Bochum. Weil ein Kind an Corona erkrankt ist, muss in Bochum eine ganze Kita in Quarantäne. Der Grund dafür ist plausibel, macht viele Eltern aber sauer.
Ein Kind, das an Corona erkrankt ist – und fast 100 Kinder, die in Quarantäne müssen: Die Kita St. Johannes an der Brenscheder Straße in Bochum-Wiemelhausen ist derzeit geschlossen. Komplett! Die Mädchen und Jungen, die die Kita besuchen, müssen noch bis kommenden Donnerstag, 16. September, in Isolation bleiben. Der Grund: Weil seit dem 7. Juni wieder Regelbetrieb herrscht, schreibt das Land NRW keine strikte Gruppentrennung mehr vor. Das sorgt für Unverständnis bei den Eltern.
„Ich kann das nicht nachvollziehen, das ist doch nicht durchdacht, bei einer Kita mit 96 Kindern“, sagt die Mutter eines Kindes, das die Kita St. Johannes besucht. Die Leitung habe die Eltern nicht darüber informiert, dass die Gruppen wieder vermischt werden. „Uns ist nun bewusst, dass das vollkommen legal und rechtens ist, aber trotzdem regt es einen auf“, schildert die Mutter. Sie und ihr Mann sind berufstätig – genauso wie die Eltern vieler Kinder. Eine Woche lang müssen die Kinder nun zuhause betreut werden, für viele problematisch.
Der Mutter ist klar: „Am Ende kann man niemandem die Schuld geben, Schuld ist Corona. Aber es wäre doch wohl sinnvoller gewesen, die Gruppen weiterhin strikt zu trennen.“ Auch wenn das personell herausfordernd ist.
Bochum: Zwei Zweckverband-Kitas komplett in Quarantäne
Der Kita-Zweckverband als Träger bestätigt auf Anfrage, dass sich derzeit zwei seiner Einrichtungen vollständig in Quarantäne befinden. Neben der Kita St. Johannes mit vier Gruppen ist das auch die Kita Herz Mariä an der Schmiedestraße in Wattenscheid mit drei Gruppen. „Zu Beginn dieser Woche waren noch zwei weitere Einrichtungen in Quarantäne, die aber mittlerweile wieder ihren Betrieb aufnehmen durften“, erklärt Sprecherin Wiebke Neumann.
Da das Bochumer Gesundheitsamt aktuell zahlreiche Corona-Fälle bearbeitet, würden die Informationen zum Teil zeitverzögert fließen, was die Geduld aller Beteiligten erfordere. „Aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens im Bereich Schulen und Kitas kann es aktuell leider zu einer Verzögerung der Kontaktaufnahme kommen“, bestätigt Nina Christin Menken aus der Pressestelle der Stadt.
Auch an der evangelischen Kita Unterm Apfelbaum in Laer gibt es aktuell einen Corona-Fall unter den Kindern zu beklagen. Die Folgen durch die Lockerungen sind ähnlich wie bei der Kita St. Johannes: „Weil wir inzwischen wieder offen arbeiten, sind nun von 48 Kindern 45 in häuslicher Quarantäne“, teilt Kita-Leiterin Silvia Hartenberg auf WAZ-Anfrage mit. Eben alle, die Kontakt zu dem erkrankten Kind hatten. Geöffnet ist die Kita dennoch, denn für die drei Kinder, die keinen Kontakt hatten, wird weiterhin eine Betreuung angeboten.
Bochum: 167 Kita-Kinder sind derzeit in Quarantäne
In Bochum sind derzeit 167 Kita-Kinder in Quarantäne, teilt die Stadt mit. Städtische Kitas seien durch das Gesundheitsamt nicht komplett geschlossen worden, genau wie evangelische Kitas. Hier seien drei von 140 Gruppen komplett in Isolation, teilt Sprecherin Hannah Praetorius mit.
Auf die Frage, was in den Einrichtungen getan wird, um das Quarantäne-Risiko zu minimieren, antwortet Menken für die Stadt: „Das kommt auf die Einrichtungen und die Bedingungen vor Ort an. Beispielsweise arbeiten einige Einrichtungen mit geschlossenen Gruppen.“ Das Gesundheitsamt befürworte eine strenge Gruppentrennungen, allerdings könne es das nicht beeinflussen. Die Regeln kommen vom Land NRW.
Kita in Pandemie-Zeiten: Belastete Eltern, belastete Teams
Quarantäne für die Kitas: Neue Regelungen
Seit dem 7. Juni findet an den Kitas in NRW wieder der Regelbetrieb mit vollem Betreuungsumfang und ohne verbindliche Gruppentrennung statt. Nach der Gesundheitsministerkonferenz Anfang der Woche hat das NRW-Gesundheitsministerium, wie von Bund und Ländern vereinbart, am Freitag, 10. September, die Quarantäneregeln für Schulen und Kitas gelockert. Nun ist bekannt: Nur wenn mehrere Kinder infiziert sind, sollen Gesundheitsämter künftig weitere Anordnungen zur Quarantäne erlassen. Infiziert sich innerhalb einer Klasse, einer Kita oder Kindertagespflegestelle ein einzelnes Kind, müsse nur dieses in eine 14-tägige Quarantäne.
„Die Kindergärten setzen alle Regularien der Landesregierung, die in der Coronabetreuungsverordnung formuliert wurden, um“, sagt Praetorius für die evangelischen Kitas. Die Pandemie-Situation sei eine Belastung für die Eltern. „Sie zeigen überwiegend ein großes Verständnis für angeordnete Maßnahmen. Durch die lange Durststrecke seit Beginn der Pandemie (...) reagieren sie zum Teil auf neue aktuell notwendige Einschränkungen in einigen Fällen etwas ungehalten“, beschreibt die Sprecherin. Neben Eltern seien auch die Teams sehr belastet. Das Grundproblem: der große Fachkräftemangel.
Auch beim Kita-Zweckverband sei die Stimmung angespannt. Eltern stünden vor der Herausforderung, ihren (Arbeits-)Alltag umzustrukturieren. „Die Erzieherinnen und Erzieher sind auf die Entscheidungen des Gesundheitsamtes angewiesen und müssen oftmals zwischen der Behörde und den Eltern vermitteln“, so Sprecherin Neumann.