Bochum. Die Koalition von SPD/Grünen in Bochum hat den Haushalt 2022 verabschiedet. Er sieht ein Plus vor: trotz weiterer Millionenkosten für Personal.

Um mehr als 40 Millionen Euro auf 359 Millionen Euro sollen die Personalausgaben der Stadt Bochum im kommenden Jahr wachsen. 315 zusätzliche Stellen werden geschaffen. Das ist ein wesentlicher Eckpunkt des städtischen Haushalts für das kommende Jahr. Mit der Koalitionsmehrheit von SPD und Grünen wurde der Etatentwurf am Donnerstag (11.) in der vorletzten Ratssitzung des Jahres verabschiedet.

Haushalt sieht Überschuss von drei Millionen Euro vor

Wie schon beim Doppelhaushalt 2020/21 legt Kämmerin Eva Hubbert ein Zahlenwerk mit einem leichten Plus vor. Knapp drei Millionen Euro beträgt der kalkulierte Überschuss. Insgesamt hat der Haushalt ein Volumen von etwa 1,63 Milliarden Euro. Die größten Ausgabenposten sind dabei: Transferaufwendungen von 735,6 Millionen Euro für Soziales, Jugend und die LWL-Umlage, Personal (359,3) sowie Sach- und Dienstleistungen (296,6; Grafik). Die größten Einnahmen werden erzielt mit: Zuwendungen vor allem vom Land (546,2 Millionen Euro), Steuern und Abgaben (520,1) und Kostenerstattungen (181,5).

Alle Angaben in Millionen Euro. HH-Volumen gesamt: 1,63 Milliarden Euro Der-Haushalt-2022_2sp_155mm_ready.pdf
Alle Angaben in Millionen Euro. HH-Volumen gesamt: 1,63 Milliarden Euro Der-Haushalt-2022_2sp_155mm_ready.pdf © funkegrafik nrw | Pascal Behning

„Die Stadt Bochum bleibt weiter handlungsfähig und kann eigenständig über die Haushaltsmittel entscheiden, ohne sich die Etatplanung von der Bezirksregierung in Arnsberg genehmigen lassen zu müssen“, so die Kämmerin. Erst im November 2019 war Bochum aus der Kommunalaufsicht entlassen worden. Zwischen 2009 und 2019 stand die Stadt unter dem Diktat der Haushaltssicherung.

317 Millionen Euro für Investitionen vorgesehen

Indes: Schwarz und nicht Rot ist die Zahl unter dem Strich nur deshalb, weil die coronabedingten Kosten erneut separat gerechnet werden dürfen. Das Land hatte eigens das NKF-Covid-19-Isolierungsgesetz verabschiedet. Coronabedingte Verschlechterungen in Höhe von 42 Millionen Euro lassen sich so aus dem Haushalt 2022 herausnehmen. Erst von 2025 an rechnet Eva Hubbert wieder mit einer Erholung der Konjunktur. Die Haushalte 2023 und 2024 würden daher jeweils voraussichtlich ein leichtes Minus aufweisen.

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Nicht so der Etat für das kommende Jahr. Er wird wie sein Vorgänger als investitionsstärkster in die Stadtgeschichte eingehen. 317 Millionen Euro für Infrastrukturinvestitionen sind vorgesehen; allein 100 Millionen Euro für Schulen, 78 Millionen Euro für Straßen, Brücken und Kanalisation sowie 22 Millionen Euro für Stadt- und Baulandentwicklung.

SPD-Fraktionschef setzt weiter auf Wohnungsbau

Drastisch steigen werden die Aufwendungen im Personalbereich. Vorbei ist die Zeit von Stellenstreichung und Kostendeckel. Durch immer neue Aufgaben sieht sich die Verwaltung gezwungen, ihre Personalstärke deutlich auszuweiten. Zwar werden fast 54 Stellen gestrichen, aber 369 zusätzliche geschaffen. Das macht einen Zuwachs von 315 Stellen. Bedarf gibt es vor allem bei Kitas (+40), im Bürger- und Ausländerbüro (+25,75), bei Neubaumaßnahmen (+20), bei der Digitalisierung von Schulen (+17,5) sowie beim Ordnungsdienst und der Lebensmittelkontrolle (+12). Erst im kommenden Jahr „wird mit einer stärkeren Entlastung aufgrund von Effekten aus gesamtstädtischen Optimierungsprojekten gerechnet“, heißt es.

Werte in Mio. € Entwicklung der Jahresergebnisse 2sp_76mm.pdf
Werte in Mio. € Entwicklung der Jahresergebnisse 2sp_76mm.pdf © funkegrafik nrw | Pascal Behning

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Politische Pflöcke wurden in der einen oder anderen Haushaltsrede eingeschlagen. SPD-Fraktionschef Burkart Jentsch setzt etwa in der nicht zuletzt vom grünen Koalitionspartner initiierten Debatte über den angestrebten Bau von jährlich 800 neuen Wohnungen ein Ausrufezeichen: „Wir sorgen dafür, dass in Bochum neue Wohnungen entstehen. Die Behauptung von wenigen, der Bedarf sei gedeckt, ist schlichtweg falsch. Bochum braucht Neubau in allen Kategorien, braucht mehr Bestandssanierung, und braucht auch mehr – aber nicht nur – geförderten Wohnungsbau, den sich auch Menschen mit kleinerem Einkommen leisten können“, so Jentsch. Auch in der Diskussion um das Bäderkonzept gibt er sich entschlossen: Seine Fraktion spreche sich dafür aus, „dass die heutigen Standorte erhalten bleiben und wir sie in einen zukunftssicheren Zustand versetzen“. Mindestens 50 Millionen Euro werde der Um- und Ausbau der Bäderlandschaft kosten. Die Übernahme der Verluste solle von jährlich 7,5 Millionen auf 13 Millionen Euro erhöht werden.

CDU moniert 210.000 Überstunden und etliche Defizite

Schön und gut, sagt CDU-Fraktionschef Christian Haardt. Aber der schöne Schein des Zahlwerks dürfe nicht die aus seiner Sicht etlichen Defizite überlagern. Als Beispiele nennt er 210.000 Überstunden allein 2019, großen Nachholbedarf bei der Digitalisierung sowie eine weiterhin alles andere als strategisch zu nennende Personalentwicklungsplanung. Sein Fazit: „Dieser Haushalt geht an dem vorbei, was für diese Stadt möglich und notwendig ist.“

Ähnlich sehen es auch anderen Fraktionen: „Unsozial“ ist das Zahlenwerk aus Sicht der Linken, so deren Fraktionschef Horst Hohmeier. Er kritisiert auch den „Sanierungsstau“, der nirgendwo deutlicher zutage trete als beim Bildungs- und Verwaltungszentrum (BVZ), das auf der Abrissliste steht. Hohmeier moniert falsch gesetzte Akzente: „Für die Pilot-Phase eines 365-Tage-Tickets stünden keine 11,9 Millionen Euro zur Verfügung.“ An anderen Stellen wird dagegen das Geld rausgehauen, ich erinnere nur an die Finanzierung der Verluste des klimaschädlichen Trianel-Kohlekraftwerks Lünen, für die unsere Stadt inzwischen mehr als 87 Millionen Euro bezahlt hat.“

Kritiker sprechen von „falschen Prioritäten“

Auch die Fraktion Stadtgestalter/Die Partei lehne den Haushalt ab, so Volker Steude. Aus seiner Sicht „fehlt bei Schulen, Klimaschutz und Schulden der Mut, wichtige Weichen für diejenigen zu stellen, die zukünftig in der Stadt leben werden.“ Er wirft der Verwaltung und der Rathaus-Koalition vor, die falschen Prioritäten zu setzen. Ähnlich sieht es Jens Lücking (Freie Wähler): „Das Haus des Wissens, das in diesem Haushaltsjahr und insbesondere in den Folgejahren dreistellige Millionenbeträge verschlingen wird, wird von uns abgelehnt. Volkshochschule und Stadtbücherei können auch im fast leerstehenden Citypoint und der Drehscheibe untergebracht werden, die zu erwerben wären. Das ist allemal günstiger und auch kalkulierbarer als das noch in der Planungsphase bereits kostenmäßig aus dem Ruder laufende Haus des Wissens.“