Bochum. Noch einmal den VfL im Ruhrstadion sehen: Das war der innige Wunsch eines todkranken Ex-Bochumers. Er ging in Erfüllung. Und das beim Derby.

„Nicht mehr lange, dann werde ich gehen müssen – als zufriedener Mensch“, sagt Jürgen Krahn. Der 74-Jährige ist unheilbar krank. Zum Jahreswechsel blickt er auf einen unvergesslichen Tag zurück. Noch einmal konnte er ins Bochumer Ruhrstadion zurückkehren. Und das zum Revier-Derby.

Bochum, das war ab 1974 die neue Heimat von Jürgen Krahn. Die Bundesrepublik hatte ihn als politischen Häftling in der DDR freigekauft. „Die Menschen im Ruhrgebiet gaben mir vorbehaltlos alle Chancen“, sagt der Schuhmachermeister, der zunächst eine Deichmann-Filiale auf der Massenbergstraße leitete und sich in den 80er Jahren mit einer Werkstatt im Uni-Center selbstständig machte.

Ehefrau starb im November – Mann zog wieder aus dem Hospiz aus

Damals erwachte die Liebe zum VfL – und hielt auch, als er nach der Wende erst in seiner Geburtsstadt Magdeburg, dann in Leverkusen Fuß fasste. Bochum blieb ein Ankerpunkt. „Für das Institut für Deutschlandforschung an der Ruhr-Universität bin ich bis heute als Zeitzeuge tätig und halte Vorträge in Schulklassen“, erzählt Krahn.

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Vor knapp zwei Jahren erkrankte der Rentner schwer. Mit seiner Frau zog er nach Dülmen, wo die Tochter als Altenpflegerin arbeitet. Was niemand ahnte: Auch bei seiner Frau, mit der er 54 Jahre verheiratet war, wurde wenig später Krebs diagnostiziert. Gemeinsam zog das Ehepaar in ein Hospiz. Seine Frau starb im November. Jürgen Krahn zog wieder in eine normale Wohnung. Nach wie vor todkrank. Aber mit dem festen Willen, die wohl letzten Monate seines Lebens mehr zu tun, als aufs Sterben zu warten.

Private Kontakte zu Hasenkamp machten den Traum wahr

In Dülmen wird Krahn von einem Palliativnetz betreut. Das hat sich zur Aufgabe gemacht, letzte Wünsche seiner Patienten zu erfüllen. Jürgen Krahn berichtete von seinem Traum, so wie früher mit seinem Sohn ein Bundesligaspiel des VfL Bochum besuchen zu dürfen. Zuletzt war er vor weit über 20 Jahren an der Castroper Straße.

Und jetzt kommt der Zufall ins Spiel.

Eine Palliativ-Mitarbeiterin kennt privat André Kuntjoro, Marketingleiter des Bochumer Sanitär- und Heizungsunternehmens Hasenkamp. Das ist als „Top-Partner“ einer der Hauptsponsoren des VfL. Kuntjoro knüpfte den Kontakt zur Vereinsführung. Die stellte kurzfristig drei Karten zur Verfügung. Nicht für irgendein Spiel, sondern für das seit elf Jahren herbeigesehnte Derby gegen Borussia Dortmund. Nicht für irgendeinen Platz, sondern als VIP-Besucher auf der Haupttribüne.

Unvergessliche Momente mit Sohn und Enkel im Ruhrstadion

Am 11. Dezember war es so weit. Jürgen Krahn konnte mit seinem Sohn René (52) und Enkel Louis (20) die spannungsgeladenen 90 Minuten im „Schmuckkästchen“ genießen. „Ein besseres Spiel hätte man sich nicht aussuchen können“, schwärmt der dreifache Vater und vierfache Opa und freut sich riesig, dass der VfL dem großen BVB einen Punkt abtrotzte.

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An der Kampfkraft und am Siegeswillen der Blau-Weißen kann sich womöglich auch Jürgen Krahn aufrichten. Ganz Bochum wünscht es ihm.