Bochum-Gerthe/Hiltrop. In gemeinsamer Sitzung stimmten drei Gremien für den Architektenentwurf mit 400 Wohnungen. Kundgebung vor der Jahrhunderthalle Bochum.

Nach einer sachlichen Debatte nahm die Rahmenplanung für das künftige Neubaugebiet „Gerthe-West“ am Donnerstag einer wichtige politische Hürde. In gemeinsamer Sitzung entschied sich die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Ausschüsse für Strukturentwicklung und Planung sowie der Bezirksvertretung Nord für den Entwurf des Büros RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten (RMPSL.LA). Somit kann die weitere Planung beginnen.

Bochumer Experten geben Empfehlungen ab

Das Köln-Bonner Büro sieht drei Bebauungsgebiete mit 378 Wohnungen und 280 Parkplätzen vor. Prof. Kunibert Wachten ist Vorsitzender des Begleitgremiums. Auch dessen Mitglieder hatten sich für diese aus drei eingereichten Arbeiten entschieden. Die Vorteile des RMPSL-Entwurfs: „Es bleiben mehr Bäume erhalten, die Planung sieht eine ausgewogene Bebauung und gut ausgeprägte Grünbereiche vor.“ Das Gremium gab den Planern aber auch Verbesserungsvorschläge mit auf den Weg, wie etwa die zu hohe Zahl der Wege. In der Planung sollen die Relikte des Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlagers an der Dreihügelstraße Berücksichtigung finden, das Bauvorhaben soll noch enger verzahnt werden mit dem Schulzentrum über den Castroper Hellweg hinweg.

Aufregung vor der Sitzung

Aufregung vor Beginn der gemeinsamen Sitzung in der Jahrhunderthalle: Zum Einlass war 2G plus erforderlich, doch kaum jemand war im Vorfeld informiert worden. Die Wogen glätteten sich, als vor Ort Schnelltests gemacht werden konnten. Laut Planung sollen die ersten Baumaßnahmen und die Vermarktung der Grundstücke ab dem 3. Quartal 2024 beginnen. Dazu gehört u.a. auch die Verlagerung des bestehenden und vom BV Hiltrop genutzten Sportplatzes „Am Hillerberg“ zum Ersatzstandort an die Sodinger Straße.

Ulrike Hohendorff, Mitglied der Bürgerinitiative „Gerthe-West - so nicht!“ und bei „Pro Gerthe“, gehörte auch dem Gremium an. „Es ist ein tragbarer Kompromiss für alle. Aber die Angst vor ausufernder Verkehrsbelastung im Bochumer Norden bleibt.“ Offen seien auch Fragen zum Klimaschutz und zum Freiflächenverbrauch. In der Hoffnung auch auf weitere Bürgerbeteiligung sagte sie: „Wir als künftige Nachbarn wollen weiter mitreden.“

Kundgebung mit Plakaten vor der Jahrhunderthalle

Vor Beginn der Sitzung hatte die Bürgerinitiative „Gerthe-West - so nicht!“ mit Plakaten noch einmal auf ihre Bedenken gegen die Auswirkungen des Wohnbauprojekts hingewiesen. Sabine Schoening: „Wir sind froh, dass unsere Kritik aufgenommen wurde. Der Knackpunkt bleibt der Verkehr. Eine Zunahme durch die Großküche der katholischen Kliniken, durch Ecosoil, die Pflegeschule im ehemaligen Maria-Hilf-Krankenhaus und eben Gerthe-West wird zum Kollaps führen.“ Um eine Ablehnung des Bauprojektes gehe es indes längst nicht mehr.

Allein die CDU-Fraktion sprach sich in allen drei Gremien gegen den Entwurf des Büros Stephan Lenzen aus. Roland Mitschke: „Wir sind nicht gegen die Wohnbebauung. Aber der vorliegende Entwurf sollte nicht die Grundlage eines Planverfahrens sein.“ Er kritisierte u.a. die geplante Quartiersgarage: „Wir sind für wohnungsnahe Stellplätze.“ Auch sei ihm der Anteil an Eigentum bei den Wohnungen zu gering. Die CDU bevorzuge das Konzept einer aufgelockerten Gartenstadt. Der Änderungsantrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Mehr Sozialwohnungen gefordert

Die Linke forderte, die Hälfte der geplanten Wohnungen als Sozialwohnungen auszuweisen und das Erbbaurecht zu bevorzugen; das fand ebenso wenig Zustimmung in den Gremien wie der Antrag der FDP, das neue Viertel mit innovativer Energie zu versorgen und Verkehrslösungen insbesondere für die Einfahrt zur Gerther City zu finden.

In gemeinsamem Antrag regten SPD, Grüne, FDP und Freie Bürger im Bezirk Nord an, die Eckpunkte des Verkehrskonzeptes Bochum-Nord konsequent umzusetzen, um vor allem auch den Schwerlastverkehr zu reduzieren. Christian Schnaubelt (Grüne): „Dazu gehört auch der zweigleisige Ausbau der Straßenbahn 308/318 bis Cöppencastrop und eine Lösung der Parkprobleme in den Wohnvierteln.“ Lob gab es für den Lenzen-Entwurf wegen der geringen Versiegelung, des Erhalts der Landschaftsschutzgebiete und der „Wildnis für Kinder“ und wegen der Anzahl der Wohneinheiten.