Bochum. . Für den Atrium-Talk kassierten illustre Gäste einst saftige Honorare. Als Peer Steinbrück sein Honorar offen legte, kam der Stein ins Rollen.

Glanz und Gloria umwehten den „Atriumtalk“ der Stadtwerke, ließen ab 2008 Prominenz von Weizsäcker bis Senta Berger am Ostring glänzen. In die Schlagzeilen indes geriet Bochum nicht wegen der Stars, sondern wegen eines Skandals: Die Atrium-Affäre markiert eines der dunkelsten Kapitel der Stadt und ihres Energieversorgers.

Am 11. November 2011 ist Peer Steinbrück zu Gast im Stadtwerke-Turm. Was niemand ahnt: Es wird der letzte Abend der Talkreihe sein. Denn wenig später wird bekannt: Entgegen der Darstellung der Stadtwerke hat der SPD-Politiker sein Honorar – stolze 25.000 Euro – nicht für einen wohltätigen Zweck gespendet. Ebenso wenig wie weitere illustre Gäste vor ihm.

Klaus Franz schwingt sich als CDU-Fraktionsvorsitzender und Aufsichtsrats-Vize zum Chefermittler auf.
Klaus Franz schwingt sich als CDU-Fraktionsvorsitzender und Aufsichtsrats-Vize zum Chefermittler auf.

2012 ist die Erklärungsnot massiv. Steinbrück, inzwischen zum SPD-Kanzlerkandidaten ausgerufen, sieht sich gezwungen, seine Nebenverdienste offenzulegen. Bei den Verantwortlichen in Bochum herrscht Weltuntergangsstimmung.

Mancher gerät wegen der hohen Honorare ins Zwielicht

Denn endlich schaut die Politik genauer hin, was die Stadtwerke in all den Jahren oft freihändig an PR-Geldern ausgeschüttet haben. Mancher gerät ins Zwielicht: Vorstand Bernd Wilmert ebenso wie sein (später versetzter) Pressesprecher; Sascha Hellen, der über den prestigeträchtigen „Atriumtalk“ hinaus Zehntausende Euro erhalten hatte, ebenso wie OB Ottilie Scholz (SPD) als Vorsitzende des Aufsichtsrates.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Eine „gewisse Großzügigkeit“ habe beim Sponsoring geherrscht, blickt Klaus Franz im WAZ-Gespräch zurück. Der CDU-Fraktionsvorsitzende und Aufsichtsrats-Vize schwingt sich in der Hochzeit der Affäre zum Chefermittler auf. Klar wird: Der Talk ist nur die Spitze des Eisbergs.

Die juristische Aufarbeitung dauert lange

Entsprechend lang dauert die juristische Aufbereitung, in die auch die Sparkasse verstrickt ist. Die Stadt und ihre Töchter distanzieren sich von Hellen (was der ihnen nie verziehen hat), Geldforderungen werden gegeneinander aufgerechnet, der „Steiger Award“ als weiteres Hellen-Highlight ist Bochumer Geschichte.

Auch interessant

Was bleibt? Angezählte Vorstände und Politiker, jedoch keine Rücktritte. Die jüngste Pleite der Hellen Medien GmbH. Und ein neues Sponsoringkonzept der Stadtwerke, das weitgehend auf Bürgerbeteiligung basiert. „Das Geld“, sagt Franz. „sitzt nicht mehr so locker. Vorgänge wie damals halte ich heute für unmöglich.“

>> Multimedia-Chronik: Bochum von 1948 bis 2018

Dieser Artikel ist Teil des Projektes „70 Jahre WAZ – 70 Jahre Bochum“. Unser Zeitstrahl Bochum70.waz.de bietet zu Nachrichten und Ereignissen, die für Bochum(er) zwischen 1948 und 2018 wichtig waren, historische Filmaufnahmen, Fotos und die alten WAZ-Zeitungsseiten zum Durchblättern. Auf dem Spezial können Sie auch eigene Bochumer Stadtgeschichten und Fotos hochladen. Das erste Jahresthema der Multimedia-Chronik: die Gründung der WAZ in Bochum im Jahr 1948.