Bochum. Im Prozess um den Bochumer Coronatest-Betreiber Medican kam heraus, dass der Chef eine Mitarbeiterin per Handy gefeuert hatte. Um 2.30 Uhr.

Die Kündigung kam per Handy mitten in der Nacht. Um 2.30 Uhr. Im Prozess gegen den damaligen Chef (48) des Bochumer Corona-Schnelltest-Betreibers Medican schilderte am Freitag eine 24-jährige Zeugin, wie der Hauptangeklagte (48) sie per WhatsApp gefeuert habe; sie brauche nicht mehr zu kommen. Das habe sie „nicht korrekt, nicht toll“ gefunden, sagte sie der 6. Wirtschaftsstrafkammer.

Die Steuerfachangestellte war im März 2021 für die Buchhaltung eingestellt worden, kümmerte sich aber vor allem um den Aufbau von Teststellen. Zu dieser Zeit brummte bereits das Geschäft mit den „Bürgertests“. Schon im Mai kam dann der WhatsApp-Rauswurf. Den Grund habe ihr nie jemand mitgeteilt, sagte die Zeugin. Im Umkreis des Chefs habe es nur geheißen, dass sie „zu viel geredet“ habe.

Zeugin: „Ein Kassenbuch gab es gar nicht“ bei Medican in Bochum

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Zuvor hatte sie dem damaligen Medican-Chef einmal auf ein Problem aufmerksam gemacht: „Ein Kassenbuch gab es gar nicht. Ich habe ihn darauf angesprochen, dass es aus steuerlichen Gründen nicht ganz ungefährlich sei, kein Kassenbuch zu führen.“

„Wie hat er darauf reagiert?“, fragte Richter Michael Rehaag. Antwort: „Weiß ich nicht mehr.“ Ob der Rauswurf wohl etwas mit dem Kassenbuch-Hinweis zu habe? „Könnte sein.“ Sicher war sie sich aber nicht. Im Raum stand kurzzeitig auch, ob sie geschäftliche Interna ausgeplaudert habe. Das verneinte sie.

Wegen Corina fielen bereits drei Prozesstage am Landgericht Bochum aus

Vieles liegt noch im Nebel in dem Prozess. Seit Juni sitzt der 48-Jährige in U-Haft. Die Hauptverhandlung dauert schon zweieinhalb Monate, weitere Sitzungen sind bis Juli terminiert. Aufgeklärt sind aber viele entscheidende Punkte noch nicht. Vor allem: ob Medican fast eine Million Tests zu viel bei der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet hatte. Laut Anklage beträgt der Betrugsschaden 25,1 Millionen Euro. Der 48-Jährige ist nicht geständig.

Sand ins Getriebe der Wahrheitssuche brachte auch Corona. Schon drei Prozesstage sind deshalb ausgefallen.

Verfahren gegen den Mitangeklagten (26) soll eingestellt werden

Immerhin könnte der Prozess bald ein wenig verschlankt werden. Der Verteidiger des zweiten Angeklagten (26), laut Anklage nur der formale, nicht der faktische Chef, regt an, dass das Verfahren gegen ihn eingestellt wird. In der Beweisaufnahme sei gegen ihn „nicht viel bei rumgekommen“. Das Gericht scheint gesprächsbereit.