Bochum. Landesweit schließen immer mehr Spielzeuggeschäfte. In Bochum halten drei Traditionsbetriebe durch. Sie trotzen dem Onlinehandel.
In der Bochumer Innenstadt halten die Spielzeugläden die Ohren steif. Landesweit sieht es für den lokalen Einzelhandel mit Spielwaren nicht rosig aus – der Online-Handel boomt.
Laut Mitteilung des Statistischen Landesamts sei zwischen 2016 und 2021 die Anzahl der Spielzeuggeschäfte in NRW um 20 Prozent gesunken. Aber während in anderen Innenstädten der klassische Spielzeughandel zunehmend ausstirbt, bietet Bochum mit Spielzeug-Paradies Wagner und Brummbär zwei inhabergeführte Geschäfte mitten in der Stadt. An der Herner Straße wartet zusätzlich Irmela Umbach-Schamell mit Spielzeug und Kostümen auf.
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Online-Konkurrenz seit 2005
Insgesamt waren 2016 im NRW-Unternehmensregister 21 Einzelhändler mit Spielwaren in Bochum gemeldet, 2020 waren es immerhin noch 20. In Essen sank die Anzahl im selben Zeitraum stärker von 38 auf 32, in Dortmund von 25 auf 16.
Doch der Online-Handel setzt auch den Bochumer Spielzeughändlern zu. „Es fing 2005 an, dass es rapide bergab ging“, sagt Tobias Wagner, Inhaber des Spielzeug-Paradieses. Gerade teure Spielzeuge kauften die Menschen heute oft online und allenfalls das Zubehör im lokalen Einzelhandel.
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Kein Online-Handel und kein Computer
Sein Geschäft mache 95 Prozent des Umsatzes im Laden. Online laufe nur nebenbei, so Wagner. Gemeinsam mit seiner Schwester und seinen Eltern hält der 40-Jährige an dem Familienbetrieb fest. „Wir sind da reingeboren und möchten nichts anderes machen. Aber wir können es nur noch halten, weil das Geschäft familiengeführt ist. In gewisser Weise empfinden wir eine Verpflichtung gegenüber den Kindern. Sie sollen dieses Erlebnis in einem traditionellen Spielzeugladen weiterhin haben“, so Wagner.
Adresse für Kostüme
Einzelhändlerin Irmela Umbach-Schamell lässt sich durch das Online-Geschäft nicht von ihrem Kerngeschäft ablenken. „Die Leute lassen sich noch immer gerne beraten und fragen, was für welches Alter passt“, sagt sie. Verschwunden sei in der City nur der „Spiele Max“ im Untergeschoss des Kortum-Hauses. „Der war auf einmal sang- und klanglos weg“, so die 75-jährige Geschäftsfrau, die weder online verkauft noch im Laden einen Computer benötigt.
Inhabergeführte Spielwarengeschäfte mit Tradition
1951 – Der Vater von Irmela Umbach-Schamell gründete sein Geschäft als Spielwaren- und Seifenhaus. Heute ist der Spielzeugladen auch für seine große Kostümauswahl stadtweit bekannt.
1983 – Das Ehepaar Wagner gründete sein traditionelles Spielzeuggeschäft in der ehemaligen Eingangshalle des Kinos Prisma in Bochum-Hamme. Eine Besonderheit ist aktuell eine Auswahl christlicher Geschenke.
1991 – Der Brummbär von Matthias Martens an der Brückstraße hatte zunächst ein 100 Quadratmeter großes Ladenlokal. Mittlerweile umfasst das Geschäft 600 Quadratmeter und betreibt eine zusätzliche Filiale mit einer kleinen Auswahl Kindermöbel.
Sie komme zurecht, obschon es in der Pandemie anhaltend ruhiger geworden sei. „Wir haben viele Stammkunden, die in der dritten oder vierten Generation zu uns kommen. Und wir verkaufen ganzjährig Kostüme“, sagt sie.
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Brummbär verzichtet auf große Produzenten
Was bei Umbach-Schamell der Kostümverkauf ist, ist bei
Brummbär ein ausgewähltes Nebensortiment: Schmuck, Schals, Dekorationsartikel. Besonders junge Mütter fühlten sich vom Flair des Ladens und durch das Zusatzangebot angesprochen, so Inhaber Matthias Martens. Das besondere Konzept und der bewusste Verzicht auf große Produzenten wie Lego und Playmobil sind sein Erfolgsrezept.
Doch auch für den Brummbär ist der Online-Handel ein Problem geworden. Darum ist Martens 2017 auf der Plattform der Bochumer Originale in den Internetverkauf eingestiegen. Während vor der Pandemie viele Online-Kunden nicht aus Bochum kamen, stammten im Lockdown 80 Prozent der Online-Bestellungen aus der Stadt. „Die Kunden wollten uns unterstützen, das war toll“, so der 58-Jährige. Dennoch liegt auch im Brummbär das Kerngeschäft weiterhin im Laden und nicht im Internet.