Bochum. Kitas in Bochum bekommen Geld von der Stadt, wenn sie weniger schließen. Trotzdem wurden Öffnungszeiten gekürzt. Der Grund: Personalmangel.

Eltern der Sozialpädagogischen Einrichtung Marienplatz in Wattenscheid-Höntrop – kurz Kita Spem – sind sauer. Im April hat die Caritas als Träger einen Zukunftsvertrag mit der Stadt Bochum geschlossen, der die Schließungstage begrenzt. „Wie die Kita das umsetzt – da schaut keiner hin“, kritisieren die Eltern in einem anonymen Brief an unsere Redaktion. Sie können nicht nachvollziehen, dass die Kita auch über die Schließungstage hinaus die Betreuungszeit zwischenzeitlich reduziert hat. Doch das Vorgehen sei kein Einzelfall in Bochum, bestätigt der Stadtelternrat – und laut Stadt ist dieses grundsätzlich zulässig.

Kitaträger in Bochum erhalten mehr Geld von der Stadt, wenn sie pro Jahr höchstens 19 Tage geschlossen haben, maximal zehn davon in den Sommerferien. Die Eltern sollen profitieren, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. „So die Theorie“, schreiben die Eltern der Kita Spem.

Bochumer Kita-Eltern kritisieren reduzierte Öffnung: „Arbeitswelt dreht sich weiter“

Neben zwei Wochen Schließung in der vierten und fünften Woche der Sommerferien gab es in der Wochen davor und danach keinen Frühdienst – Eltern konnten Kinder später als üblich bringen. Zudem habe es in der letzten Ferienwoche nur eine Notbetreuung gegeben, alle Kinder wurden in einer Gruppe betreut. „Da wir mit Aufräum- und Putzarbeiten beschäftigt sind“, erklärt die Kita-Leitung in einer Mail, die unserer Redaktion vorliegt. Der Grund: Renovierungsarbeiten.

Personalmangel an den Kitas: Was tut das Land?

Kitas leiden weiterhin unter einem starken Mangel an Erzieherinnen und Erziehern. Einer Studie zufolge fehlen deutschlandweit mehr als 230.000 Erzieher und Erzieherinnen. Das geht aus Analysen der Bertelsmann-Stiftung hervor.

Laut Familienministerium wird die tatsächliche Situation dadurch jedoch nicht abgebildet: „Die Daten sind aus dem Kindergartenjahr 2019/2020 und stammen damit aus der Zeit insbesondere vor Inkrafttreten der Kibiz-Reform zum Kindergartenjahr 2020/2021“, so ein Sprecher des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration. Mit dieser habe die Landesregierung einen wichtigen Meilenstein für die frühkindliche Bildung verabschiedet.

Wesentliche Maßnahmen der Landesregierung gegen den Personalmangel in Kitas sind unter anderen das Beendet einer strukturelle Unterfinanzierung und zusätzliche Mittel für mehr Personal, die praxisintegrierte Ausbildung (piA), die Qualifizierung zusätzlicher Berufsschullehrerinnen und -lehrer sowie die Gewinnung von Quereinsteigerinnen und -einsteigern, so das Ministerium.

Die Arbeitswelt drehe sich weiter, Eltern seien auf verlässliche Betreuungszeiten angewiesen. „Wir versuchen irgendwie die Vorgaben der Kita-Leitung zu erfüllen, behalten die Kinder zuhause, nehmen Rücksicht“, heißt im Brief der Eltern.

Kürzung der Öffnungszeiten wegen Urlaub, Langzeiterkrankung und Erziehungszeit

„Die Spem hatte die Änderung der morgendlichen Betreuungszeit in der dritten und sechsten Ferienwoche vorab mit den Familien abgestimmt und darüber informiert, dass die personelle Besetzung in dieser Zeit durch Urlaub, Langzeiterkrankung und Erziehungszeit sehr reduziert sei“, erklärt Annette Borgstedt, Sprecherin des Caritasverbands für Bochum und Wattenscheid.

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Vorab habe es eine Abfrage gegeben, in der Familien ihre Bedarfe anmelden konnten. „Hätte es von den Eltern eine Rückmeldung gegeben, dass sie den Frühdienst um 7 Uhr benötigen, hätte die Spem diesen wie gewohnt angeboten“, so Borgstedt weiter.

Die Eltern schreiben dazu: „Wir üben ja nie Kritik. Denn die Gefahr, dass das eigene Kind nicht mehr gefördert wird, besteht immer. Nur wer freundlich ist, erhält eine Zukunft in dieser Einrichtungen.“ Das findet die Caritas schade – sie hätte sich den direkten Kontakt gewünscht.

Notbetreuung wegen verzögerter Bauarbeiten

Maike Kessel ist Vorsitzende des Stadtelternrats.
Maike Kessel ist Vorsitzende des Stadtelternrats. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Die Notbetreuung in der sechsten Ferienwoche begründet die Caritas mit Verzögerungen bei den Bauarbeiten. Deshalb habe nur ein kleiner Teil der Einrichtung zur Verfügung gestanden. „Die Betreuung der Kinder in einer (Not-)Gruppe ist inzwischen durch das Ministerium wieder freigegeben, das feste Gruppensetting nicht mehr erforderlich. Stattdessen gilt auch hier die aktuelle 3G-Regel“, so Borgstedt weiter.

Generell würden alle Träger von Kindertageseinrichtungen auch in den Ferienzeiten – natürlich nicht während der Schließungszeit der Kita – die regulären Betreuungszeiten anbieten, erklärt die Stadt Bochum auf Anfrage. Das Handeln der Kita Spem, die Betreuungszeiten aufgrund der Bauarbeiten und von Personalmangel zu verkürzen, sei aber grundsätzlich zulässig.

Stadtelternrat: Problematik ist kein Einzelfall

Das Problem an der Kita Spem ist kein Einzelfall. „Uns sind zwei weitere Kitas bekannt“, erklärt Meike Kessel, Vorsitzende des Stadtelternrats. Dauerhaft sei das kein Zustand. „Die Eltern haben in letzter Zeit so viel geleistet, wenn das jetzt auch noch kommt, dann ist das für viele dramatisch“, so Kessel. Sie kennt einige Eltern, die mittlerweile ihren Job kündigen mussten. „Man schließt einen Vertrag ab, die Betreuungszeit beginnt ab 7 Uhr. Nicht jeder hat Homeoffice, die Eltern sind darauf angewiesen.“

Den Grund sieht Kessel ganz klar im Personalmangel: „Das ist ein großes Problem. Auch den Trägern sind die Hände gebunden, sie sind sehr bemüht.“