Bochum. Der traditionsreiche Bahnzulieferer Bochumer Verein Verkehrstechnik steht offenbar unter Druck. Der chinesische Eigentümer wechselt den Chef aus.

Die traditionsreiche Bochumer Verein Verkehrstechnik (BVV) GmbH steckt offenbar in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Nach WAZ-Informationen fehlen dem Unternehmen Einnahmen im erheblichen Umfang, weil Kunden ihre Rechnungen nicht begleichen. Mehr als 500 festangestellte Beschäftigte und einige Dutzend Leiharbeiter am Stammsitz Bochum sowie gut 200 Mitarbeiter im Werk Ilsenburg (Sachsen-Anhalt) gehören zum Unternehmen.

Chinesen setzen Geschäftsführer vor die Tür

Sie haben am Donnerstag von einem Wechsel an der Spitze der Firma erfahren, die seit 2017 eine 100-prozentige Tochter des chinesischen Eisenbahnkonzerns Full Hill Enterprise Limited ist. Nach nur gut einem Jahr wurde Stefan Hölzl von seinen Aufgaben als Sprecher der Geschäftsführung (CEO) entbunden. In einer Mitteilung an die Belegschaft heißt es, in die Leitung der BVV trete Hölzls Vorgänger Karlheinz Springer ein. Er hatte in den vergangenen Monaten als Vertreter des Eigentümers fungiert.

Die Belegschaft bedauert offenbar die Personalentscheidung. „Die Stimmung nach dem Wechsel ist schlecht“, sagt Betriebsratsvorsitzender Hannes Debski. „Stefan Hölzl hatte ein gutes Standing. Er hat hier eine Aufbruchstimmung erzeugt.“

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Angeblich hohe offene Forderungen

Ob die Lage so prekär ist, wie es im Umfeld des Unternehmens heißt, will Hölzls Vorgänger nicht sagen. „Ich muss mir erst einmal ein Bild machen“, so Karlheinz Springer. Zu möglichen offenen Forderungen könne er sich nicht äußern, das wisse die Geschäftsführung. Der zuständige BVV-Geschäftsführer für die Finanzen war am Freitag nicht zu erreichen. Springer: „Klar ist, dass wir an der Wettbewerbsfähigkeit arbeiten müssen.“

Das war bereits in der Zeit unter seiner Leitung so. In der Belegschaft heißt es hinter vorgehaltener Hand, dass jahrelang notwendige Investitionen ausgeblieben seien. Full Hill hat das 180 Jahre alte Unternehmen, das vor allem als Produzent von Rädern für Hochgeschwindigkeitszüge bekannt ist, vor fünf Jahren von der Georgsmarienhütte Holding GmbH gekauft.

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Hunderte Räder warten in Duisburg auf ihren Transport

Die aktuelle schwierige Lage resultiert offenbar u.a. aus offenen Rechnungen für gelieferte Räder und Radsätze. Einige Hundert von ihnen sollen seit längerem im Duisburger Hafen liegen.

Vor allem Abnehmer aus China bleiben dem Vernehmen nach der BVV Geld schuldig. Karlheinz Springer räumt ein, dass die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Beschränkungen in China zu langen Lieferzeiten führen. Mitverantwortlich für die prekäre Lage sollen aber auch die stark gestiegenen Stahlpreise sein.

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Sanierungsprogramm ausgearbeitet

Aus gut unterrichteten Kreisen ist zu hören, dass bereits vor einigen Monaten ein Sanierungsprogramm mit dem Titel „BVV 2025“ ausgearbeitet wurde.

Hoffnung setzen Unternehmen und Belegschaft nicht zuletzt in die Prognosen. Das Eisenbahngeschäft gilt als Wachstumsmarkt.