Bochum. Eine 28-jährige Bochumerin steht wegen massenhaft illegal aufgespritzter Lippen erneut vor Gericht. Dem ehemaligen Instagram-Star droht Haft.
Zweieinhalb Jahre nach ihrer Verhaftung steht die Bochumerin (28), die die Lippen von rund 2000 Kundinnen und Kunden illegal aufgespritzt und damit ein Vermögen verdient hatte, seit Donnerstag erneut vor dem Landgericht. Es geht weiterhin um die Höhe ihrer zu erwartenden Gefängnisstrafe. Die Angeklagte geht volles Risiko.
Schönheit, Erfolg, Ruhm, Eitelkeit und richtig viel Geld verdienen: Das waren jahrelang ganz wichtige Themen im Leben der Angeklagten. Sie spritzte mit Hyaluronsäure, die sie im Internet besorgte, die Lippen, Kinne und Nasen von Kundinnen und Kunden aus ganz Deutschland auf. Im Schnitt rund 300 Euro kostete ein Behandlung, die in einer Wohnung in Bochum-Laer sowie in Hotelzimmern in Großstädten stattfand.
Gericht. „Sie war ein Star im Internet und hatte die Bodenhaftung verloren“
Ihr Schönheitshandwerk bewarb sie über ihr Profil bei der Internetplattform Instagram, wo sie die sagenhafte Anzahl von 100.000 Followern hatte. Zu ihren Kundinnen zählten Influencerinnen und Blogger, was die Werbekraft noch steigerte. „Sie war ein Star im Internet und hatte die Bodenhaftung verloren“, hieß es im Urteil der 2. Wirtschaftsstrafkammer vor knapp zwei Jahren.
Damals war sie wegen gefährlicher Körperletzung, Betruges und Steuerhinterziehung zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden. Denn sie war keine examinierte Heilpraktikerin. Das hätte sie aber mindestens sein müssen, um Lippen aufzuspritzen.
Betriebsverbot des Bochumer Gesundheitsamts schlug die Täterin in den Wind
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Trotzdem tat sie es und das ging in mindestens 33 Fällen schief: Die jungen Patientinnen und Patienten erlitten Schwellungen, Blutergüsse, Knubbel oder Verhärtungen. Es kam vor, dass Lippen durchstochen wurden oder die Nadel ins Zahnfleisch drang. Die Opfer hatten starke Schmerzen.
Als ihr das Gesundheitsamt 2017 den Betrieb untersagte, machte sie einfach weiter. Außerdem kassierte sie ihre Einnahmen – 846.000 Euro – komplett schwarz. Brutto war gleich netto. Ihr Lebensstil war aufwendig.
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil später wegen kleiner Rechtsfehler teilweise auf, so dass eine andere Strafkammer (die 12.) jetzt ein neues Strafmaß festsetzen muss. Der Schuldspruch an sich ist rechtskräftig.
Angeklagte aus Bochum hat ihrer damaligen Schönheitswelt abgeschworen
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Verteidiger Oliver B. Gaertner betonte, dass die Angeklagte ihrer damaligen Schönheitswelt längst abgeschworen habe und nach ihrer U-Haft immer redlich gearbeitet habe. Zurzeit arbeitet sie als leitende Bürokraft in einem Unternehmen. Ein Teil ihres Gehalts wird gepfändet.
Ihr Problem liegt aber nicht nur in diesem Strafverfahren. Es ist eine zweite Anklage mit 13 weiteren Fällen von verunglückten Schönheits-Spritzen anhängig. Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann würde beide Anklagen gern zusammenlegen und nur eine Gesamtstrafe haben. Sie soll aber mindestens drei Jahre und drei Monate betragen. Das lehnt die Angeklagte aber ab, so dass sie nun zwei verschiedene Prozesse vor sich hat. Der Ausgang ist völlig ungewiss.
Ihr Cousine (31) ist übrigens vor zwei Jahren wegen gleichgelagerter Fälle zu vier Jahren Haft verurteilt worden, was sofort rechtskräftig wurde. Mehr als die Hälfte der Haft ist schon rum. Die jetzige Angeklagte hat ihre Strafe noch vor sich.