Bochum. „Steht auf für den VfL!“ Selten, womöglich noch nie war die Fußball-Begeisterung in Bochum so groß. Drei blau-weiße Urgesteine wissen, warum.
Block A, Reihe 18, Platz 30. Seit 30 Jahren fiebert Ralf „Lobo“ Wolf auf seinem Stammplatz mit dem VfL Bochum mit. Schon vor dem Kauf der ersten Dauerkarte hatte er 20 Jahre lang kaum ein Spiel an der Castroper Straße verpasst. So zurückhaltend und besonnen der 69-Jährige ist: Bei der Bewertung der aktuellen Stimmung im Vonovia Ruhrstadion greift Wolf in die oberste Schublade. „So eine Begeisterung wie jetzt war noch nie da!“ Neuerdings sogar mit Maske.
Lobo Wolf ist Mitgründer und Vorsitzender der „Bochumer Jungen“, des mit bald 50 Jahren dienstältesten Fanclubs des VfL. Es will etwas heißen, wenn einer wie er fast ungläubig staunt, was bei den Heimspielen im Schmuckkästchen abgeht. „Dass die Ostkurve und wir in Block A immer alles geben, ist normal. Aber dass auch die Haupttribüne steht, wippt und permanent anfeuert, war vorher undenkbar.“
„Steht auf für den VfL“ – und diesmal erheben sich alle
Radio-Bochum-Reporter Günther Pohl, auch er ein VfL-Urgestein, bestätigt die Einschätzung von „Lobo“: „So viel Freude wie in den vergangenen Wochen hat der VfL seit Jahrzehnten nicht mehr gemacht.“ Laut, richtig laut, sei es im Stadion. „Steht auf für den VfL!“, skandiert die Ostkurve. Und diesmal erheben sich tatsächlich alle.
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Aufritt für einen dritten Für-immer-und-ewig-Blauweißen. Dirk Michalowski, den alle nur „Moppel“ nennen, ist seit 1997 Fanbetreuer des VfL Bochum. Auch seine Expertise: erstklassig. „Ich bin sehr angetan von dem, was da passiert. Eine solche Stimmung habe ich seit vielen Jahren nicht mehr erlebt“, konstatiert Moppel. „Sie ist ähnlich, nein: besser als zuletzt in der Saison 2003/04, als wir uns für den UEFA-Cup qualifizieren konnten.“
Fan-Begeisterung wird auch in anderen Bundesliga-Städten gelobt
Die schon in der Aufstiegssaison 20/21 entfachte neue Begeisterung für die einst Unabsteigbaren spiegele sich auch in den Rückmeldungen der Fanclubs wider, beobachtet Moppel. Einhellige Meinung: „Es macht riesigen Spaß, ins Stadion zu gehen, trotz der aktuell widrigen Umstände“. Womit die Maskenpflicht auch am Platz und die Zuschauerbeschränkungen gemeint sind. Nur gut die Hälfte des Stadions darf derzeit wegen Corona gefüllt werden.
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Umso bemerkenswerter, was die Kulisse macht – und ausmacht. „Auch Fanbeauftragte anderer Vereine schwärmen von der Atmosphäre bei uns in Bochum“, schildert Michalowski. „Und bei Auswärtsspielen des VfL heißt es anschließend in den sozialen Medien, wie großartig unsere Fans waren.“
„Bochumer Jungen“ feiern 2022 Jubiläum
Ralf „Lobo“ Wolf kann 2022 ein außergewöhnliches Jubiläum feiern: Seine „Bochumer Jungen“ blicken als ältester VfL-Fanclub auf das 50-jährige Bestehen zurück.
Im Mai 1972, ein Jahr nach dem Aufstieg in die Bundesliga, hatte sich der Fanclub formiert. 25 Sportkameraden waren die Gründungsmitglieder. Darunter ein gewisser Günther Pohl, der dem VfL bis heute als Radio-Bochum-Reporter verbunden ist.
Behauptet sich das Reis-Team weiterhin so stark in Liga 1, könnte der größte Wunsch zum runden Geburtstag in Erfüllung gehen: Klassenerhalt!
Tolle Stimmung im Stadion beflügelt auch die Spieler
Auch die Spieler betonen in Interviews immer wieder, wie sehr sie von der Stimmung im Stadion beflügelt werden. Mehr denn je zeige sich: „Unsere Fans sind der zwölfte Mann.“ Verausgaben sich wie die Profis unten auf dem Rasen. Peitschen ihren Club nach vorn. Tragen dazu bei, scheinbar übermächtige Gegner in die Knie zu zwingen oder ihnen (hallo, BVB!) einen Punkt abzutrotzen. Frag’ nach bei Konstantinos Stafylidis, der vor dem VfL in der Bundesliga schon für Leverkusen, Augsburg und Hoffenheim gekickt hat. Er sagt: „So etwas wie in Bochum habe ich noch nicht erlebt.“
Für den Verein, die Fans und die ganze Stadt darf es gerne so weitergehen. Die Niederlage am Dienstag in Bielefeld werde keinesfalls für einen Knacks sorgen, glaubt der „Bochumer Junge“ Ralf Wolf. „Das Spiel gegen Dortmund hat unglaublich viel Kraft gekostet. Das hat man den Jungs auf der Alm angemerkt. Das wird am Samstag gegen Union Berlin wieder anders sein.“
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Klar, dass „Lobo“ wieder dabei sein wird. Block A, Reihe 18, Platz 30. Nur damit es jeder weiß.