Bochum. Bochum betritt Neuland. Erstmals wurde eine Ratssitzung live im Internet übertragen. Der erste Eindruck: ein „starker Start“, so die Stadt.
39 Tagesordnungspunkte, viele Redebeiträge und Abstimmungen, ein langer Tag der Lokalpolitik. Es war fast so wie immer, wenn der Bochumer Rat tagt – auch der Tagungsort, der große Saal im Ruhrcongress, ist in Zeiten von Corona kein Novum mehr. Eines aber war doch gänzlich anders: Zum ersten Mal in der Bochumer Geschichte, in der 17. Wahlperiode, wurde eine Ratssitzung live im Internet übertragen.
800 Zuschauer in der Spitze gleichzeitig beim Rats-TV
Und das mit großem Erfolg. „Ich fand das richtig gut“, kommentiert eine WAZ-Leserin die Liveschalte von der zehnten Sitzung der laufenden Ratsperiode. „Jetzt kann man die Redner auch richtig gut sehen, das ist schon anders als von der Besuchertribüne aus.“ Bildaussetzer, von denen die WAZ erfahren hat, scheinen die Ausnahme gewesen zu sein. Tatsächlich ist es zu einem zehnminütigen Ausfall des Livestream gekommen, so Thorsten Lumma vom Referat für Bürgerbeteiligung. Er sei zuversichtlich, „dass dies ein Einzelfall bleibt und die künftigen Übertragungen reibungslos laufen“.
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Bei der Stadt wird die Premiere des Rats-TV positiv bewertet. „Man kann schon von einem starken Start sprechen“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk. In der Spitze hätten gleichzeitig 800 Zuschauer die Debatten verfolgt – weit mehr also als in der Regel live einer Ratssitzung beiwohnen. Damit scheint Bochum auf dem Weg zu mehr Transparenz von Lokalpolitik und womöglich sogar zu einer größeren aktiven Beteiligung ein Schritt weiter gekommen zu sein. Auch andere Städte in der Region gehen diesen Weg, so etwa Gelsenkirchen und Witten.
Gezeigt werden dürfen nur Redner – mit deren Zustimmung
Die Übertragung am Donnerstag ist der Beginn einer neuen Ära. Künftig werden die Ratssitzungen live im Netz zu verfolgen und später auch als Aufzeichnungen zu sehen sein. Ob auch Ausschüsse und Sitzungen der Bezirksvertretungen übertragen werden, bleibt offen. „Wir sammeln jetzt erst einmal Erfahrung mit dem Rats-TV“, so der Stadtsprecher. Zumal die Übertragung mit Kosten verbunden ist. Ein Dienstleister stellt die Technik zur Verfügung.
„Gerne hätte ich mal ein Totale mit einem Überblick gesehen“, so ein weiterer Beobachter. Das indes ist – zumindest derzeit – nicht möglich. „Während der Übertragungen werden ausschließlich Bilder vom Redner/ von der Rednerin am Rednerpult sowie der Sitzungsleitung aufgenommen“, heißt es in einer Verwaltungsvorlage. Andere Personen sollen bei den Aufnahmen nicht zu sehen sein. Und: Übertragen und aufgezeichnet werden nur Personen, die dem zugestimmt haben.
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FDP mahnt, die Digitalisierung fortzusetzen
Zu denen zählt auch Felix Haltt. Der FDP-Fraktionschef sieht Bochum ohnehin beim Digitalisierungsprozess der Stadtverwaltung auf einem guten Weg. „Zu den Aufsteigern beim Smart-City-Index des Branchenverbandes Bitkom geworden zu sein, ist ein Erfolg, den wir als FDP-Fraktion ausdrücklich anerkennen“, so Haltt in seiner Haushaltsrede. Trotzdem sieht er noch großen Nachholbedarf: Noch immer würden 100.000 Kilogramm Papier im Rathaus verbraucht, gingen Papierunterlagen verloren und brauche Post mitunter Wochen auf dem Weg durch das Rathaus. Er mahnt daher an, die Digitalisierung konsequent weiterzuverfolgen. Zumal: „Mit mehr Home-Office von städtischen Mitarbeitern kann sich die Verwaltung künftig Büroflächen und vor allem teure Anmietungen sparen.“
Korrektur: In der Berichterstattung über die Verabschiedung des Haushalts 2022 wurde Jens Lücking fälschlicherweise als Vertreter der Freien Wähler genannt. Tatsächlich ist er Fraktionsvorsitzender des Bündnisses aus UWG und Freie Bürger.