Bochum. Die Traditionsfirma BVV in Bochum steckt in Nöten. Der Mehrheitsgesellschafter kündigt finanzielle Hilfe an. Die Sorge um den Standort bleibt.

Die Situation bei der Bochumer Verein Verkehrstechnik (BVV) GmbH bleibt weiterhin angespannt. „Es spitzt sich zu“, heißt es in der Belegschaft. Mehrheitsgesellschafter Richard Xuan hat in einem Schreiben an die 500-köpfige Belegschaft des Standorts Bochum angekündigt, der „drohende Liquiditätsengpass wird beseitigt. Die BVV-Gruppe wird von mir finanziell und auch sonst nach Kräften unterstützt.“

Gelder sollen angeblich nächste Woche fließen

Die Rede ist nach WAZ-Informationen von ausstehenden Zahlungen durch Kunden. Gelder, die dem Vernehmen nach angeblich in dieser Woche fließen sollten, werden nun Anfang nächster Woche erwartet. Der BVV soll demnach vor allem aus China noch Millionen-Zahlungen für gelieferte Eisenbahnräder und -radsätze erwarten.

Eine Auskunft der Geschäftsführung dazu war wie in den vergangenen Tagen auch am Donnerstag nicht zu erhalten. Volker Strehl, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Ruhrgebiet Mitte und Mitglied im BVV-Aufsichtsrat, verweist darauf, dass allein sie zur Lage des Unternehmens Aussagen tätigen könne.

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Fragen an den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung

Gemeinsam mit Hannes Debski, dem BVV-Betriebsratsvorsitzenden des Werks Bochum, und dem Betriebsratschef des Schwesterwerks in Brand-Erbisdorf (Sachsen) habe er einen Fragenkatalog an den Aufsichtsratsvorsitzenden und Chef des BVV-Eigners Full Hill Enterprises, Richard Xuan, gesendet. Dabei gehe es auch um die Frage, „wie es überhaupt so weit kommen konnte“. Von der Geschäftsführung werde erwartet, „dass der derzeitige Engpass behoben wird sowie der Standort und die Arbeitsplätze dauerhaft erhalten bleiben“, so Strehl.

Aus dem Schreiben des Mehrheitseigners an die Belegschaft geht hervor, dass BVV das Geschäftsjahr 2021 mit einem Minus von zwei Millionen Euro abschließe – trotz eines Umsatzes von 50 Millionen Euro allein in China. 2020 habe es noch ein Plus von drei Millionen Euro gegeben.

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Mehrheitseigner will BVV-Fabrik in China bauen

Das chinesische Eisenbahnunternehmen Huatie hatte nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr die Absicht, die BVV-Muttergesellschaft BVV Bahntechnik zu übernehmen. Der Huatie-Chef Xuan Ruiguo, laut Strehl identisch mit dem BVV-Eigner Richard Xuan, wird auf der Homepage des Unternehmens mit dem Satz zitiert: „Der wichtigste Punkt ist, dass wir die BVV-Fabrik in China bauen wollen, um eine starke Unterstützung für Chinas Hochgeschwindigkeits-Radsätze zu erreichen.“ Beim Kauf des BVV hatte es 2017 noch geheißen, Full Hill Enterprises habe kein Interesse, Know-how abzuziehen und nach China zu verlagern. „Es wird keinen Ausverkauf geben“, so Xuan damals.

BVV kann nicht alle Aufträge kostendeckend erledigen

Die Belegschaft in Bochum macht sich derweil Sorgen über die Zukunft des eigenen Standorts. Die Frage ist: Hat Bochum eine Chance auf dem Markt, wenn 2023 einfache Güterwagenräder und 2024 sogar Hochgeschwindigkeitsräder in China produziert werden sollten, wie es jetzt in Rede steht?

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2021 wurde ein Sanierungsprogramm namens „BVV 2025“ ausgearbeitet. Für das laufende Jahr wird gegenüber dem Vorjahr ein leichtes Umsatzplus erwartet, wie es in einem Info-Schreiben der damaligen Geschäftsführung vom Januar an die Belegschaft heißt. Allerdings bedeute dies nicht auch, dass das Finanzergebnis gut sei. Denn: „Häufig müssen wir Aufträge annehmen, die unsere Gesamtkosten nicht vollständig decken.“