Bochum. Das Prinz-Regent-Theater trifft im Musical „Lola Blau“ den richtigen Ton. Erzählt wird das Leben einer jüdischen Schauspielerin in der NS-Zeit.

Am Prinz-Regent-Theater wird der Wiener Musiker und Kabarettist Georg Kreisler (1922-2011) neu entdeckt. Allerdings nicht mit bitterbösen Chansons à la „Tauben vergiften im Park“, sondern mit „Heute Abend: Lola Blau“. Das Musical für eine Schauspielerin, das am Wochenende in Bochum Premiere hatte, ist seit der Uraufführung 1971 ein Bühnen-Klassiker.

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Im PRT schlüpft Stefanie Linnenberg, die schon in Hans Drehers Inszenierung „Meisterklasse“ gesangliches Talent bewies, in die Rolle der Lola und nimmt das Publikum mit auf eine Zeitreise. Denn Kreislers Stück erzählt die Odyssee seiner Titelfigur vor dem Hintergrund der Ereignisse der 1930er bis 1950er Jahre.

Musical „Lola Blau“ kommt in Bochum als Neuinszenierung auf die Bühne

In Wien freut sich die junge Schauspielerin Lola Blau auf ihr erstes Engagement. Aber wir schreiben März 1938, die Nazis haben soeben Österreich besetzt. Fatal für die Jüdin Lola, die so gern unpolitisch bleiben würde und nun feststellen muss, dass es in ihrer Heimat keinen Platz mehr für sie gibt. Sie flieht über die Schweiz in den USA, wo sie sich als Tingeltangel-Sängerin verdingen muss. Nach Kriegsende kehrt sie heim nach Wien, desillusioniert, enttäuscht, verlassen. Das Stück endet wenig hoffnungsfroh.

Das Musical „Heute Abend: Lola Blau“ spielt in den 1930er Jahren. Stefanie Linnenberg verkörpert in Kerstin Sommers Inszenierung am Prinz-Regent-Theater Bochum die von den Nazis verfolgte Schauspielerin Lola Blau.
Das Musical „Heute Abend: Lola Blau“ spielt in den 1930er Jahren. Stefanie Linnenberg verkörpert in Kerstin Sommers Inszenierung am Prinz-Regent-Theater Bochum die von den Nazis verfolgte Schauspielerin Lola Blau. © PRT | Thorsten Schnorrbusch

Lebensgeschichte einer jüdischen Schauspielerin in der Nazi-Zeit

Wer unter „Musical“ launigen Budenzauber erwartet, wird also nicht bedient. Georg Kreislers Libretto ist kabarettistisch zugespitzt, bietet musikalisch aber keine mitsingtauglichen Refrains. Auch wird das überkommene Bild der jüdischen Emigration nicht bedient. Die unpolitische Lola räsoniert nicht über KZ und Reichspogromnacht, sondern über ihre verflossene Liebe, die Magie des Theaters, und über die Männerwelt im Allgemeinen („Die Wahrheit vertragen sie nicht!“).

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Regisseurin Kerstin Sommer fasst die bewegende Geschichte der Lola Blau dabei nicht nur als Lückenfüller zwischen den Liedern auf. Sie arbeitet geschickt mit Toneinspielungen, die ein stimmiges Klang-Ambiente schaffen – mal plärrt es aus dem Volksempfänger, mal schreien Möwen während der Atlantikfahrt nach Amerika – das Setting der Story entsteht im Kopf der Zuschauer. Die Bühne (Mara Zechendorff) ist bis auf wenige zeittypische Requisiten leer.

Info & Termine

Die nächsten Vorstellungen von „Heute Abend: Lola Blau“ finden am Sonntag, 22. August, um 18 Uhr, und Dienstag, 31. August, um 19.30 Uhr im Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Straße 50-60, statt.

Wenn die Witterung es zulässt, finden die Aufführungen – wie alle anderen im Rahmen des „Bochumer Kultursommers“ im PRT – auf der Freiluftbühne auf dem Theatervorplatz statt.

Informationen zu den Stücken und Kartenreservierung unter www.prinzregenttheater.de

Entsprechend gefordert ist Stefanie Linnenberg. Sie muss quasi im Alleingang die zweistündige Aufführung stemmen, was an sich schon eine Leistung ist. Aber die Aktrice singt kraftvoll und immer gut verständlich die spröden Chansons und frivolen Couplets nicht nur „herunter“, sondern unterfüttert sie mit Ausdruck und Emotion. Im ersten Teil des Abends kommt das allerdings kaum zur Geltung, da wirkt alles noch etwas eckig und unelegant. Doch das sollte nicht verwundern; nicht nur das Publikum muss sich nach dem Lockdown wieder warmlaufen, sondern auch die Künstlerinnen und Künstler.

Pianistin Mirela Zhulali stellt sich ohne Kapriolen in den Dienst der Sache

Nach der Pause ist die Steifheit jedenfalls wie weggeblasen, und Stefanie Linnenberg gelingt es, zumal in der traurigen Schlussszene, ihrer Lola jene Tiefe zu geben, die das Herz berührt.

Unverzichtbar für das Gelingen dieses kompakten, wenn auch etwas zu lang geratenen Bühnenabends, ist die Pianistin Mirela Zhulali, die den Gesang der Solistin punktgenau akzentuiert und sich ohne alle Tasten-Kapriolen in den Dienst des Ganzen stellt.