Bochum. Eine Gesamtschule und fünf Bochumer Grundschulen haben einen sehr hohen Sozialindex erhalten. Die Bedeutung – und warum das auch Chance ist.
Unterricht in feuchten Kellerräumen, Vandalismus und Gewalt, die durch eine schlechte Schulhofsituation begünstigt werden: Die Probleme der Gesamtschule Bochum-Mitte sind vielschichtig. Das geht aus einer Anfrage der SPD für den Schulausschuss am Dienstag, 22. März, hervor. Auch die schlechteste Zuordnung unter allen weiterführenden Schulen in Bochum im Schulsozialindex zeigt: Der Bedarf der Gesamtschule, die erst vor vier Jahren eröffnet wurde, ist enorm.
Weiterführenden Schulen in Bochum: Großteil hat Schulsozialindex von eins bis drei
Auf einer Skala von eins bis neun werden alle Schulen in NRW dem Schulsozialindex zugeordnet. Das passiert anhand von vier Indikatoren: der Kinder- und Jugendarmut sowie dem Anteil der Schülerinnen und Schülern mit vorwiegend nichtdeutscher Familiensprache, die aus dem Ausland zugezogen und mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt.
Wofür gibt es den Schulsozialindex?
Der Schulsozialindex des Landes löst den bisherigen Kreissozialindex ab. Dieser wurde vom Land insbesondere zur besseren Steuerung von Lehrerstellen geschaffen.
Zum Schuljahr 2021/22 wurden den Schulen im Land rund 5300 Stellen unter Berücksichtigung des Schulsozialindexes zugewiesen, drei Jahre zuvor waren es nur gut die Hälfte.
Außerdem ist der Sozialindex maßgeblich für die Auswahl von Schulen zur Teilnahme an Förderprogrammen des Landes (z. B. Aufbau von Familiengrundschulzentren).
Die Gesamtschule Bochum-Mitte hat den Indexwert sechs erhalten, so die Landesregierung. Zum Vergleich: Daten des damaligen noch Kreissozialindex zeigen, dass 2018/19 beispielsweise nur sieben von 307 Gesamtschulen diesem Indexwert zugeordnet wurden, zwei erhielten demnach eine Sieben.
„Probleme der Gesamtschule Bochum-Mitte sind sehr vielschichtig“
„In Gesprächen mit der Schulleitung vor Ort wurde deutlich, dass die Probleme der Gesamtschule Bochum-Mitte sehr vielschichtig sind“, erklärt die SPD. Die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft stelle demnach für die Lehrerschaft eine große Herausforderung dar. Neben den feuchten Kellerräumen am Hauptstandort, die für den Unterricht vorgesehen seinen, fehle am Nebenstandort eine wichtige Verkabelung. Auf Anfrage der WAZ hat sich die Schulleitung nicht konkret zu den Problemen geäußert.
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Die Stadt Bochum arbeite nun daran, die Situation der Gesamtschule Bochum-Mitte zu verbessern, heißt es von der Verwaltung. „Zurzeit finden umfangreiche Abdichtungsmaßnahmen ringsum das Kellergeschoss des Gebäudes Feldsieperstraße 94 (Hauptstandort, Anm. d. Red.) statt.“ Nach Abschluss dieser Maßnahme würden die innenliegenden Kellerräume hergerichtet, zudem seien weitere Arbeiten geplant.
Drei andere weiterführende Schulen haben Sozialindex von vier oder fünf
Die übrigen weiterführenden Schulen in Bochum sind mit Ausnahme der Hans-Böckler-Realschule (Index 4), Liselotte-Rauner-Hauptschule (Index 5) und der Nelson-Mandela-Sekundarschule (Index 5) dem Schulsozialindex eins bis drei zugeordnet. Was nicht zu sehr verwundert: Alle Gymnasien haben einen Indexwert von eins oder zwei.
Claudia Aldibas-Könneke, Leiterin der Nelson-Mandela-Schule, verdeutlicht, dass es an ihrer Schule keine außergewöhnlichen Probleme mit Diebstahl, Vandalismus oder Gewalt gebe. Dass Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Ländern stammen – einer der Faktoren, die bei der Berechnung des Schulsozialindex berücksichtigt wird – sei ein Gewinn.
Sekundarschule wünscht sich mehr Sozialarbeiter
Probleme bereite es eher, dass viele Familien finanziell schlechter gestellt und oftmals bildungsferner seien. Da längst nicht alle Schülerinnen und Schüler zu Hause auf digitale Endgeräte zugreifen können, wünscht sie sich eine flächendeckende Ausstattung mit iPads. Aldibas-Könneke: „Dies wurde uns zwar vor längerer Zeit seitens des Schulverwaltungsamts angekündigt, ohne einen festen Umsetzungstermin genannt bekommen zu haben.“
Genauso notwendig seien unter anderem eine vollständige WLAN-Ausleuchtung, der seit Jahren geplante Anbau mit naturwissenschaftlichen Räumen, mit dem noch immer nicht begonnen wurde, und eine Vertretung für die Sozialarbeiterin, die aufgrund von Elternzeit noch ein weiteres Jahr fehlen wird. Generell verdeutlicht Aldibas-Könneke: „Wir brauchen dringend mehr Schulsozialarbeiter.“
Unklar, inwieweit Sozialindex in künftige Planung für Bochums Schulen einfließt
Der Wunsch nach mehr Unterstützung ist groß – aber nicht nur an den weiterführenden, auch an den Grundschulen, wo es ebenfalls erhebliche Unterschiede gibt: die Grundschulen an der Maarbrücke sowie die Arnold- und Hufelandschule schneiden mit dem Indexwert sieben ab, die Feldsieper Schule und die Gertrudisschule erhalten den Schulsozialindex sechs.
Wie sich das konkret bemerkbar macht, ist gar nicht so leicht zu beschreiben, verdeutlicht die Leitung einer der oben genannten Grundschulen: „Für uns ist dass Alltag“, heißt es im Gespräch mit unserer Redaktion. „Dadurch dass wir diesen Sozialindex haben, gibt es viele Unterstützungsprogramme“, bewertet die Schulleitung positiv.
Größtes Problem an Grundschulen ist der Lehrermangel
Das größte Problem sei definitiv der Lehrermangel. „Doch mehr Personal ist aktuell nicht verfügbar“, heißt es. Ein Aspekt, mit dem so gut wie alle Schulen in Bochum zu kämpfen haben. Gleichwohl betont die Schulleitung aber: „Die Stadt hat als Schulträger in den letzten Jahren sehr viel an unserer Schule investiert.“
Sie würde sich wünschen, den Sozialindex an der Schule zu verbessern. Noch wichtiger aber sei ein anderer Aspekt: „Unser Anspruch ist es, dass die Kinder eine gute Schulbildung bekommen.“
In einer früheren Version dieses Textes ist uns versehentlich ein Fehler unterlaufen. Wir hatten ursprünglich geschrieben, dass die Grundschule Auf dem Alten Kamp einen Schulsozialindex von sieben hat. Das ist falsch, die Schule wird dem Index vier zugeordnet. Wir bitten das zu entschuldigen.