Bochum. Seit 50 Jahren währt die Fan-Freundschaft zwischen dem VfL und Bayern München. Ein Bochumer erzählt, wie alles begann. Alte Fahne inklusive.

Der VfL und Bayern? Wir tief im Westen mit den Millionarios tief im Süden? Graue Maus vs. Glamour? Passt nicht. Geht gar nicht. Meinen nicht wenige Anhänger des VfL Bochum vor dem Heimspiel gegen München am Samstag (15.30 Uhr) und fremdeln gehörig mit der Fanfreundschaft zwischen Blau-Weiß und Rot-Weiß. Dabei gibt’s die Liaison seit bald 50 Jahren. Ralf „Lobo“ Wolf hat sie mit begründet.

25. November 1972. Mit Toren von Uli Hoeneß und Gerd Müller haben die Bayern einen 2:0-Auswärtssieg im Stadion an der Castroper Straße („Ruhrstadion“ wird es erst ab 1979 heißen) eingefahren. Ein Dutzend Bayern-Fans marschiert nach dem Abpfiff zum Hauptbahnhof. Einige gefrustete VfL-Fans (in Originalberichten wird der wundervolle Begriff „Haudraufs“ verwendet) suchen Streit. Es kommt zu einem Handgemenge.

„Bochumer Jungen“ bewahrten Bayern-Fans vor Prügeln

Es folgt: der edelmütige Auftritt der „Bochumer Jungen“. Mehrere Mitglieder des sechs Monate zuvor gegründeten ersten VfL-Fanclubs gehen dazwischen und schützen die Bayern. Im damaligen Vereinslokal am Schwanenmarkt wird die Rettung gemeinsam mit den Bajuwaren mit reichlich Bier begossen.

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Es wird ein denkwürdiger Abend. „Er war der Beginn der Fanfreundschaft zwischen dem VfL und den Bayern“, sagt Lobo Wolf. Er muss es wissen. Denn er war dabei.

VFLer marschierten 1973 mit Fahne durchs Olympiastadion

„Wir haben uns von Anfang an gut verstanden“, erzählt der Wattenscheider, der damals 21 ist. Lebhaft sind seine Erinnerungen an den 26. Mai 1973. Die Bayern-Fans haben ihre Bochumer Beschützer als Dank zum Rückspiel eingeladen. Lobo hat dafür eigens eine Fahne genäht. „VfL-Fanclub grüßt FC Bayern“, steht darauf. „Kurz vor dem Anpfiff durften wir damit auf der Tartanbahn eine Runde durchs Olympiastadion drehen. Es gab großen Applaus.“ Die anschließende 1:5-Klatsche (Tor für Bochum: Hans-Werner Hartl) tat nicht mehr ganz so weh.

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Die Fahne gibt’s bis heute. Die Freundschaft ebenso. Den „Bochumer Jungen“ folgten in den 80er Jahren mehr als 20 weitere VfL-Fanclubs, die enge Bande zu Partnervereinen in München unterhielten. „Wenn die Bayern bei uns spielten, gab’s immer ein großes Hallo. Alle Clubs holten ihre befreundeten Fans morgens am Hauptbahnhof ab. Man verbrachte den ganzen Tag zusammen. Das Gleiche passierte, wenn der VfL in München antrat“, berichtet Lobo.

Die Fan-Freundschaft lebt. Das zeigen die VfL-Bayern-Schals, die die Fanshop des Vfl Bochum angeboten werden.
Die Fan-Freundschaft lebt. Das zeigen die VfL-Bayern-Schals, die die Fanshop des Vfl Bochum angeboten werden. © VfL Bochum

Durch die Abstiege der Bochumer erhielt die Fan-Freundschaft Risse

Von einer „großen Freundschaft“, ähnlich der zwischen Schalke und Nürnberg, schwärmen altgediente Blau-Weiße. Erst in den 90er Jahren kam’s zum Knacks. Durch die Abstiege des VfL gerieten manche Kontakte ins Abseits. Die Vereine nahmen derart unterschiedliche Entwicklungen, dass manche VfL-Fans den als arrogant verschrienen „Bazis“ die kalte Schulter zeigten.

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„Es gab immer wieder mal Kritik, dass eine Fan-Freundschaft mit Bayern München eigentlich nicht zu einem Verein wie unserem VfL Bochum passe“, bestätigt der langjährige Fanbeauftragte Dirk „Moppel“ Michalowski, weiß aber auch: „Viele Fans untereinander sehen das ganz anders, viel lockerer.“

Die Verbindungen von einst halten bis heute

So auch Lobo Wolf. Eine Menge Bayern-Fans hätten dem VfL auch in den langen Zweitliga-Jahren die Treue gehalten und die Mannschaft bei Auswärtsspielen in Nürnberg oder Fürth angefeuert. „In unserem Fanclub lebt die Freundschaft bis heute fort. Es gibt noch zahlreiche enge Verbindungen. Wenn’s die Zuschauer-Beschränkungen nicht gäbe, würden wir alle an diesem Wochenende feuchtfröhlich feiern“, so Wolf.

VfL-Fans gibt’s auch in Bayern

Bayern-Fans gibt’s in Bochum reichlich, organisiert u.a. im Fanclub „Ruhrpott-Bazis“.

Aber es funktioniert auch in der Gegenrichtung.„BAvaria BOchum“ heißt der offiziell erste VfL-Fanclub in München: im vergangenen Jahr gegründet vom gebürtigen Weitmarer Alexander Lüdinger (35), der seit 2015 als Jurist in München lebt und arbeitet.

Zwei Mitglieder haben Dauerkarten fürs Ruhrstadion und reisen so oft wie möglich zu den VfL-Spielen an: hin und zurück mehr als 1200 Kilometer.

Auch Moppel freut sich, dass wahre Fußball-Freundschaft grenzenlos ist. „In unserem Fanshop gibt es blau-rote Schals mit den Farben des VfL und der Bayern. Das zeigt, dass die Fanfreundschaft noch immer lebt.“

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