Bochum. Über die Rolle des Ehrenamts in der Flüchtlingshilfe zerwirft sich Bochums Sozialausschuss. Der Schutz vor Menschenhändlern wird nun ausgebaut.
Die Debatte um die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe hat Bochums Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales erneut entzweit. Sozialdezernentin Britta Anger stellte in der Sitzung am Donnerstagnachmittag auch vor, wie die Stadt Ukrainerinnen besser schützen will – und wie die Organisation der Unterbringungen vorangeht.
Ukraine-Hilfe: Rolle der Ehrenamtlichen entzweit Bochums Lokalpolitik
Der Sozialausschuss nahm die Beschlussvorlage der Verwaltung zwar mehrheitlich an, allerdings enthielt sich die CDU-Fraktion bei der Abstimmung. Der Grund: Zuvor hatte der Ausschuss gegen einen Änderungsantrag der CDU gestimmt, der sich – ebenso wie die emotionale Debatte im Ausschuss – um die Rolle der Ehrenamtlichen am Bahnhof-Infopoint drehte. Diese nennen sich „Bochum Solidarisch“ und nehmen ankommende Geflüchtete gemeinsam mit der Bahnhofsmission in Empfang.
Einer der Ehrenamtlichen, Michael Niggemann, der als „Sachkundiger Bürger“ im Ausschuss saß, erklärte, die Ankommenssituation sei „vollkommen ungenügend“. „Mit ein paar Süßigkeiten ist es nicht getan“, so der Bochumer. Er richtete das Wort auch an Gabriele Schäfer (SPD): Ehrenamtliche seien keine „Diener, die Aufgaben übernehmen, die Verwaltung und Staat gerade nicht gewährleisten können“.
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Die SPD-Politikerin unterstrich, alle von der CDU geforderten Punkte, würde die Vorlage der Verwaltung nicht ausschließen. Sie fügte außerdem an: „Ich lasse mir nicht vorwerfen, ich hätte keinen Respekt vor dem Ehrenamt. Ich bin Teil des Ehrenamts dieser Stadt!“ Im Nachgang der Sitzung warf auch die Fraktion der Bochumer Linken der Ausschussmehrheit von SPD und den Grünen vor, sich „gegen ein passgenaue Unterstützung der Ehrenamtlichen von ,Bochum Solidarisch’“ zu sperren.
Menschenhändler: So will die Stadt Bochum Geflüchtete besser schützen
Vor dem Disput der Ausschussmitglieder betonte die Sozialdezernentin wie schon in der vorherigen Sitzung, dass auch Geflüchtete, die nachts am Bochumer Hauptbahnhof eintreffen, sicher und zuverlässig untergebracht werden – beispielsweise in Hotels. Bundespolizei und Feuerwehr hätten entsprechende Notfallnummern der Verantwortlichen, „dann kümmern wir uns um die Unterkunft“. Ab Freitag, 1. April, sei am dort außerdem ein mehrsprachiges Wegeleitsystem – auch mit Durchsagen – eingerichtet.
Die Dezernentin zeigte dem Ausschuss auch neu erstellte Info-Flyer und Plakate, die Ukrainerinnen vor Menschenhändlern und ihren Maschen warnen. In den Gemeinschaftsunterkünften wie am Harpener Feld seien zudem die Sicherheitsdienste sensibilisiert worden. Sie sollen künftig die Polizei rufen, wenn ihnen dort Unbekannte auffallen, die zweifelhafte Angebote machen – wie es neulich bei einer ominösen Sauna-Werbung der Fall gewesen sei.
Registrierte Geflüchtete in Bochum
Die Verwaltung weiß – Stand Dienstag – von mindestens 2047 Geflüchteten, die sich in Bochum aufhalten.
Darunter sind 812 ukrainische Kinder. 650 der Flüchtlinge sind männlich, 1397 weiblich.
Ein erheblicher Teil der Geflüchteten wurde bislang allerdings nicht erfasst, da viele bei Verwandten oder in anderen Privathaushalten untergekommen sind.
Die Verwaltung sei weiterhin dabei, unterschiedliche Unterkünfte zu prüfen. „Wir gehen davon aus, dass wir 1500 Plätze schaffen“, so Anger. Das solle den Bedarf der neu ankommenden Geflüchteten decken, sowie den derer, die nicht länger bei Bekannten unterkommen können. Sie betonte: „Das ist nur eine Schätzung, weil wir aktuell weder vom Bund noch vom Land valide Zahlen erhalten.“
Sozialdezernentin Anger erklärt: Das ist ein „Bochum-Bezug“ bei Geflüchteten
Laut Anger kommen täglich rund 100 Flüchtlinge in Bochum an, am Wochenende seien es 30 bis 50. „80 bis 90 Prozent davon gehen in die Landeserstaufnahmeeinrichtung.“ Am Mittwoch wurden dort 5432 ukrainische Flüchtlinge registriert.
Bei der Frage, ob ukrainische Geflüchtete in der Stadt bleiben können, spiele der „Bochum-Bezug“ eine Rolle. Anger konkretisierte dazu: Ein fester Studien- oder Arbeitsplatz in der Stadt oder nachweisbare Verwandte, Freunde oder ein Kontakt zu einem Bochumer Verein würden als „Bochum-Bezug“ gelten. Nicht aber allein der Wunsch, in Bochum zu studieren.
In drei Wochen könnten Schlafplätze im ehemaligen Helios-Krankenhaus zur Verfügung stehen. Für die Fläche Auf dem Esch würden Leichtmetallhallen und für die Fläche Auf der Heide eine Mischung aus Leichtmetallhallen und Container gekauft, „nicht nur für die jetzige Lage, sondern auch für künftige Situationen“, so Anger. Außerdem stünde sie im Kontakt mit dem Akademischen Förderungswerk, um in der Straße Sumperkamp ukrainische Geflüchtete unterbringen zu können.
Die Sozialdezernentin teilte zudem mit, die Stadt werde nun rund 100 ihr angebotene Wohnungen mittels eines „Standard-Mietvertrags“ anmieten, damit künftig dort Geflüchtete einziehen können. „Nach wie vor sind Wohnungen die beste Möglichkeit.“