerprojekte 2022 stehen fest. 250.000 Euro werden nach einem Voting an 21 Träger vergeben, 150.000 Euro bewilligte der Beirat für 13 weitere Vereine und Verbände, die bei der Abstimmung nicht erfolgreich waren. Insgesamt 80 Anträge auf Förderung waren bei dem Energieunternehmen eingegangen. Beim Voting erfolgreich waren:

Soziales: Elterninitiative Kinderstübchen, Katholische Kita St. Bonifatius, Tabor Kindertageseinrichtung, Evangelische Emmaus-Kindertageseinrichtung, HUKultur – Förderverein Hustadt, Matthäus-Kindertageseinrichtung, Awo-Kindertagesstätte Am Dornbusch (Teilförderung).

Sport: Budokan Bochum, BC Elfenbein Höntrop 1968, VfL Telstar Bochum, Förderverein des Basketballsports beim VfL Astrostars Bochum, SC Weitmar 45 (Teilförderung).

Bildung: Förderverein der Gemeinschaftsgrundschule Dahlhausen, Verein der Freunde und Förderer der Grundschule in der Vöde, Verein der Freunde und Förderer der Hans-Christian-Andersen-Schule, Verein der Freunde der Hildegardis-Schule Bochum, Märkische Schule Wattenscheid (Teilförderung).

Kultur: Bürger-Schützen-Verein Bochum-Harpen 1874, Nettwork 44, KG Die Rebellen, Eppendorfer Heimatverein (Teilförderung).

Vom Beirat gefördert: Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst Löwenzahn, DJK TuS Hordel 1911, Jüdische Gemeinde Bochum - Herne – Hattingen, Willy-Brandt-Gesamtschule, Theater Traumbaum, Evangelische Kirchengemeinde Wattenscheid, Bochum Lacrosse, TV Wattenscheid 01 Leichtathletik, T.T.C. Rot-Weiss-Silber Bochum, Realschule Höntrop, Physical Monkey, Alzheimer Gesellschaft Bochum. Aufgestockt wird die Teilförderung für die Awo-Kita Am Dornbusch sowie die Märkische Schule Wattenscheid.

Die Bewerbungsphase für die Zukunftsprojekte (ab einer Antragsumme von 25.000 Euro), die vom Aufsichtsrat der Stadtwerke ausgewählt werden, startet am 14. Juni. Weitere Informationen zum Sponsoring der Stadtwerke gibt es unter www.stadtwerke-bochum.de .

Gruppen des Vereins sammelten zudem Herzen in der Nachbarschaft und vor Discountern und Schulen. „Dieses Jahr haben wir 57.130 Herzen zusammen bekommen. Bei zehn Herzen pro Abschnitt haben also fast 6000 Menschen für uns abgestimmt“, freut sich der Trainer. Die Shotokan-Karatekas waren damit zum dritten Mal hintereinander bei der Abstimmung erfolgreich und dürfen sich über weitere 15.000 Euro freuen.

Schulacker ein Beitrag zur Nachhaltigkeit

Die doppelte Summe landete 2020 am Alice-Salomon-Berufskolleg. „Schulgarten als Klassenzimmer – wir ackern für Veränderung“ heißt das Zukunftsprojekt, das der Stadtwerke-Aufsichtsrat befürwortete. „Die Stadtwerke haben uns super unterstützt“, lobt Lehrer Stjepan Ivancic. Sieben Jahre lang ist gewährleistet, dass die Berufsschüler ihr eigenes Gemüse anpflanzen können.

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Vom Radieschen über Gurken, Möhren, Tomaten bis hin zur Zucchini wachsen 25 Gemüsesorten in dem 1000 Quadratmeter großen Schulgarten. Nach der Ernte wird das Gemüse am Kiosk verkauft oder im schuleigenen Restaurant verarbeitet. „Unsere Schülerinnen und Schüler erhalten so einen ganzheitlichen Blick auf Lebensmittel“, sagt Ivancic. Und hofft, dass manch einer auf die Idee kommt, auch zu Hause zu gärtnern. „Unser Schulgarten ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit.“

Astro-Stars und Awo bei Fördersummen spitze

Besonders nachhaltig ist die Förderung der Stadtwerke für einige wenige Vereine. Zwar bildet das Spektrum der Geldempfänger von der Kita über die Kirchen bis zum kleinen Kunstverein das breite Spektrum der Bochumer Vereins-, Schul- und Verbandslandschaft ab, trotzdem sind über die Jahre bestimmte Schwerpunkte entstanden.

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Sehr häufig auf der Empfängerliste stehen die Basketballer VfL-Astrostars, die seit Beginn insgesamt 236.000 Euro erhalten haben. Aber auch das Awo-Fanprojekt (194.999) und das Prinz-Regent-Theater (125.000) oder die MINT-Stiftung (125.000) wurden häufig und mit hohen Summen gefördert.

Freuen darf sich auch jedes Jahr der Kinder- und Jugendring. 5000 Euro gibt es für das Projekt Ferienpate. „Dieses Geld ist gut investiert, ermöglicht es doch Kindern aus finanziell schwächeren Familien eine Sommerfreizeit“, sagt Stadtwerke-Sprecher Kai Krischnak.