Bochum. Julian Brandt bewahrt Borussia Dortmund beim Spiel gegen den VfL vor einer Niederlage. BVB dominant, Bochum mit viel Leidenschaft.

Julian Brandt hat Borussia Dortmund im Derby beim VfL Bochum einen Punkt gerettet. Der eingewechselte Offensivspieler des VfL erzielte fünf Minuten vor Schluss das 1:1 für den dominanten BVB, der in der zweiten Hälfte zahlreiche Chancen ausgelassen hatte. Sebastian Polter hatte den leidenschaftlich verteidigenden Aufsteiger nach 39 Minuten mit 1:0 per Strafstoß in Führung gebracht. Nach dem für den VfL erlösenden Schlusspfiff feierte das Ruhrstadion den Bochumer Punkt wie einen Sieg.

VfL-Trainer Thomas Reis brachte im Vergleich zum 3:2 in Augsburg vier Neue in der Startelf. Für Michael Esser kehrte Manuel Riemann ins Tor zurück, Maxim Leitsch gab sein Startelf-Comeback, der Innenverteidiger verdrängte Vasilios Lampropoulos. Zudem musste Reis auf Eduard Löwen (Corona) und Takuma Asano verzichten. Für sie begannen Milos Pantovic im Mittelfeld und Christopher Antwi-Adjei auf dem Flügel.

Haaland beim BVB in der Startelf

Bei Borussia Dortmund stand Erling Haaland nach seinem Teileinsatz in der Champions League wieder in der Startformation. Julian Brandt saß nach seiner Gehirnerschütterung im Bayern-Spiel zunächst auf der Bank. Stürmer Donyell Malen indes fiel aus. Im Vergleich zum Champions-League-Spiel rotierte neben Haaland Emre Can in die Anfangsformation. Can übernahm den Posten von Axel Witsel im defensiven Mittelfeldzentrum.

Würdige Derby-Atmosphäre in Bochum

13.800 Fans, darunter knapp 700 aus Dortmund, sorgten trotz der leeren Stehplatz-Ostkurve von Beginn an für eine würdige Derby-Atmosphäre. Die meisten hielten sich augenscheinlich an die gebotene Maskenpflicht am Sitzplatz. Aber eben nicht alle, auch im Gästeblock nicht. Die Unbelehrbaren wurden vom Stadionsprecher immer wieder daran erinnert – auch mit Blick auf eine mögliche Reduzierung der Zuschauerkapazität bei kommenden Heimspielen.

Während auf den Rängen Blau-Weiß den Ton angab im Ruhrstadion, mühte sich auf dem Rasen Schwarz-Gelb gleich darum, seiner Favoritenrolle gerecht zu werden, kam zu drei Ecken in den ersten vier Minuten. Bochum attackierte aber durchaus mutig, schmiss sich in die Zweikämpfe. Polter, Holtmann, der erneut über die rechte Seite angriff, und der auffällige, tempogeladene Antwi-Adjei machten Druck auf Zagadou, Hummels und Co. Mehr als zwei Schüsse von Antwi-Adjei von halbrechts und aus der Drehung sprangen aber bei den VfL-Angriffsbemühungen zunächst nicht heraus.

Dortmund dominierte, Bochum verteidigte leidenschaftlich – und darf sich Fehler gegen das starke Umschaltspiel des BVB eigentlich gar nicht leisten. Wie Konstantinos Stafylidis in Minute 16. Seinen Fehlpass leitete Haaland weiter zu Jude Bellingham. Das Multi-Talent aber scheiterte frei vor Riemann, der den Ball über die Latte pariertre. Kurz darauf traf Marco Reus den abgeprallten nicht richtig, ehe Bellingham Danilo Soares scheinbar leichtfüßig abschüttelte. Sein Zucker-Steckpass erreichte Haaland, dessen schwachen Schuss Riemann festhielt (27.).

Dortmund agiert zu pomadig

Die Partie beruhigte sich. Dortmund agierte zu pomadig, ohne den letzten Biss und zwingenden Zug, kam nicht richtig ins vom VfL gefürchtete Schnellpass-Spiel – und Bochum zeigte, dass es nicht nur kämpfen, sondern auch blitzschnell umschalten kann. Elvis Rexhbecaj schickte den wieder einmal enteilten Antwi-Adjei. Torwart Gregor Kobel eilte heraus, Antwi-Adjei zog vorbei, Kobel erwischte ihn am Fuß – klarer Elfmeter. Sebastian Polter schob den Ball cool unten rechts ein, 39. Minute. 1:0 Bochum dank Polters sechstem Saisontreffer und seinem Vierten im dritten Spiel in Folge. „Die Nummer eins im Pott sind wir hier“, hallte es durchs Ruhrstadion, als Polter Richtung Westkurve lief. VfL-Coach Reis feierte den Treffer in seiner Coaching Zone mit Händen in den Taschen und ohne erkennbaren Gefühlsausbruch als stiller Genießer.

Dortmund kam, wie Bochum, unverändert aus der Kabine – und übte sich im Dauerdruck und im Vergeben bester Gelegenheiten im Minutentakt. Leitsch klärte auf der Linie den Schulz-Schuss, Masovic klärte nach erster Rettungstat Riemanns gegen Reus‘ Schuss auf der Linie per Kopf vor Haaland. Der Norweger zeigte irdisches Abschluss-Verhalten und schoss vom Strafraumrand drüber, kurz darauf blockte Masovic einen Bellingham-Versuch und köpfte Zagadou über die Latte – der Fußball-Gott trug offenbar blau und weiß in diesen wilden Minuten.

Und dann belohnte sich die Borussia für ihren Ausgleichswillen gegen die schwimmende, aber immer wieder mit letzter Kraft blockende VfL-Abwehr. Wolf netzte aus dem Strafraumzentrum ein. 1:1, 54. Minute. Dachten alle zunächst. Doch der Kölner Keller griff ein. Schiedsrichter Mattias Jöllenbeck eilte zum Videocheck, gab den ihn störenden Schulz Gelb und später Mats Hummels Gelb wegen Meckerns – und den Treffer eben nicht. Bellingham stand bei Wolfs Schuss im Abseits, Jöllenbeck wertete dies wohl als unerlaubte Irritation von Torwart Riemann.

Dortmund drückte unbeirrt weiter, der erwähnte Fußball-Gott blieb Bochumer. Danilo Soares klärte, zum Dritten, auf der Linie, diesmal schaffte es der durchaus stramme Schuss von Reus nicht bis hinter die Tor-Linie (63.).

VfL-Coach Reis wechselte: Silvere Ganvoula ersetzte Polter, der defensivstärkere Bockhorn Holtmann. Der BVB, der ja ohne den gesperrten Chefcoach Marco Rose auskommen musste, brachte mit Thorgen Hazard und Julian Brandt frische Offensivkräfte für Wolf und Dahoud. Entlastung Bochum? Kaum vorhanden, Kobel musste sich selbst irgendwie selbst warmhalten.

Die Partie spielte sich weiter fast nur in der VfL-Hälfte ab, wo sich der David, wie Reis vorab gesagt hatte, stemmte gegen den Goliath und zumindest nicht mehr die ganz großen Gelegenheiten zuließ wie direkt nach der Pause.

Bis zur 85. Minute: Haaland setzte sich durch, flankte präzise auf den langen Pfosten über Soares hinweg, wo Brandt aus kurzer Distanz volley einnetzte. 1:1, der hochverdiente Ausgleich.

Dortmund wollte mehr, natürlich. Masovic, der Block-Meister, ließ Haalands Schuss an seinem Körper abprallen, Leitsch und Co. bekamen immer wieder ein Bein dazwischen, Rienmann flückte sich die halbgaren Flanken und sorgten dafür, dass Bochum mit einem Punkt gegen den BVB zufrieden dem dritten Advent entgegen sehen kann. Das Ruhrstadion jedenfalls feierte den Punkt nach dem erlösenden Abpfiff wie einen Sieg. Für Dortmund war das Remis viel zu wenig.

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